Mitten in einer großen Adventszeit 1. Lesung: Jes 11,1-10 | 2. Lesung: Rom 15,4-9 | Evangelium: Mt 3,1-12
„Kehrt um! Denn nahe gekommen ist das Reich der Himmel.“ Mit diesem Satz beginnt Johannes seinen Auftritt in der Wüste. Mit demselben Satz beginnt Jesus nach dem Evangelisten Matthäus seinen Auftritt im fruchtbaren Galiläa. Verbindend ist der Ruf nach Umkehr, nach Umdenken, unterschiedlich der Ort und die Umstände. Einige Impulse zum Weiterdenken:
Im Griechischen steht für: Kehrt um!, „metanoiete“. In meinen Augen wäre die bessere und treffendere Übersetzung: Denkt um! Johannes und Jesus treten mit der Erwartung oder mit dem Ruf an die Menschen auf, sie mögen doch umdenken, weil das Reich der Himmel nahe ist. Die Menschen, die mit viel Not, Armut, Unterdrückung u.a. konfrontiert sind, sollen neu zu denken beginnen, dürfen und sollen die Perspektive haben, dass das Reich der Himmel – zeitlich wie örtlich – nahe sei. Sie dürfen und können jetzt mit der Zuwendung Gottes rechnen.
Der Advent ist jene Zeit, die uns am Anfang des (Kirchen-)Jahres daran erinnert, dass Gott ankommt und ankommen will. Es ist jene Zeit, in der wir mit- und voneinander lernen, dieses Ankommen zu erwarten und zuzulassen, für sein Ankommen bereit zu werden. „Denkt um! Denn nahe gekommen ist das Reich der Himmel.“
Wenn wir heute unsere Welt vor Augen haben, dann können wir vermutlich mit Recht sagen, wir stehen inmitten einer großen Adventszeit. Allein das Thema Klimaveränderung erfordert ein großes Umdenken. Die Stimmen, die uns heute dazu aufrufen, sind eine Greta Thunberg, KlimaforscherInnen und andere WissenschaftlerInnen. Es ist ein eindringlicher Ruf, der ähnlich wie bei Johannes lautet: bringt Früchte hervor. Es braucht Konsequenzen des Handelns. Wenn wir weiter machen wie bisher, führt es in die Katastrophe. Johannes richtet diese Aufforderung des Früchtebringens an die Pharisäer und Sadduzäer, es war damals die religiöse und politische Führungsschicht. Sie tragen in einem Umdenkprozess eine besondere Verantwortung.
Dieses angemahnte Umdenken sieht in der Krise auch eine Chance. Das Reich der Himmel ist nahe. Diese Chance ist heute ebenso gegeben in Form einer neuen Lebensqualität, eines neuen, respektvolleren Miteinanders, eines achtsamen Umgangs mit der Mit- und Tierwelt, eines schonenderen Umgangs mit den Ressourcen dieser Welt. Johannes und Jesus sprechen vom nahe gekommenen Reich der Himmel. Es wird noch nicht der Himmel selbst sein, dies wäre eine Übererwartung, aber es wird dem Himmel näher sein als jener Zustand, der uns jetzt umgibt.
Wir befinden uns inmitten einer großen Adventszeit, denn es wird noch viel Umdenken notwendig sein. In vielen Bereichen wachsen die Herausforderungen, etwa durch die neuen Möglichkeiten der Kommunikation und Digitalisierung, die noch große Auswirkungen auf die Berufs- und Arbeitswelt haben werden.
In unseren Breiten werden die Menschen älter und der Bedarf an Pflege wird wachsen. Es wird die Zuwanderung brauchen, damit diese notwendigen Leistungen erbracht werden können. Es wird neue Formen des Wohnens geben müssen, damit der Vereinsamung vorgebaut werden kann.
Die Automatisierung und der Einsatz intelligenter Technologie werden die Arbeit, Arbeitsverhältnisse und -zeiten verändern. Es werden manche Berufe verschwinden. Von diesen Themen wird vor allem die Mittelschicht betroffen sein, so sagen Experten. Vermutlich hat es ebenso Auswirkungen auf das ganze Steuerwesen und Steuersystem.
Wir stehen im Advent, d.h. in allem dürfen wir erwarten, dass das Reich der Himmel nahe ist. Als Glaubende haben wir keinen Grund in Angst und Resignation zu verfallen, weil wir um diese Botschaft wissen, in diesen Veränderungen will er uns nahe sein und kommen.
