Junge Gemeinde 1. Lesung: Apg 4,32-35 | 2. Lesung: 1 Joh 5,1-6 | Evangelium: Joh 20,19-31
Lukas schildert uns in der Apostelgeschichte rund 60 Jahre nach dem Ostergeschehen das Werden der Kirche. Dabei geht es ihm nicht so sehr um den Rückblick, sondern mehr um die Zukunft der Kirche, um eine zukünftige Orientierung und Weisung, wie sich die Kirche in ihrem Wachstum im Sinne des Anfangs immer wieder neu ausrichten und erneuern kann und soll.
Es sind kleine, kurze Zusammenfassungen, von der Fachwelt „Summarien“ genannt, die Lukas gezielt in seine Erzählung einbaut, die die Entwicklungen aufzeigen. Lukas entwirft ein Zielbild, woraufhin sich die Kirche entwickeln möge. Es gleicht einem Spiegel, den Lukas einer Gemeinde von heute vorhält. Diesen Spiegel versuche ich ein wenig zu beschreiben:
Lukas sieht rückblickend die Urkirche in Jerusalem in erstaunlicher Harmonie und Einmütigkeit, eine Kirche sozusagen im Frieden, im „Schalom“ Gottes. Er sagt wörtlich: “Die Menge der Glaubenden war ein Herz und eine Seele.“ Er sagt es, obwohl er auch von Konflikten und Auseinandersetzungen berichtet. Z.B. leidet die Armenfürsorge. Es werden dann Diakone für diese Aufgabe gewählt und eingesetzt. Heftig ist die Auseinandersetzung des Paulus mit Petrus in der Frage der Beschneidung für die Heidenchristen. Paulus widerstand dem Petrus ins Angesicht, so heißt es. Trotz allem sieht Lukas hier am Anfang eine Kirche in Einmütigkeit und demonstrativer Einheit. Die Einheit und Einmütigkeit gründet vor allem im Glauben an den auferweckten Herrn, im Versammelt Sein in Namen des Auferweckten. Er ist die Mitte. Die anderen Unterschiede verblassen daneben. Heute hat man manchmal den Eindruck, es sei umgekehrt. Der Glaube an den Auferweckten und das Versammelt Sein um den Auferweckten ist kaum Thema oder Grund der Einheit. Man hält die Unterschiede zwischen den Konfessionen hoch, die ja meist in Nebenthemen bestehen, bzw. wird vertreten, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe innerhalb der Katholiken sei Garant der Rechtgläubigkeit. Die Einmütigkeit bei Lukas bezieht sich auf den Glauben an den Auferweckten – Jesus Christus. Da kann und darf sie nichts entzweien. Das klärt die Beziehung untereinander. In dieser Frage sind sie ein Herz und eine Seele und an ihr entscheiden sich die anderen Debatten.
Das nächste Thema, das dieser kurze Text in der „Summaria“ enthält, beschreibt ihre Sendung und Aufgabe: Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn. Zeugnis von der Auferstehung des Herrn ablegen, ist mehr als nur der Glaube, dass Jesus auferstanden ist und irgendwie und irgendwo weiterlebt. Der Auferstehungsglaube schließt ein, dass auch das Lebensprogramm Jesu für sie – für uns – Gültigkeit hat. Sie führen weiter, was Jesus in seiner Zuwendung zu den Menschen begonnen hat: Die Sorge um Gerechtigkeit, das Erbarmen mit jenen, die unter die Räuber gefallen sind. Manchmal treten die Räuber im Nadelstreif auf. Sie richten es sich (gegenseitig) ein, dass ihr Besitz geschützt bzw. wuchern kann. Damals wie heute.
Lukas schreibt es in eine Zeit hinein, in der die junge Gemeinde bereits stark bedrängt und angefeindet ist. Sie lassen sich von der Verfolgung nicht irritieren und einschüchtern. Sie leben weiter, was Jesus begonnen hat. Sie sind Zeugen der Auferstehung. Sie helfen den Armen und Ausgegrenzten. Sie teilen das Brot, obwohl sie selbst oft zu wenig haben. Sie begegnen Menschen mit Achtung und Respekt, auch wenn sie selbst verachtet bleiben. Sie halten die Gastfreundschaft hoch. Es wird nicht über Glaubensschwund oder mangelnden Glauben von anderen gejammert, sie selbst sind Zeugen der Auferstehung. Sie haben Vertrauen, dass sie Zukunft haben. Sie leben aus dem Vertrauen: Wir schaffen das.
In einem dritten Themenfeld geht es um die Caritas, um die Diakonie. Wir hören im Originalton: „Und auch nicht einer sagte, dass etwas von dem Besitz ihm eigen sei, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“ Sie sozialgeschichtliche Auslegung spricht hier von einem regelrechten „Kommunismus der Urgemeinde“. Es geht auch hier um mehr. Es geht nicht nur um Kleinspenden und Not-Euros, sondern die Menschen stellten das Ihre für die Sozialarbeit der Kirche zur Verfügung.
Lukas lässt mit dieser Schilderung keinen Zweifel daran, dass zwischen Glauben und Geld, Frömmigkeit und Reichtum, Kirche und Sozialfürsorge ein direkter, untrennbarer Zusammenhang besteht. Man kann nicht richtig fromm sein, ohne mit den Armen solidarisch zu teilen und das eigene Vermögen für den Kampf gegen Hunger, Elend und Not der anderen einzusetzen. Das gilt für den einzelnen Gläubigen wie auch für die christliche Gesellschaft, für den Staat. Und Christen ziehen und bauen in Notfällen keine Grenze, auch keine Obergrenze. Es zählt der Mensch, der Not erfährt gleich welcher Nation, Volk oder Religion.
Es gab keinen unter ihnen, der Not litt. Sie teilten den Besitz und die Erlöse und stellten sie den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.
Lukas schildert in der Apostelgeschichte, wie die Kirche gewachsen ist, aus welchen Haltungen. Er hält uns einen Spiegel auch für das Jetzt vor.
Ein Kommentar zu “Junge Gemeinde 1. Lesung: Apg 4,32-35 | 2. Lesung: 1 Joh 5,1-6 | Evangelium: Joh 20,19-31”
Papst Franziskus hat diesen zweiten Sonntag der Osterzeit – also gleich den 1. Sonntag nach der frohen Osterbotschaft zum Sonntag der Barmherzigkeit ernannt. Im Evangelium empfangen die Jünger den Heiligen Geist mit den Worten „denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen“ (Joh 20, 23). Was für eine Ermächtigung! Das Evangelium schließt damit, dass diese Zeichen aufgeschrieben wurden, damit „ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen“. Wir ChristInnen dürfen Barmherzigkeit leben, anderen Sünden erlassen und dadurch Menschen zu einem Glauben einladen, der ein neues Leben schenkt. Dazu denke ich, möchte uns Papst Franziskus auffordern.