Den Menschen ein Gerechter sein 1.Lesung: Jes 66,18-21| 2.Lesung: Hebr 12,5-7.11-13| Evangelium: Lk 13,22-30
Als Jesus stirbt, am Ende seines Lebens, stellt der römische Hauptmann unter dem Kreuz fest: „Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter“ (Vgl. Lk 23,47). Jesus war ein Gerechter, ein „Sadik“. Es gibt starke Bezüge zwischen der Kreuzigungsszene und dem heutigen Evangelium. Diesen Bezügen möchte ich mit meinen Ausführungen nachgehen, weil sie in der Verkündigung Jesu eine wichtige Rolle spielen.
Den Menschen gerecht werden kann herausfordernd sein. Viele kennen es aus ihren eigenen Erfahrungen: Für Eltern, wenn sie einem Kind gerecht werden wollen, etwa in einer kritischen Phase oder Situation; den Eltern im Alter gerecht werden, kann ebenso für Kinder eine große Aufgabe sein; für Chefs und Chefinnen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerecht werden bei Krankheit oder prekären Situationen; als Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schülern gegenüber, dazu den Eltern; oder Menschen mit denen man im Konflikt steht, gerecht werden; Migranten gerecht werden – solches duldet keine Pauschalierungen und Vorurteile u.a. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Wer den Menschen gerecht werden will, die oder der hat oft durch eine enge Tür beziehungsweise über einen schmalen Grat zu gehen. Bereits Psalm 118 greift den Gedanken im Gebet auf: „Dies ist das Tor zum Herrn, Gerechte dürfen hineingehen“ (Psl 118,20).
Jesus war einer, der den Menschen gerecht wurde. Wie sehr wird ersichtlich, wenn wir das Umfeld unserer Evangeliumsstelle genauer betrachten. Da gibt es zwei Heilungen an einem Sabbat. Jesus heilt zuvor in einer Synagoge eine gekrümmte Frau. Er heilte sie aus eigner Initiative, ohne dass sie ihn gebeten hätte. Ihr sagend: Sei von deinem Leiden erlöst. (Vgl. Lk 13,10-17). Bald nach dem gehörten Evangelium ist Jesus bei einem Pharisäer zu Gast und heilt einen Mann, der an Wassersucht litt. Auch an einem Sabbat.
Der heile Mensch ist ihm wichtiger als das Gebot der Sabbatruhe. Einem Menschen gerecht werden, kann bedeuten religiöse Regeln, Gebote oder Verbote in einem konkreten Fall auszusetzen.
Auf dem Weg kommen einige Pharisäer zu Jesus und warnen ihn vor Herodes. Sie sagen, Herodes will ihn – Jesus – töten (Vgl. Lk 13,31). Jesus lässt sich nicht abbringen. Er geht entschlossen weiter und bezeichnet Herodes so nebenbei als Fuchs. Er macht keine Anstalten sich den Drohungen zu beugen. Es könnte auch sein, dass die Botschaft an Jesus für die Pharisäer ein Vorwand war, ihn von seiner Verkündigungstätigkeit abzubringen.
Jesus lässt sich auf seinem Weg weder einschüchtern noch sitzt er fadenscheinigen Argumenten auf. Wer Menschen gerecht werden will, kann nicht nur das tun, was andere wollen oder wünschen. Jesus verkündet und lebt Reich Gottes. Das heißt, Jesus lässt Gott Herr sein. Er denkt und handelt von Gott her. Wie es zu verstehen ist, beschreibt er mit zwei Gleichnissen: „Wem ist das Reich Gottes ähnlich? Es ist wie ein Senfkorn, das … ein Mann säte; es wuchs und wurde zu einem Baum und die Vögel kamen und nisteten in seinen Zweigen“ (Vgl. Lk 13,18-21). Als zweites vergleicht er das Reich Gottes mit einem Sauerteig, der alles durchsäuert (Vgl. Lk 13,20f).
Den Menschen gerecht werden ist eine Arbeit im Kleinen, oft im Verborgenen, im Unscheinbaren. Es verfehlt allerdings nicht die Wirkung. Aus den Samen – aus den Erfahrungen von Menschen, dass man ihnen gerecht werden will und wurde – werden Bäume. Es macht Menschen groß. Es stärkt und ermutigt sie. Es sind Menschen, die weiter „Früchte“ tragen und „Schatten werfen“. Das zweite Gleichnis: Ein wenig Sauerteig durchsäuert das ganze Mehl, damit Brot gebacken werden kann und Menschen satt werden.
Auf diesem Weg der Verkündigung begegnet Jesus der Frage: „Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?“ Es folgt die Antwort Jesu mit dem engen Tor. „Bemüht euch mit allen Kräften durch die enge Tür zu gelangen.“ Es mag auf den ersten Blick wie eine Drohung wirken, die Antwort Jesu ist allerdings noch radikaler. Er wirft jenen vor, die in Anspruch nehmen ihn zu kennen und ihn auf ihren Straßen gehört zu haben: „Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!“ Jesus kann mit der Frage nichts anfangen. Er hält sie für völlig daneben. Anderes formuliert: Es muss und soll euch nicht die Frage beschäftigen, wie viele und wer wird gerettet, sondern geht tunlichst der Frage nach: Wie werde ich den Menschen gerecht? Wie werden wir Menschen gerecht? Es ist das enge Tor, das uns – eine Gesellschaft, ein Volk – ins Reich Gottes führt.
Den Menschen gerecht werden: Jemand nähert sich dieser Aufgabe, je mehr er oder sie um die Geschichte, die gegenwärtige Situation, die Verletzungen, Enttäuschungen, Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Menschen weiß. Es braucht Zeit, ein Hinhören in Geduld u.a.m. Zu Jesus als Gerechter zählt, dass er keinen als Menschen verurteilt hat, allerdings mit Haltungen scharf ins Gericht gehen konnte.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Den Menschen ein Gerechter sein 1.Lesung: Jes 66,18-21| 2.Lesung: Hebr 12,5-7.11-13| Evangelium: Lk 13,22-30”
Wie kann ich Menschen begegne?
Durch regelmäßige Meditation lerne ich mehr in der Gegenwart zu sein. Das heißt auch, ich kann Gott begegnen, mir selber und anderen Menschen. Begegnung
bedeutet, dass ich Gott, mir selber und anderen Menschen mehr zuhöre. Ich zeige dadurch mehr Gottesliebe, Selbstliebe und Nächstenliebe. Ich werde dadurch Gott, mir selber und anderen Menschen mehr gerecht.
Gesegnete Grüße