Auszeit zum Auftanken 1. Lesung: Jer 23,1-6| 2. Lesung: Eph 2,13-18| Evangelium: Mk 6,30-34
Letzten Sonntag hörten wir wie Jesus die Jünger aussendet, jeweils zu zweit, ohne Vorratstasche, ausgerüstet mit einem Stab. Diesen Sonntag wird uns von ihrer Rückkehr berichtet. Jesus lädt sie ein, an einen einsamen Ort zu kommen, damit sie ausruhen können. Das zur Ruhekommen gelingt nicht. Sie werden von den Menschen gesucht und sie kommen nach. Es heißt, dass sie zu Fuß schneller sind als Jesus und die Jünger im Boot.
Zwischen diesen beiden Ereignissen – der Aussendung und Rückkehr der Jünger – berichtet Markus ein Geschehen, das wir an den Sonntagen nie zu hören bekommen, nämlich der Bericht wie es zur Enthauptung Johannes des Täufers kam.
Dazu einige Inspirationen/Überlegungen für unsere Zeit:
Die Jünger zogen praktisch mit leeren Händen aus und sie kommen zurück. Sie sind reich an Erfahrungen und haben viel zu berichten. Es hat sie beansprucht. Sie sind ermüdet, so sehr, dass Jesus ihnen eine Zeit der Ruhe gönnen möchte. Sie sind zuerst zu den Menschen hinausgegangen und sie machen nun die Erfahrung, dass sie von den Menschen gesucht werden und die Menschen zu ihnen kommen.
Jesus hat die Jünger ausgesandt. Es gilt zu bedenken, dass sie zu diesem Zeitpunkt blutige Anfänger sind. Sie haben noch keine lange Einführung oder Schule hinter sich. Das zu zweit Zugehen auf Menschen ist für sie Neuland. Sie selbst sind als Lernende auf dem Weg. Sie beginnen sich um Menschen anzunehmen, um die sich niemand kümmert. Sie leben das Menschen fischen, das Dasein für Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht. Diese Menschen suchen nun umgekehrt die Jünger auf. Sie, die Jünger, sind für viele zur Hoffnung geworden.
Die Pastoral Jesu beginnt mit den Hinausgehen zu denen Menschen nicht so sehr mit dem Warten bis die Menschen zu ihm bzw. zu ihnen kommen.
Es ist bemerkenswert, wie Jesus Sorge trägt, dass die Jünger wieder zur Ruhe kommen. Die Sorge um den Menschen – seelsorgliche Arbeit – braucht diese Zeiten der Ruhe, der Besinnung, der Erholung, des Auftankens. Für eine fruchtbare Seelsorge braucht es das Auftanken.
Es ist sowohl für Hauptamtliche als auch Ehrenamtliche zu beachten, dass in einer Situation in der das gemeindliche Leben von weniger Menschen getragen wird, sie diese Zeiten des Auftankens und Innehaltens wahren. Es ist der Seelsorge nicht zuträglich, wenn Personen im Hamsterrad der Wünsche und Anforderungen aufgehen, darin krank werden oder die Freude am Dienst verlieren.
Zeit der Ruhe und des Rückzugs: Viele Menschen sind heute gestresst, obwohl es praktisch noch nie so viel Freizeit und Urlaub gab. Freizeitstress als Stichwort. Jesus sucht einen einsamen Ort. Er geht nicht in eine Synagoge, nicht in eine Stadt oder belebten Ort. Er schlägt das Allein sein vor. Es geht um das sich selber wieder finden, um das bei sich sein, um das Sein in der eigenen Mitte.
Bei den Römern galt das Motto: Brot und Spiele. In der Zeit Jesu war Palästina mit römischen Theatern reich bestückt. Sie boten Brot und Spiele. Sie dienten auch zur Unterhaltung und zur Ablenkung. Menschen, die keine Auszeiten kennen, sind leichter steuerbar und gefügig zu halten, werden von Brot und Spielen „betäubt“.
Diese Jesusbewegung mit den Jüngern war eine Laienbewegung und für manche, besonders für jene die politisch oder religiös Macht hatten, begann sie bald suspekt zu werden. Es gibt Anhänger, Versammlungen, neue Konflikte. Es ist eine Bewegung von der eine heilsame Macht und eine menschliche Dynamik ausgeht.
Sie löst bei manchen Ängste aus. Es wird bei Markus erzählt, dass Herodes und seine Familie davon betroffen sind, im Besonderen ärgert sich Herodias, die Frau. Ihr Ärger gründet in der Kritik an ihrer Heirat. Sie war ursprünglich die Frau des Philippus, des Bruders ihres jetzigen Mannes.
Die Erzählung macht deutlich, wie sehr die Jünger gefordert sind. Sie sind in einer feindlichen Atmosphäre unterwegs. Das Schicksal des Freundes Jesu könnte auch ihres werden. Sie sind im Letzten der Willkür menschlicher Entscheidungen und Intrigen ausgeliefert. Herodes lässt ja Johannes auf Grund eines Versprechens töten, dass er der Tochter der Herodias in Folge eines Tanzes gegeben hatte. Die Tochter forderte nach Absprache mit der Mutter den Kopf Johannes des Täufers.
Als die Menschen in großer Zahl zu Jesus und den Jüngern kommen, stellt er vor den vielen Menschen fest: sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. Die Menschen sind der Willkür der Besatzer und des Königs ausgeliefert. Es gibt Not, Resignation, viel Hass und Verbitterung. Und dann heißt es weiter: Er – Jesus – hatte Mitleid mit ihnen und er lehrte sie lange.
Es wird nichts über den Inhalt gesagt. Es liegt aber nahe, dass Jesus ihre Situation – nicht zuletzt die politische – zur Sprache bringt, mit ihnen redet, wie begegnen wir der Willkür, wie kann in dieser Situation „Reich Gottes“ werden?
Ihr seid wie Schafe, die keinen Hirten haben. Trifft dieses Wort heute nicht auf Bootsflüchtlinge, viele Asylsuchende und Migranten zu? Von Hirten völlig im Stich gelassen, zumindest in manchen Ländern. Es war in dieser Woche eine für mich beschämende Aussage der österreichischen Bundesregierung die Weigerung, auch nur einen einzigen der 250 geretteten Bootsflüchtlinge von Italien zu übernehmen.
Schafe, die keinen Hirten haben. Das Evangelium berichtet uns, dass Jesus nicht lange über die Situation lamentiert oder die Politiker herablassend kritisiert, sondern es heißt da, dass Jesus sie lange lehrte. Es ist heute dringend notwendig mit Menschen zu reden, mit Menschen lange zu diskutieren und Meinungsbildung zu betreiben. Es geht um das Aufrichten, um das Allianzen schmieden und gemeinsam besprechen, wie heute Reich Gottes werden kann.
Was für Jesus dabei ganz wichtig ist, wird uns am nächsten Sonntag vorgestellt. Es ist die praktische Umsetzung dessen, was er lehrte: es ist das dankbare Teilen. Das Evangelium von der Brotvermehrung.
Ein Kommentar zu “Auszeit zum Auftanken 1. Lesung: Jer 23,1-6| 2. Lesung: Eph 2,13-18| Evangelium: Mk 6,30-34”
Der Vermerk: Jesus geht nicht in eine Synagoge:
zur Zeit Jesu gab es noch keine Synagogen. Erst nach der Zerstörung des Tempels um 70 n.Chr. als sich die Juden zerstreuten, brauchten sie einen Ort der Zusammenkunft.