Das rechte Tun 1. Lesung: Ez 18,25-28 | 2. Lesung: Phil 2,1-11| Evangelium: Mt 21,28-32
Die Begegnung zwischen den Hohenpriestern, Ältesten und Jesus findet in einer äußerst angespannten Situation statt. Am Vortag hat er die Händler, die das Opfergeld wechselten, mit den Opfertieren vom Tempelhof vertrieben. Damit hat er die Gottesvorstellung und das religiöse Verhalten der Hohenpriester und Ältesten in Frage gestellt, bzw. nichts weniger als ihre religiöse Praxis zu einem Verrat an Gott erklärt.
Mit seiner Aktion hat Jesus einen Kritikpunkt, den der Prophet Jesaia bereits fünf Jahrhunderte davor mit Blick auf den Opferkult im Tempel formulierte, aufgegriffen, nämlich: Gott will keine „Opfer“. Er braucht kein Opfern und Verbrennen von Tieren, damit er jemandem gut ist oder jemand seiner Liebe gewiss sein kann. Der gottgefällige Gottesdienst besteht vielmehr im Lob, im Danken und Bitten und vor allem im dankbaren Teilen.
Es ist ein Thema, das bis in die gegenwärtige Theologie zu Diskussionen führt: Braucht es das Opfer oder nicht? Mit der Vertreibung der Händler aus dem Tempel hat Jesus deutlich gemacht, dass Gott keine Opfer braucht. Der Mensch muss die Liebe Gottes nicht „verdienen“ oder kaufen.
Opfer stehen in Verbindung mit zerstören, töten, etwas kaputt machen oder kaputt gehen lassen. Das abverlangte Opfer von einer Person kann z.B. die Liebe in einer Beziehung zerstören. Die Freiheit oder innere Zustimmung eines Menschen werden meistens ausgeblendet. Die christlichen Haltungen, die mit „Jesus nachfolgen“ verbunden sind, stehen im Zusammenhang mit Freiheit, Liebe oder Hingabe. Jesus gibt sein Leben hin. Das Dasein der Eltern für ihre Kinder ist Hingabe oder auch das Sorgen der Kinder etwa für ihre betagten Eltern ist Hingabe. Es wäre aber nicht mehr im christlichen Geist, wenn jemand dabei kaputt geht – oder eben: „geopfert wird“.
Die Grenze zwischen Hingabe, die der Liebe folgt und dem zerstörerischen „Opfern“ mag manchmal schwierig zu ziehen sein. Es kann kippen. Für tragfähige Entscheidungen können professionelle Hilfe oder auch Gespräche mit erfahrenen Menschen sinnvoll sein.
Zurück zum Evangelium: Einen Tag nach dem Auftritt ist Jesus wieder im Tempel und wird von den Autoritäten des Glaubens, den Ältesten und Hohenpriestern gefragt: In wessen Vollmacht er rede und handle? Sie sind es gewohnt, für die Gläubigen die Vorgaben zu machen. Was maßt sich Jesus da an. Sie waren der Überzeugung, dass sie kein Umdenken oder ein anderes Handeln notwendig hätten.
Mit dem Gleichnis von den zwei Söhnen spiegelt Jesus ihr Verhalten. Es sind beide Söhne vom Vater (Gott) angesprochen. Der erste hört die Worte: arbeite im Weinberg. Der Weinberg als Bild für Gottes Garten, in dem für Gerechtigkeit, Solidarität, die Sorge füreinander und ein versöhntes Miteinander gearbeitet wird. Für die Hohenpriester und Ältesten ist dagegen das „Opfern“ zum Gottesdienst geworden, letztlich ohne jede Wirkung auf den Alltag, ohne Dienst an der Welt, an den Menschen, insbesondere jener in Not.
Diese Arbeit überlassen die religiösen Autoritäten dem „anderen Sohn“, den Zöllnern und Dirnen, die scheinbar mit Gott nichts am Hut haben und die vordergründig die Bitte ablehnen. Doch in ihrem Umgang mit den Menschen lassen sie das Herz sprechen. Oder anders: Sie arbeiten im Weinberg.
Jesus greift nochmals ein Anliegen auf, das von Anfang an seine Verkündigung durchzieht: Das rechte Tun (Orthopraxie) geht der rechten Lehre (Orthodoxie) voraus. Leider laufen heute viele kirchliche Diskussionen in erster Linie über die rechte Lehre und nur wenig über das rechte Tun. Wer braucht unsere Hilfe, unsere Unterstützung oder unseren Beistand? Diese Fragen sind mehr als unterbelichtet.
In vielen kirchlichen Konferenzen oder Treffen lauten die Fragen: Wie bringen wir die Menschen in die Kirche oder in den Gottesdienst? Dem Evangelium näher wäre die Frage: Wer braucht unsere Hilfe? Wer ist in Not? In welcher Not? Wer kann wie helfen? Die Kirche muss dabei nicht alles selber machen. Manchmal reicht das Vermitteln von Hilfe.
Im Gleichnis wird ferner deutlich: Es ist größte Vorsicht geboten zu meinen, im Besitz des Glaubens zu sein und jedes Hinterfragen zu meiden. Solchen Menschen ist das Reich Gottes fern. Es darf zu denken geben, dass Jesus den Hohenpriestern und Ältesten – Zöllner und Dirnen als Beispiele hinstellt, von denen sie Glauben lernen können.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Ezechiel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die an die Gemeinde in Philíppi anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten: