Gottes Sorge um alle Geschöpfe 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7| 2. Lesung: Apg 10,34-38| Evangelium: Mt 3,13-17
Es ist uns sehr vertraut dieses Bild: Johannes und Jesus am Jordan. Johannes tauft. Der Himmel öffnet sich. In der Gestalt einer Taube kommt der Geist auf Jesus herab und dann das Wort: „Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“.
Zwei, drei Hinweise, die scheinbar das Geschehen der Taufe am Rande berühren:
Es wird erwähnt, dass Jesus aus Galiläa herab an den Jordan kommt. Johannes wirkt in der Wüste Judäa, im Süden. Galiläa liegt da weit im Norden. Das Wirken des Johannes zieht immer weitere Kreise. Seine Botschaft zieht auch Menschen aus anderen Gebieten und Regionen an. Seine Botschaft hat Kraft. Sie weist auf einen verheißungsvollen Neubeginn hin.
Jesus lässt sich taufen. Als er aus dem Jordan steigt, öffnet sich der Himmel. Es zeigt sich hier ein wichtiger Aspekt des Taufverständnisses. Über Getauften öffnet sich der Himmel, über Getauften hält Gott den Himmel offen. Und aus diesem geöffneten Himmel kommt ein neuer, heilsamer, Heiliger Geist.
Matthäus verkündet, dass der Geist in Gestalt einer Taube auf ihn – Jesus – herabkommt. Die Evangelisten Markus und Lukas teilen dieses Bild: Der Heilige Geist kommt in Gestalt einer Taube herab. Mit dem Bild der Taube erfolgt eine Anspielung, die für die Sendung Jesu und für unser Taufverständnis von Bedeutung ist.
„Taube“ auf Hebräisch bedeutet: „Jona“. Mit dem Bild der Taube wird in das Taufgeschehen und Taufverständnis die Geschichte des Jona eingebunden. Er ist jener Prophet, der von Gott nach Ninive gerufen wird. Die Menschen dort zählen nicht zum erwählten Volk. Sie sind fremde, ja sogar ihre Todfeinde. Diesen Menschen gilt ebenso die Sorge Gottes. Jona will es nicht wahrhaben und geht zunächst in die völlig andere Richtung und bricht nach Tarschisch auf.
Erst eine einschneidende Erfahrung und ein erneuter Ruf lassen Jona schließlich doch nach Ninive gehen. Es wird zu einem wichtigen Aspekt der Verkündigung Jesu und schließlich der jungen Kirche – vor allem bei Paulus – die Verkündigung des Evangeliums über die Grenzen Israels hinaus, die Hinwendung zu den Heiden. Mit der Jona-Erzählung wird deutlich, dass die Kunde jene erreichen soll, die vielleicht noch als (Tod-)Feinde gesehen werden.
Beim Propheten Jona ist auch zu bedenken, dass sein Prophetendienst in erster Linie darin besteht, ein Lernender zu sein. Wir kennen von ihm nur ein wörtliches Zitat. Er ruft den Leuten in Ninive zu: Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört. Der Satz entsprang mehr seinem Wunschdenken als dem Auftrag Gottes, denn Ninive wurde nicht zerstört. Die Stadt handelte entgegen seinen Erwartungen, bekehrte sich und tat Buße. Sie änderten ihr Leben. In das Fasten banden sie sogar die Natur, die Tierwelt – Schafe, Ziegen, Rinder – ein. Es wird zur Erfahrung des Jona, dass die Menschen in Ninive, obwohl sie Gott nicht kennen, dem Willen Gottes schneller und unmittelbarer nachgekommen sind, als es ihm eigen war.
Gott sorgt sich um alle seine Geschöpfe – dieser Gedanke ist ebenso mit der Jona-Erzählung verbunden. War es Neid, Eifersucht oder Rache? Die Bibel gibt keine eindeutige Antwort. Jona war auf alle Fälle enttäuscht, dass Ninive gerettet wurde. Seine Enttäuschung war so groß, dass er sich hinlegte und den Wunsch zu sterben hatte. Jona haderte mit Gott, weil der Rizinusstrauch, der ihm Schatten spendete, verdorrte. Ein Wurm hatte seine Wurzel zerstört. Daraufhin gab ihm Gott zur Antwort: Du hast Mitleid mit dem Rizinusstrauch, für den du nicht gesorgt hattest. Sollte ich nicht Mitleid haben mit Ninive, der großen Stadt, mit den vielen Menschen, die nicht links und rechts unterscheiden können – und außerdem mit dem vielen Vieh (Jona 4,11)?
