Balsam für die Seele 1. Lesung: Ex 12,1-8.11-14|2. Lesung: 1 Kor 11,23-26|Evangelium: Joh 13,1-15
Das Erinnern zeichnet Menschen aus und trägt viel zur Menschlichkeit bei. Öfters hören wir von einer Kultur des Erinnerns. Das Christsein nährt sich wesentlich vom Erinnern. Wir haben in den Schriftlesungen die Worte Jesu an die Freundinnen und Freunde gehört: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ „Tut dies zu meiner Erinnerung!“
Das gemeinsame Erinnern und Gedenken stiftet Identität und Verbundenheit und trägt dazu bei, begangene Fehler als einzelne oder als Gemeinschaft zu vermeiden. Für das Erinnern und Gedenken sind seit jeher Feier- bzw. Gedenktage wichtig. Die religiösen wollen vor allem wachhalten, was das Miteinander und die Gemeinschaft stärkt, bzw. der Menschlichkeit dienlich ist.
Von Jesus werden uns heute zwei Zeichenhandlungen erzählt. Sie deuten sich gegenseitig und sollen uns fest im Gedächtnis bleiben. Jesus nimmt Brot, dankt und teilt es. Er wäscht den Seinen die Füße. Vielleicht sind uns diese Zeichenhandlungen so vertraut, dass wir das Besondere nicht mehr sehen.
Jesus setzt diese Zeichenhandlungen mit den entsprechenden Worten unter ganz bestimmten Umständen. Sie sind zu bedenken, wenn wir deren Bedeutung zu verstehen suchen. Sie heben sich von Erfahrungen ab, mit denen Menschen tagtäglich konfrontiert waren. Viele Menschen lebten in großer Not. Das tägliche Brot war alles andere als selbstverständlich. Der Kaiser von Rom ließ sich als Gott, als Halbgott verehren.
Er verteilte auch Brot. Mit Brot und Spielen hielt er das Volk bei Laune, kaufte er sich die Gunst des Volkes. Brot, erarbeitet von Sklaven, erpresst, unbedankt erschunden, um es dann großzügig zu verteilen. Ein Brot, das anders schmeckt als jenes, das Jesus gibt. Er nahm das Brot, dankte, teilt es mit den Worten: das ist mein Leib, hingegeben für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Ich versuche eine Übersetzung: Jesus ist sich bewusst, dass das Brot Geschenk ist. Er dankt dafür. Und: Er bringt jene, die dafür gearbeitet haben, nicht um ihren Lohn. Er ist Quelle der Kraft im Alltag. Er ist Quelle der Kraft für jene Menschen, die um das tägliche Brot kämpfen müssen, denen es manchmal auch verwehrt bleibt. Mit ihnen teilt er. Ihr Leib ist auch sein Leib. Ihr Leid ist auch sein Leid. Vergesst das nicht. Denkt daran, erinnert euch! Ich verführe euch nicht mit billigen Spielen. Ich bin euch Brot, nicht Brot, das nach Unterdrückung schmeckt, sondern Brot zum Leben. Es ist ein besonderes Brot, das wir bei der Kommunion uns auf die Hand legen lassen. Erinnert euch!
Die zweite Zeichenhandlung: die Fußwaschung. Jesus ist Herr und Meister. Er wird bei der Verurteilung auch König genannt. Er setzt ein Zeichen wie er diese Ämter versteht. Es heißt: Er legt sein Gewand ab. Er beugt sich. Er bleibt nicht einmal auf Augenhöhe. Er beugt sich hinab zu den Füßen und wäscht die Füße, normalerweise die Aufgabe der Sklaven. Er trocknet es mit dem Leinentuch mit dem er umgürtet war. Auch dem unverständigen Petrus wäscht er nur die Füße, nicht den Kopf.
Es wäre ein fatales Missverständnis wollten wir die Fußwaschung als eine Aktion eines Weichlings oder eines Gutmenschen verstehen. Jesus hat da viel mehr im Blick. Wenn du einen Menschen verändern, nachhaltig verändern oder heilen willst, dann begegne ihm/ihr in der Weise der Fußwaschung. Jede Gewalt – sei es physisch oder psychisch – sei es mit Worten, Schweigen, Gesten oder Schlägen – verstört Beziehungen. Es wächst Distanz und keine Verbundenheit. So sind Menschen mit der Mentalität der Fußwaschung die Lehrmeister der Geschichte. Zu ihnen schaut man auf. Ihre Worte haben Gewicht, ihr Handeln Zukunft. Sie vermögen Menschen über Grenzen und Barrieren hinweg zu verbinden. Sie geben der Welt ein menschliches Antlitz.
Zwei letzte Gedanken möchte ich mit der Fußwaschung verbinden:
Ein erster: Das Füßewaschen war damals ein besonderer Dienst. Die Menschen gingen weite Wege auf staubigen Straßen, oft alles zu Fuß. Am Ende die Füße gewaschen zu bekommen, war Balsam für die Füße aber auch für die Seele. Im Waschen der Füße zeigt Jesus seine Beziehung zu den Jüngerinnen und Jüngern auf, zu jenen, die sich auf ihn einlassen, die seine Nähe suchen, die auf sein Wort hören und mit ihm gehen. Er wäscht den Seinen die Füße, nicht den Kopf. Jesus, der mir die Füße wäscht. Wenn wir zum Gottesdienst – zur Eucharistie – versammelt sind, dann wissen wir Jesus Füße waschend unter uns. Wir dürfen gerade dann mit gutem Gewissen da sein, wenn wir müde, abgekämpft, ausgelaugt, ratlos, frustriert …. sind. Sein Dasein ist Balsam für die Seele. Gott möge uns helfen, in diesem Geist zu feiern.
Jesus hat den Jüngerinnen und Jüngern die Füße zum Abschied gewaschen. Diese Erfahrung half ihnen, nach dem Karfreitag in den österlichen Glauben hinein zu wachsen. Bis auf Johannes und wenige Frauen haben ihn ja alle, trotz gegenteiliger Versprechen, verlassen. Von Petrus wurde er sogar verleumdet. Jesus wäscht ihnen die Füße und nicht den Kopf – dieses Zeichen wirkte weiter und hat bei ihnen zu tragen begonnen. Es ist zur Quelle eines neuen Vertrauens geworden, die zum Osterglauben beitrug.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Exodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten: