Teilen macht Alle satt 1. Lesung: 2 Kön 4,42-44| 2. Lesung: Eph 4,1-6| Evangelium: Joh 6,1-15
Zur Erinnerung: In diesem liturgischen Jahr werden an den Sonn- und Feiertagen vorwiegend Texte aus dem Evangelium des Markus gelesen. Es folgen nun einige Sonntage mit Abschnitten aus Johannes. Wäre man bei der Leseordnung bei Markus geblieben, wäre auch da die Brotvermehrung gekommen. Sie ereignet sich allerdings in einem anderen Umfeld und verfolgt auch andere Themen. Ich konzentriere mich auf Johannes.
Ebenso erwähnenswert halte ich, dass der Evangelist Johannes nicht von Wundern, sondern von Zeichen spricht. Das erste Zeichen wirkt Jesus in Kana: Wasser wird zu Wein. Das letzte Zeichen wirkt er in Bethanien: Es ist die Auferweckung des Freundes Lazarus. Die Zeichen, die Jesus wirkt, führen nicht notwendiger Weise zum Glauben, die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Manchmal folgen Konflikte, der Gelähmte wird sogar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Manchmal gibt es die Ablehnung Jesu bis hin zum Plan, ihn zu töten. Bei manchen führt es aber auch zur Offenbarung seiner Person. Die Zeichen werden auch zum Grund, dass ihm eine große Menschenmenge folgt.
Dem oder der Glaubenden, bzw. der oder die Gott liebt (Joh 5,42), wird das Zeichen zu einem Geschehen, das zur Erkenntnis führt, da hat Gott gewirkt, da ist er gegenwärtig geworden. Es ist der Glaube, der durch ein Zeichen einen neuen Blick auf die Welt, auf ein Ereignis oder auf Jesus ermöglichen.
Dem heutigen Evangelium vorausgegangen ist: Jesus war in Jerusalem und hatte einen Gelähmten geheilt. In der Folge gab es heftige Auseinandersetzungen. Jesus stand einer Front der Ablehnung gegenüber. Er kommt nun wieder nach Galiläa und fährt an das andere Ufer. Es wirkt wie ein Neubeginn, ein erneutes Durchstarten. Eine Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg mit den Jüngern auf den Berg, so heißt es, und setzte sich dort mit den Jüngern nieder.
Zugleich gibt Jesus den Hinweis, dass das Pascha, das Fest der Juden, nahe sei. Pascha bedeutet Übergang. Es erinnert an den bevorstehenden Aufbruch, den Israel in Ägypten vor sich hatte, ebenso dass Gott die Stunde des Aufbruchs kennt, der für sein Volk Freiheit, Gerechtigkeit, das Leben im gelobten Land will. Pascha – Übergang. Jesus sah die Zeit gekommen, neu aufzubrechen, ins Erleben zu bringen, was Pascha bedeutet.
Die Zeit, in der Jesus auftritt, ist politisch und religiös angespannt. Es gab den Druck der Besatzer: Verhaftungen, Folter, Gefängnis…. Es gab immer wieder Überfälle von Aufständischen und damit Tote. Es gab religiöse Konflikte. Der Hellenismus mit allen Festen und der Kaiserkult wurden gegenüber dem jüdischen Glauben zur Konkurrenz aufgebaut. Als Johannes am Ende des 1. Jht. sein Evangelium schrieb, war die Situation diesbezüglich nicht weniger angespannt.
Jesus geht auf den Berg. Es ist eine Anspielung an Moses und den Berg Sinai. Es ist das Suchen der Nähe Gottes, ein Erinnern an das Kernanliegen Gottes: Ich habe dich aus Ägypten, aus dem Sklavenhaus herausgeführt (Ex 20,1f) und es ist Hoffnung für uns heute. Als Jesus bei Matthäus auf den Berg stieg, begann er zu lehren, angefangen von den Seligpreisungen, über das Vaterunser als Gebet, der Feindesliebe bis hin zur goldenen Regel: alles, was ihr von anderen erwartet, tut auch ihnen. (Mt 5-7)
Bei Johannes ist es keine lange Rede, sondern er plant für den „Übergang“ ein Zeichen. Jesus sieht die vielen Menschen. Und er sieht ihren Hunger und fragt bei Philippus nach, wo es Brot zu kaufen gibt? Philippus stellt fest, es fehlt das Geld.
Ein anderer Jünger, Andreas, bringt ein, dass unter ihnen ein Junge mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen sei. Aber auch seine ergänzende Feststellung: Was ist das schon für so viele!
Jesus greift die Situation auf. Er nimmt die Brote, sprach ein Dankgebet und beginnt zu teilen. Alle werden satt. Beim Einsammeln der Reste werden zwölf Körbe voll. Das dankbare Teilen lässt alle satt werden. Es müsste keine hungernde Person auf der Welt geben. Es ist genügend da für alle, wenn das Teilen gelingt – auch heute. Dass die Menschen dem Teilen trauen und damit beginnen, darin besteht das Wunder, wenn man von Wunder sprechen möchte.
Jeden Sonntag erinnern wir uns und feiern wir, dass das dankbare Teilen alle satt werden lässt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns dessen bewusst sind. Manchmal bleibt der Eindruck, Mitfeiernde suchen ihr ganz persönliches Bedürfnis zufrieden stellen zu wollen, ohne sich für das Wohl und Schicksal anderer zu interessieren. Wohl gemerkt: ich kann das nicht beurteilen, weil niemand in das Innere eines Menschen sieht und die Motive verborgen bleiben.
Jesus beginnt dankbar zu teilen und er teilt mit allen, die da sind. Er scheidet keine der 5000 Personen (Männer) aus, die möglicherweise fremd oder unwürdig wären. Ihre Not beginnt er zu heilen, dann folgt eine lange Rede, bzw. Erklärung. Davon werden wir in den nächsten Sonntagen hören.
Jesus hat ein Zeichen gesetzt. Wird dieses Zeichen verstanden? Führt es zum Glauben? Es heißt da, Jesus erkannte, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und ihn zum König zu machen: zum „Brot-König“. Sie meinen einen zu haben, der ihnen das Problem löst. Man muss sagen, sie haben das Zeichen in seiner Tiefe nicht verstanden. Sie haben noch nicht begriffen, so ist ihre Reaktion zu deuten, dass sie selbst gefragt sind, ihr dankbares Teilen, ihr Sehen der Not des Nachbarn, ihr Anteilnehmen am Schicksal anderer, ihr Einbinden von Menschen, die dankbar zu teilen beginnen. „Glauben“ ist bei Johannes u.a. so zu verstehen, dass wir in sein Handeln einsteigen, ihn nachahmen, ihm folgen.
Jesus erfüllt diesen Wunsch nicht, ihr „Brot-König“ zu sein. Er nimmt nicht die von ihnen gewünschte Rolle ein, ihre Probleme und Nöte einfach aus dem Weg zu räumen. Er ist kein solcher König. Er lässt sie sogar stehen und allein zurück.
Pessah – Übergang. Anteil nehmen am Hunger bzw. an der Not der Menschen und das dankbare Teilen macht lebendig. Es ist der Weg ins gelobte Land. Zu bedenken ist: Nicht einmal Jesus wird uns den „Brot-König“ machen.