Aus der Mitte leben 1. Lesung: Gen 9,8-15|2. Lesung: 1Petr 3,18-22|Evangelium: Mk 1,12-15
Der Regenbogen dekoriert unsere Kirche in Hard. Er wird uns durch die Fastenzeit begleiten. Wir kennen dieses Symbol des Bogens aus der Sintflut Erzählung, eine Geschichte, die uns in dieser besonderen Zeit neu nahe kommen kann, bzw. kommt. Einige hinführende und erläuternde Gedanken:
Die Erzählung ist zunächst nicht im Volk Israel entstanden, sondern sie dürfte aus dem Gilgamesch Epos – desZweistromlandes – übernommen worden sein. Im Gilgamesch Epos sind es verschiedene Gottheiten, die um das Schicksal des Menschen streiten. Israel erzählt das Geschehen vor dem Hintergrund des Glaubens an den einen Gott. In der Sintflut Erzählung ringt Gott mit sich selbst. Die Bibel beschreibt es so: „Der Herr sah, dass auf der Erde die Bosheit zunahm und das alles Sinnen und Trachten des Herzens nur böse war. Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh“ (Gen 6,5-6). Und dann etwas weiter: „Nur Noach fand Gnade in den Augen des Herrn“ (Gen 6,8).
Er verwirft den ursprünglichen Plan der Zerstörung, weil es ihn im Herzen reut. Er beruft Noach zur Rettung. Und schließlich endet es in einem Bund, indem sich Gott selbst verpflichtet. Davon haben wir in der Lesung gehört. Später noch mehr zum Gedanken des Bundes.
Der Ein-Gott-Glaube hat eine große Herausforderung, nämlich das Böse zu erklären. Wir wären in der Vorstellung eines Zwei-Gott-Glaubens, würden wir das Böse mit einem Gegenspieler Gottes begründen, etwa mit einem Teufel als Person. Es gibt Böses, Teuflisches, aber nicht einen Teufel, der mit Gott in Konkurrenz treten könnte.
Wir dürfen hier festhalten, dass Gott Herr der Geschichte bleibt. Er bleibt die letzte Autorität des Geschehens. Er hat es in der Hand.
Wenn wir etwas unbedarft an den Text heran gehen, dann entsteht der Eindruck, dass Gott mit der Sintflut die Menschen „straft“ und auf der anderen Seite mit Noach die Rettung organisiert. Weiß Gott nicht, was er will?, könnte gefragt werden. Es besteht tatsächlich eine Spannung, die nicht ganz leicht zu verstehen ist und die uns öfters in der Bibel begegnet.
Was uns die Bibel einerseits vermittelt ist dies, dass Gott das Böse nicht kalt lässt, vor allem Böses, das sich gegen Mitmenschen oder gegen seine Schöpfung richtet. Böses hat eine offensichtlich zerstörerische Kraft. Sie ruft ihn – Gott – auf den Plan. Ebenso gilt: Der Schrei der Notleidenden geht an ihm nicht vorbei. Es berührt ihn bis ins Innerste. Es ist eine zentrale Botschaft der Bibel.
Andererseits meidet die Bibel bei den Menschen Sündenböcke zu schaffen, auf die dann alle einschlagen könnten. Es ist für die Menschen eine große Versuchung: Schuldige oder Sündenböcke zu suchen. Wenn Gott praktisch der „Auslöser“ der Sintflut ist, dann können wir nicht einfach Menschen – seien es einzelne oder eine Gruppe – für die Katastrophe „verantwortlich“ machen. Vielmehr erhebt sich die Frage: Was will uns Gott durch diese Erfahrung zeigen? Oder: Was können oder müssen wir lernen? Eine weitere Erkenntnis wird uns mitgegeben: Böses – Gewalt, Unrecht, Ungerechtigkeit u.ä. – hat keine Zukunft. Ein System oder eine Einrichtung, die mit Gewalt arbeitet, wird über kurz oder lang vergehen, bzw. in den „Fluten“ untergehen.
Die Sintflut Erzählung ist als Rettungsgeschichte zu verstehen. Noach baut eine Arche. Der Name Noach meint zu deutsch: „Ruhe“, „Ruhestifter“, ein Mensch, der aus der Mitte lebt. Menschen, die aus der Mitte leben, vermögen (rettende) Archen zu bauen.
Am Ende schließt Gott einen Bund. Daraus haben wir einen Teil als Lesung gehört. Gott schließt einen Bund. Er verbündet sich mit den Menschen. Er bindet sich. Man könnte sagen: Es ist eine Selbstverpflichtung mit Blick auf die Zukunft.
Es gilt die Worte nochmals zu verinnerlichen. Er sagt: „Ich bin es, siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen … und mit allen Lebewesen bei euch“ (Gen 9,9). Und es folgt ein zweites Mal: „Ich richte meinen Bund mit euch auf. Nie wieder sollen alles Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden“ (Gen 9,11).
Es ist der erste Bund in der Bibel. Es ist ein Bund mit allen Menschen, ja mit der gesamten Schöpfung. Die Gefahr der Sintflut ist latent. Die Covid-Pandemie ist eine Gefahr für Menschen über alle kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg. Die Erderwärmung oder auch das atomare Waffenarsenal haben das Potential einer sintflutartigen Katastrophe. Es ist Werk des Bösen.
Die Sintflut Erzählung lehrt uns, dass Gott Herr der Geschichte ist. Seine tiefste Absicht ist die Rettung des Lebens, die Rettung der Schöpfung. Die Rettung beginnt mit Menschen, die wie Noach zu seiner Zeit, jetzt das „Richtige“ tun. Vielleicht bedeutet es vielen in der Pandemie, sich an die Regeln zu halten. Jede und jeder kann das Seine/Ihre beitragen, um der Erderwärmung entgegen zu wirken. Das, was wir tun, ist nicht umsonst. Auch wenn wir als einzelne die Welt nicht retten müssen oder können, so ist doch das „Arche bauen“ angesagt.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Genesis anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Petrus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten: