
Biblische Narrenfreiheit 1.Lesung: Sir 27,4-8| 2.Lesung: 1 Kor 15,54-58| Evangelium: Lk 6,39-45
Wir sind mitten im Fasching, in der „Fasnat“. Es werden Rathäuser gestürmt, die Macht wird von Faschingsprinzen übernommen, Narren klopfen ihre Sprüche, Menschen verkleiden sich und schlüpfen in ungewohnte Rollen, Wahrheiten und Kritik wird mehr oder weniger gut rationiert und pointiert an den Mann, an die Frau gebracht, so, dass man lachen kann. Ja, die Welt steht Kopf. Wobei es ist im Moment wirklich schwierig ist, manche Narren zu erkennen. Die Kleidung gibt wenig Hinweise, ob sie als Narren des Faschings unterwegs sind oder nicht?
Im Mittelalter war er ein fester Bestandteil eines Hofstaates: der „Hofnarr“. Er war auffällig bekleidet und hatte meist ein markantes Aussehen. Ursprünglich war seine Aufgabe nicht so sehr das Belustigen des Herrn, sondern sie bestand vor allem im Hinweisen auf seine Unvollkommenheiten und Hinfälligkeit. Seine gesellschaftliche Stellung erlaubte es ihm, Unbequemes und Verpöntes anzusprechen, wenn es sein musste, auch scharfe Kritik zu üben, die sonst niemand gewagt hätte. Ja, er konnte sogar ungestraft Spott mit dem Herrn treiben. Er hatte „Narrenfreiheit“.
Wir finden auch in der Bibel Spuren von Narrenfreiheit, nicht zuletzt in den Texten, die für den heutigen Sonntag vorgesehen sind. Alle Texte haben ihren Ursprung in angespannten, prekären Situationen, in der die freie Rede unter großem Druck stand.
Das Buch Jesus Sirach entstand um 200 v. Chr. Die hellenistische Kultur begann das Judentum zu verdrängen. Paulus schreibt als Gefangener seinen Brief an die Korinther aus dem Gefängnis. Jesus wirkt unter der Besatzungsmacht der Römer. Sie befrieden das Land. Ein anderes Wort dafür ist: unterdrücken.
In Zeiten von Verfolgung, Repressalien und Unterdrückung braucht es eine kreative Kommunikation, eine verdeckte Sprache des Widerstandes, die zugleich den Charakter bildet und Hoffnung stiftet, um Zukunft zu haben.
Ich darf aus der Lesung Jesus Sirach zwei Sätze herausnehmen, die etwas von der gekonnten, subtilen Kritik wiedergeben:
Es heißt da: „Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; so entdeckt man den Unrat eines Menschen in seinem Denken“. Wenn man etwa Reden von Populisten – ihre Ansagen und großen Versprechungen – anhört und sie mit den Sieben der Wahrheit und Lauterkeit schüttelt, prüft, da mag man ernsthaft fragen: Was bleibt davon übrig? Viel Unrat!
Oder: „Den guten Boden eines Baumes bringt seine Frucht zum Vorschein; so das Wort die Gedanken des Herzens“. Man weiß, dass es Zeit braucht, bis ein Baum Früchte trägt, manchmal Jahre. Dieser Spruch richtet sich gegen ein kurzfristiges Denken und gegen ein Streben nach kurzfristigem Erfolg. Überlegt vor allem beim Entscheiden und Tun, welche Folgen werden die Entscheidungen haben. Vielleicht würden wir heute sagen oder fragen: Was ist nachhaltig? Den guten Boden eines Baumes bringt seine Frucht zum Vorschein.
Nicht weniger stark ist Jesus in seiner Verkündigung. Auf zwei seiner verwendeten Bilder sei hingewiesen:
„Kann ein Blinder einen Blinden führen?“ Wenn Parteien, Personen blind für die Menschlichkeit, für Minderheiten, für Ausgegrenzte, für Notleidende sind und gegen die Menschlichkeit noch Stimmung machen, ist die Perspektive: Sie werden in eine Grube fallen. Und wir vielleicht mit ihnen.
Oder noch Provokanter der Satz: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ Die Fehler der anderen fallen uns schnell auf. Viele wüssten zum Beispiel, welche Sünden der Nachbar oder die Nachbarin zu beichten hätte, dagegen bleiben die eigenen fast unentdeckt; der Balken im eigenen Auge.
Die biblische Botschaft kennt Unrechtssysteme und ihre Machenschaften. Sie hat mit Witz, mit Ironie und Bildern dagegen angeschrieben und Widerstand geleistet. Es gibt sie in der Bibel: Die Narrenfreiheit.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesus Sirach anhören möchten:
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Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korínth anhören möchten:
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Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
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In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Biblische Narrenfreiheit 1.Lesung: Sir 27,4-8| 2.Lesung: 1 Kor 15,54-58| Evangelium: Lk 6,39-45”
Auf was kommt es an?
Ich kann mich erinnern, das ich früher von Kollegen öfter bewertet wurde.
Meine Antwort folgte manchmal mit einem Vierzeiler.
Dialekt!!!!!!!!!!!!
Schausd du af mi,
oda schausd du af di,
wensd af mi schausd, dös bringd di ned weida,
drum schau af di, dös is gscheida.
Vielen Dank, dass ich mit Euch teilen darf.
Gesegnete Grüße