Auch als Kirche befinden wir uns inmitten einer großen Adventszeit. Es wird in den nächsten Jahren viel Umdenken erfordern. Ich darf den Aspekt des priesterlichen Personals in unserer Diözese heranziehen (vielleicht bestehen leichte Abweichungen). Wir haben derzeit knapp 30 Priester aus anderen Diözesen, zur Diözese Feldkirch zählen 97, davon sind 43 über 75 Jahre. Von den 44 verbleibenden sind nur 27 unter 60 Jahre. Es werden kaum junge Priester nachkommen. Es gibt auch wenige, die Theologie studieren, um Religionslehrerin oder-lehrer oder PastoralassistentIn zu werden.
Auch in diese Situation ist das Wort gesprochen: Denkt um! Denn nahe gekommen ist das Reich der Himmel. Die Gestalt der Kirche wird sich verändern, dennoch gehen wir nicht einer gottlosen Zeit entgegen. Es gilt diese Herausforderung anzugehen im Vertrauen, ER will ankommen, um vielleicht den Klerikalismus zu überwinden. Ich möchte einen Blick in die Bibel werfen, in eine Situation, in der Israel mit einer weit herausfordernden Situation umzugehen hatte, nämlich dem babylonischen Exil. Es wurde ihnen der Tempel als religiöses Zentrum genommen, ebenso die Priesterschaft und sie waren nun Verbannte in einem fremden Land, viele davon rechtlose Mägde und Sklaven. Israel musste sich religiös völlig neu organisieren.
Als das Verbindende kam anstelle des Tempels der Sabbat. Die Menschen trafen sich in den Synagogen. Anstelle der Priester wurde der Ältestenrat eingeführt. Es war ein großes Umdenken, ein Neudenken im Volk.
Wir befinden uns inmitten des Advents des Umdenkens im Wissen, dass Er uns dabei nahe kommen will. Vielleicht erleben es manche auch im persönlichen Bereich: beim Einstieg in die Pension, als junge Familie, wenn ein Kind die Neugestaltung der Beziehung fordert, der Umgang mit einer Krankheit.
Es gilt das Wort von Johannes und Jesus: „Denkt um! Denn nahe gekommen ist das Reich der Himmel.“ In der Veränderung kommt ER uns nahe.
2 Kommentare zu “Mitten in einer großen Adventszeit 1. Lesung: Jes 11,1-10 | 2. Lesung: Rom 15,4-9 | Evangelium: Mt 3,1-12”
Müssen wir Menschen auf diesem Erdenrund erst durch Naturkatastrophen gezwungen werden umzudenken? Aus meiner pers. Sichtweise wird der Mensch in den Wohlstandsländern erst umdenken, wenn er dazu gezwungen wird. Wenn ihm das Wasser, im wahrsten Sinne des Wortes, bis zum Hals steht, – wenn Autofahrverbote im Tausch zu den Öffis als Alternative durchgeführt werden (müssen) ? – wenn dieser gesellschaftliche Zustand als “uncool” gilt und wir uns für diese Lebensweise jetzt schon inklusive unserer PolitikerInnen die wir gewählt haben, schämen (müssen)? Mir wird jetzt schon bang, wenn ich im Jenseits ggf auf die Frage antworten soll, – was hast du ganz persönlich getan im Wissen dieses Umdenkens? -warum bist du (ich) nicht auf Öffis umgestiegen? – warum hast du jene Politiker gewählt, denen Straßenerweiterungen wichtiger waren, als Umweltschutzmaßnahmen? Warum hast du dein Auto nicht in der Garage gelassen oder gar verkauft und bist zu Fuß gegangen od. auf CO2- arme-freie Bewegungsmittel umgestiegen? Vielleicht weil ich mich heute noch nicht genug schämen muss, mit 80 kg Körpergewicht ein Auto mit 1,7 t zu bewegen? – oder um zu zeigen wie mein z.Z. gelebtes Image aussieht?
Vielleicht klappt es erst, wenn es uns gelingt unser Schamgefühl in den Vordergrund zu stellen und zwar so sehr, dass es peinlich wird und wirkt? Wenn wir dazu heute den Umwelt-Spiegel unserer Nachkommen vor das Gesicht gehalten bekommen, so wie es Greta versucht zu praktizieren, müsste das zumindest ein Umdenken bewirken.
Hoffentlich ist es nicht schon zu spät.
Hallo Erich
Ich bedanke mich bei Dir für die Gestaltung des Bibellabors. Ich freue mich jeden Sonntag auf Deine sehr interessanten Auslegungen.
Ebenfalls kann ich die Tagesliturgien sehr gut für die Gestaltung des Morgenlobes und Abendlobes hier in Nenzing verwenden.
Danke und noch eine schöne Adventszeit.