Mut zum Unscheinbaren 1. Lesung: Ez 17,22-24| 2. Lesung: 2 Kor 5,6-10| Evangelium: Mt 4,26-34
David Steindl-Rast – Mönch und Mystiker – beschreibt die Hoffnung als eine Grundhaltung des Glaubens, nämlich: Die Hoffnung traut es Gott zu, dass Er zu jeder Zeit das Unerwartete zu tun vermag. Er wird immer wieder überraschen, Unerwartetes ermöglichen, auch in der letzten Stunde des Lebens, im Sterben.
Er nennt sie die große Hoffnung und macht darauf aufmerksam, dass die kleinen Hoffnungen, beziehungsweise Wünsche der großen Hoffnung im Wege stehen können. Ein Beispiel dazu: Jemand hat in seiner Krankheit allein den Wunsch gesund zu werden. Wenn dieser Wunsch für die Person unerfüllt bleibt, tritt Verbitterung ein, womöglich mit Vorwürfen an Pflegende und Angehörige. Ohne diese große Hoffnung, dass Gott gerade auch in der bleibenden Krankheit, Gutes wachsen lässt – z.B. die Familie auf neue Weise zueinander findet, pflegende Menschen in ihrem Dienst Erfüllung finden u.a. – droht der Mensch für die Liebe und das Gute rundherum blind zu werden.
Die große Hoffnung als Haltung ist kein Luftschloss, sondern beruht auf Erfahrungen. Die Gleichnisse vom Reich Gottes greifen solche Erfahrungen auf und deuten sie in Bildern. So hat das Volk Israel schon oft erfahren, dass aus Kleinem Großes wurde. Es hat ganz klein mit dem Glauben an den EINEN (Jahwe) begonnen. Es waren zwei Menschen – Abraham und Sara – die glaubten. Dieser Glaube war höchst gefährdet, denn sie hatten lange Zeit keinen Nachkommen. Aus einer Familie, aus einer Sippe wuchs eine große Glaubensgemeinschaft.
Das Volk Israel selbst erlebte sich oft klein und unbedeutend. Eine kleine Gruppe kam aus Ägypten frei, viele davon Sklaven und Sklavinnen. Diese kleine Gruppe war gefährdet auf der Wüstenwanderung. Aus der Gruppe wurde ein ganzes Volk.
Nach der Eroberung in der babylonischen Gefangenschaft erlebt sich Israel nochmals klein und unbedeutend. Viele dachten, es sei mit Israel überhaupt geschehen. Es wird für Israel zum Wunder, dass sie als Volk und Glaubensgemeinschaft wieder wachsen und erstarken.
Auch die junge Kirche erlebt das Geheimnis dieses Gleichnisses von der wachsenden Saat. Es fließt in das Markusevangelium ein. Jesus selbst ist nicht mehr als ein Samenkorn in der Weltgeschichte. Er tritt als einzelner Mensch auf, vielleicht ein, maximal drei Jahre. Er hat Unglaubliches ausgelöst, bzw. in Bewegung gebracht. Was ist ein Mensch in diesem riesigen Römerreich? Was sind drei Jahre in einem Menschenleben, in einer Epoche oder gar in der Weltzeit.
Ein zweiter Aspekt dieses Gleichnisses sei erwähnt: es geht um Wandel oder Verwandlung. Aus den Samen wird eine neue Pflanze. Es sind nicht einfach wieder Körner, die heranwachsen. Es wächst der Halm, dann die Ähre, dann das Korn, so heißt es. Zum Reich Gottes zählt, dass sich Dinge wandeln dürfen, dass die Gestalt und Form einer Gemeinschaft sich verändert.
Diese Reich-Gottes-Gleichnisse, das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat und vom Senfkorn, das zu einem riesigen Baum heranwächst, sind nicht nur Bilder aus der Natur, sie sind auch gedeutete Geschichte, gedeutete Glaubenserfahrung Israels und der jungen Kirche. Sie sind Bilder einer begründeten Hoffnung. Sie erzählen, dass aus Unscheinbarem und Unbedeutendem Großes wird. Das Wesentliche dabei geschieht durch einen ANDEREN, nämlich durch den, der das Wachstum schenkt.
Mir scheint, dass wir diese Gleichnisse vom Reich Gottes heute so nötig wie damals haben. Wir Christen brauchen die Ermutigung, diese Hoffnungsbilder. Es wird viel Gutes von Menschen in den verschiedenen Einrichtungen des Landes, der Kirche und Pfarre getan. Es sind gesäte Samen. Sie wirken angesichts der Gegenkräfte im großen Weltgeschehen oftmals als unbedeutend, winzig und klein. Jesus hat die Gleichnisse erzählt, als die Widerstände gegen ihn zunahmen. Das Säen lohnt sich, weil ein ANDERER für das Wachstum sorgt, auch bei Nacht.
Ein weiterer Gedanke: Viele Menschen stellen sich die Frage: Was können wir ausrichten? Was kann ich schon in dieser weiten, komplizierten Welt ausrichten? Was bringt es, wenn ich auf Nachhaltigkeit achte? Was vermag meine kleine Spende? Mein ehrenamtliches Engagement in einem Verein, Club oder in der Kirche? Dieser Mut zum Unscheinbaren und Unbedeutenden zeichnet Christen aus. Es ist Grundlage der Nahrung, die leben lässt, die Leben ermöglicht.
Diese Reich-Gottes-Gleichnisse ermutigen zugleich dem Wandel zu trauen. Ausgangspunkt ist der Same. Er keimt, dann wächst der Halm, die Ähre, schließlich reifen die Körner in der Ähre. Die Gesellschaft wandelt sich. Die Gestalt der Kirche wird sich noch sehr verändern. Wir wissen heute nicht, was aus den Samen werden wird. Zum Säen von Samen des Reiches Gottes – Samen des Vertrauens, der Solidarität, der Versöhnung, der Anteilnahme, der Achtung u.a. – sind wir gerufen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Ezéchiel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korínth anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Mut zum Unscheinbaren 1. Lesung: Ez 17,22-24| 2. Lesung: 2 Kor 5,6-10| Evangelium: Mt 4,26-34”
Die Ausrichtung auf Jesus ist meine Lebenskraft und meine Möglichkeit loszulassen. In allen Lebensbereichen bittet er mir Schutz und Wachstum, ich vertraue ihm.
Die Friedensgespräche in der letzten Woche, von ca. 100 Staatsmännern und , -frauen, erweckt bei mir auch eine Friedenshoffnung in der Ukraine u. auch in Israel.
Der Samen ist gesät, ich vertraue auf Gott, dass er aufgehen wird.
Das Fußballspiel -Deutschland gegen Schottland- hat gezeigt, wie sehr sich Menschen friedvolle Begegnungen wünschen.