Steh auf und lebe! 1. Lesung: Ex 14,15-15,1 | 2. Lesung: Rom 6,3-11| Evangelium: Lk 24,1-12
Manchmal reden wir davon, dass Jesus auferweckt wurde und dann wieder, dass er auferstanden sei. Was hat es mit diesen unterschiedlichen Begriffen auferweckt („egeiro“) oder auferstanden („aniste-mi“) auf sich? Was heißt es für das Osterverständnis?
Die ersten Zeugnisse gehen auf Paulus zurück und lauten: Jesus ist auferweckt worden (1 Kor 15,4b-5), so schreibt er als erstes seiner Gemeinde in Korinth. Im Brief an die Thessalonicher verwendet er dann bereits beide Begriffe, dass Jesus von Gott auferweckt wurde (1 Thess 1,10) bzw. dass Jesus auferstanden sei (1 Thess 4,14).
Im „Auferweckt Werden“ ist der Aspekt betont, dass es ein passives Geschehen ist. Das neue Leben ist nicht selbst gemacht, es ist das Werk eines ANDEREN. Es ist das Werk Gottes.
In den Osterberichten um das leere Grab sprechen die Evangelisten davon, dass Engel oder Männer in weißen Gewändern zu den Frauen oder Männern sprechen: Er ist nicht hier. Er geht euch voraus nach Galiläa u.a. Mit diesen Gestalten deuten die Evangelien an, dass die Osterbotschaft aus einer anderen Welt kommt. Es ist nicht einfach von diesen Menschen erdacht und formuliert worden.
Es darf uns bewusst bleiben: Maria Magdalena und die anderen Frauen, Petrus und die anderen Jünger haben damals den Auferstandenen nicht anders erfahren als wir heute. Im miteinander Beten, die Schrift lesen, im Erzählen des Gehörten und Gesagten haben sie sein Dasein, seine weiterwirkende Liebe und seinen Frieden erfahren.
Wir können niemandem die Auferstehung beweisen. Wir können sie höchstens bezeugen. Vielleicht hören manche durch einen solchen Gottesdienst, wie wir ihn jetzt oder dann und wann feiern, die österlichen Engelsstimmen: Er ist nicht hier. Er ist auferweckt. Er geht euch voraus. Sucht den Lebendigen nicht bei den Toten, sucht ihn bei den Lebenden.
Wir haben auch das andere Zeugnis: Er – Jesus – ist auferstanden. Es ist eine zweite Formulierung des Osterglaubens. Jesu Leben ist ein Aufstand gegen jede Form der Unmenschlichkeit.
Er ist aufgestanden gegen das Elend und die Armut, die durch die Besatzungsmacht politisch motiviert war.
Er ist aufgestanden gegen Feindschaft, Hass, Rache oder Vergeltung, mit der die verschiedenen Gruppen – auch religiöse – gegeneinander ausgespielt wurden.
Er ist aufgestanden gegen Ausgrenzung und Abschottung von Menschen.
Er ist aufgestanden gegen die Vereinnahmung Gottes von Gruppen für ihre Interessen und gegen die Verwendung Gottes zur Knechtung der Menschen.
Seine Gegner wollten mit ihm auch dieses Programm und seinen Weg zerstören. Mit diesen Formulierungen: Er ist auferstanden. Er lebt!, erhält seine Botschaft ihre letzte Bestätigung. Nicht seine Gegner haben am Karfreitag die Oberhand behalten, sondern seine Botschaft erhält seine Bestätigung von Gott, von dieser ANDEREN WELT. Ostern ist das JA zu seiner Botschaft und zu seinem Tun, weil Gott selbst dafür Anwalt ist.
Ostern kündet uns, die Schergen und Helfershelfer konnten sein Werk nicht zerstören, weil Gott Herr über den Tod ist und der Tod und alles Todbringende an seiner Liebe zerbricht.
Er ist auferweckt worden. Er ist auferstanden. Die Bibel schildert nirgends genau das Wie des Vorgangs. Es ähnelt dem Sprachgebrauch, wenn wir sagen: Ich bin dann und dann geboren. Genau genommen wurden wir/wurde ich geboren. Wir haben uns nicht selbst geboren. Auferstehung. Aufstand. Österlicher Aufstand.
Es ist österlicher Aufstand, den wir in der Person der Greta Thunberg erleben. Dieses 16-jährige Mädchen – mit einer Form von Autismus ausgestattet – wird zu einer wichtigen Anwältin der Schöpfungsverantwortung. Es ist eine österliche Kraft, die sie umgibt. Es ist österliche Sprache – direkt, verständlich, klar und prophetisch –, die sie spricht. Ein 16-jähriges Mädchen schafft es von der Politik und Wirtschaft gehört zu werden. Sie bewegt. Sie steht auf. Sie ist aufgestanden.
Ostern hat diesen Aspekt, dass es immer auch ums Aufstehen und um den Aufstand gegen alles Unmenschliche geht. Es ist der Ruf aus der ANDEREN Welt: Steh auf!
Steh auf gegen herrschende Unmenschlichkeit. Ich darf die Frage stellen: Wer kennt eine in finanzielle Not geratene Person persönlich? Es gibt sie. Ca. 15% der Bevölkerung in Vorarlberg sind armutsgefährdet, d.h. jede achte Person, aber der Großteil bleibt verborgen. Es beschämt bei uns arm zu sein. Leider trägt die politische Meinungsbildung dazu bei. Die Abschaffung der Mindestsicherung und andere Kürzungen von Sozialleitungen treiben Menschen in die Armut. Folge davon sind Stress, vermehrte Erkrankungen, auch wachsende Kriminalität. Einen Franz v. Assisi hat es beschämt, einem ärmeren Menschen zu begegnen als er selbst war. Es muss uns beschämen, wenn Menschen in Not es uns Christen nicht mehr getrauen zu sagen, dass sie in Not sind. Da haben die Besitzenden, die etwas Habenden einen Fehler gemacht, nicht die anderen. Erst wenn wir echte Scham empfinden, werden wir in ein neues Denken und Handeln finden, wird österliche Freude wachsen.
Steh auf! Steh auf gegen jede Form der Unmenschlichkeit. Es geht nicht um Erfolg, sondern um das Reich Gottes.