Versöhnungsarbeit als Dienst an der Gesellschaft 1.Lesung: Hab 1,2-3;2,2-4| 2.Lesung: 2 Tim 1,6-8.13-14| Evangelium: Lk 17,5-10
Die Bitte der Apostel im Evangelium: „Stärke unseren Glauben!“ löst Fragen aus. Wieso diese inständige Bitte? Was ist mit dem Glauben zu verbinden? Hilfreich ist es, die Situation und die Umstände des Gesprächs genauer in den Blick zu nehmen.
Unmittelbar davor spricht Jesus über das Zusammenleben. So sagt er den Jüngern, dass Ärgernisse unvermeidlich sind. Und setzt fort: Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; wenn er umkehrt, vergib ihm. Jesus spitzt den Gedanken allerdings noch zu: Wenn sich dein Bruder siebenmal am Tag versündigt und siebenmal zu dir sagt: Ich will umkehren!, so sollst du ihm vergeben (Vgl. Lk 17,1-4).
Hierauf folgt die Bitte der Apostel: Stärke unseren Glauben! Dieser Glaube, um den sie bitten, ist eng mit der Versöhnungsbereitschaft und Versöhnungsarbeit verbunden. Es fällt schon oft schwer einem Menschen beim ersten Mal ein Vergehen nachzusehen oder zu verzeihen. Kommt jemand nun siebenmal am Tag jeweils mit der Bitte um Vergebung, dann werden die meisten tief durchatmen und zunächst einmal festhalten, dazu bin ich nicht fähig. Stärke unseren Glauben.
Der Versöhnung dienen gleicht in manchen Themenfeldern der Arbeit von Sklaven und Knechten, in Bereichen wie: Missbrauch, Korruption, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit u.ä. Es ist oft Knochenarbeit und es kann für Leib und Leben gefährlich sein.
Die Versöhnungsarbeit kann auch im unmittelbaren Bereich der Familie oder Nachbarschaft mühsam sein. Es seien nur einige Stichworte genannt: Erbstreitigkeiten, Lärmbelästigung, Heckenhöhen, Grenzziehungen, oder wenn man sich durch verbale Verfehlungen oder Entgleisungen in die Haare geraten ist. Wer versöhnend arbeitet oder arbeiten will, wird in den wenigsten Fällen mit Anerkennung oder Lohn rechnen können.
Stärke unseren Glauben!, ist die Bitte der Apostel. Von Jesus wissen wir, dass er mit seinem Leben und seiner Verkündigung im Dienste der Versöhnung stand und arbeitete. Es wurde ihm nicht gelohnt. Er wurde selbst zum Verurteilten am Kreuz. Sein Lohn. Jesus hat die Apostel gerufen, ihm zu folgen, auch in diesem Dienst der Versöhnungsarbeit. Jesus spricht zu den Jüngern, es ist aber die Bitte der Apostel, er möge ihren Glauben stärken. Hat es die Jünger*innen überfordert?
Die Versöhnungsarbeit als ein Dienst an der Gesellschaft, dazu sind wir gerufen. Es braucht Glauben dazu. Der Glaube, dass es bei den Menschen grundsätzlich die Bereitschaft zur Versöhnung gibt, dass man bei Rückschlägen weiter nach Wegen sucht, dass die Geduld strapaziert wird und dass kein Lohn zu erwarten ist. Im Evangelium hörten (lasen) wir den Gedanken: Du hast nur deine Schuldigkeit getan.
Jesus sagt zu den Aposteln: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! Und er würde euch gehorchen. Ich deute es als Mut zu den kleinen Schritten. Versöhnungsarbeit ist oft ein Weg der kleinen Schritte. Man muss sich Zeit nehmen, zuhören, verstehen lernen, nicht zuletzt ist es mit einer hohen Frustrationsgrenze verbunden. Es ist Arbeit mit anderen, aber nicht weniger Arbeit an sich selbst.
Wir würden Jesus missverstehen, wollten wir von dieser Stelle ableiten, dass er eine Kultur des nicht Dankens oder der Undankbarkeit gepredigt hätte. Unmittelbar darauf folgt nämlich die Begegnung Jesu mit den zehn Aussätzigen. Er heilt sie alle, aber nur einer kehrt zurück, um dafür zu danken. Jesus fragt dann: „Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? … und er sagte zu ihm: Dein Glaube hat dich gerettet“ (Vgl. Lk 17,11-19).
Es wird hier sogar gesagt, dass es die Dankbarkeit ist, die den Menschen rettet, die Dankbarkeit ist jener Weg, in der sich einem Menschen die Herrlichkeit Gottes, seine Fülle von Liebe und Zuneigung erschließt.
Wir erleben gegenwärtig große Konflikte in mehreren Erdteilen der Welt, bei denen wir noch weit von einer Versöhnung entfernt sind. Vielleicht haben wir auch so manchen ungelösten Konflikt in der Familie oder Nachbarschaft vor Augen. Wir werden sie nicht alle lösen können.
Jesus sagt zu den Jünger*innen habt eine große Versöhnungsbereitschaft. Wenn dich jemand siebenmal am Tag bittet, dann vergib ihm auch siebenmal. Glaubt, dass sie möglich ist und stellt euch in den Dienst der Versöhnung.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch der Hábakuk anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.