Der Geist, der bei der Taufe Jesu in Gestalt einer Taube auf ihn herabkam, schließt die Sorge um die gesamte Schöpfung ein; die Sorge um alle Menschen, die Sorge um die Natur, Tierwelt und Mitwelt eingeschlossen. Gerade mit Bildern aus der Natur versucht Jesus in seiner Verkündigung das Wachsen des Reiches Gottes zu deuten.
Wenn wir das Evangelium ernst nehmen, dann ist die Taufe weit mehr als eine exklusive Familienfeier.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Gottes Sorge um alle Geschöpfe 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7| 2. Lesung: Apg 10,34-38| Evangelium: Mt 3,13-17”
Danke :-).
Ich möchte gern noch etwas ergänzen: “Jona” ist auch Teil eines Beinamen des Petrus. Auch zwischen dessen Lernprozess und der Taufe im Jordan gibt es, denke ich, eine Verbindung. Und ich glaube, es geht darum, dass zur “Taufe” der Auftrag gehört, dem Ruf des Geistes zu folgen und unter allen Umständen diesem Ruf treu zu bleiben.
“Simon Barjona” sagt Jesus immer wieder zu Simon Petrus. Simon, Sohn des Jona. Wichtig scheint mir, dass “Barjona” im Hebräischen auch als Eigenschaftswort verwendet wird und „impulsiv“ oder „unbeherrscht“ oder „hitzköpfig“ heißt.
Diese Eigenschaften werden natürlich mit Petrus assoziiert – zu ihm gehören sein plötzliches Auflodern, seine impulsive Art und dass er zum Beispiel ohne nachzudenken dem Malchus das Ohr abhaut. Sie führen wiederholt dazu, dass Petrus zurechtgewiesen wird. Aber: Diese Emotionalität und Kraft kann sich nicht nur gewaltvoll zerstörerisch entladen, sondern ganz anders zeigen: als Begeisterungsfähigkeit, als entbranntes Herz für das Richtige, Gute.
Beide Möglichkeiten stecken im Namen Jona: Einerseits Jona, die Taube, als d a s Symbol für das Wirken des Geistes Gottes und der “Begeisterung”. Jona heißt aber nicht nur Taube, sondern auch: “Er hat unterdrückt”.
Wo “Jona” ist, ist offensichtlich beides als Möglichkeit da: Geistbegabung und Begeisterung, aber auch das Unterdrücken dessen, wozu einen der Geist ruft. Die Geschichte des Propheten Jona erzählt von dieser Spannung und davon, wie Jona lernen musste, nicht vor seiner Berufung zu fliehen, sie nicht zu unterdrücken, sondern sich in ihren Dienst zu stellen. Jona tut das noch recht widerwillig und projeziert dann auch noch das eigene Versagen auf die anderen und fordert Bestrafung für deren Fehlverhalten.
Die Geschichte des Petrus, des Sohns des Jona ist ebenfalls eine Lerngeschichte – aber schon einen wichtigen Schritt weiter: Petrus übernimmt Verantwortung für sein Unterdrücken: Bitter weinen muss er, als ihm bewusst wird, was er getan hat, als er Jesus verleugnet hat. Er versteht, dass es grundfalsch ist, davon zu laufen, wenn es ernst wird und das, was man als Kostbarstes erkannt hat (Jesus, den Messias) zu verleugnen.
Beide Geschichten zeigen, wie man lernt, das Richtige zu tun: Sich selbst und seinem höchsten Wert treu zu bleiben.
Die Taufe Jesu, mit der Zusage, dass dieser Mensch Gottes Sohn ist und das Gefallen Gottes gefunden hat, ist, glaube ich, der Abschluss dieses Lernschritts. Für Jesus wird nie ein Zweifel daran bestehen, dass er dem Anruf des Geistes folgen und das tun muss, wozu er gerufen worden ist.