Der Heilige Geist der Veränderung 1. Lesung: Den 26,4-10 | 2. Lesung: Rom 10,8-13| Evangelium: Lk 4,1-13
In den Versuchungen wird deutlich, was wir von Jesus erwarten können und was nicht, bzw. welchen Weg er für sein Lebensausrichtung wählt? Es sind drei Grundversuchungen, gegen die er sich entscheidet. Dazu etwas später.
Zunächst heißt es, dass er erfüllt vom Heiligen Geist den Jordan verlässt und vom Geist in die Wüste geführt wird. Es ist der Geist, der ihn in die Wüste führt. Es ist eine herausfordernde Situation, in der es um wichtige und gewichtige Entscheidungen geht. Diese Klärung erfolgt in der Wüste, ein Ort der Kargheit und Entbehrung, auch Bild für eine Zeit des Suchens und der Neuorientierung.
Die gegenwärtige Kirche mit dem Aufdecken von Gewalt und Missbrauch erlebt wohl auch eine Zeit der Wüste. Mit dem heutigen Evangelium dürfen wir sagen, es ist der Geist, der Heilige Geist, der sie führt, um sich neu zu orientieren, um wichtige und gewichtige Entscheidungen zu treffen, um neu Werkzeug des Evangeliums sein zu können. Vermutlich sind viele unter uns – und noch mehr um uns -, die große Mühe haben, sich mit dieser Kirche zu identifizieren, sich weiter zu ihr zu bekennen. Zu bedenken ist dabei, nicht die Kirche ist das Ziel, sondern die Verkündigung des Evangeliums. Die Kirche kann nur in diesem Dienst des Evangeliums bleiben, wenn sie sich immer wieder gegen Versuchungen entscheidet.
Es ist der Heilige Geist, der die Kirche durch Turbulenzen hindurch ins Leben führt und ihr im Moment manche Dinge nimmt, die nicht mehr tragen. Es geht um Neuorientierung. Diese gegenwärtigen Vorgänge erschließen uns einen Zugang zu dem, was mit den Versuchungen bei Jesus gemeint ist und in welche Kämpfe und Entscheidungen er damals hinein gestellt war. Die Vorgänge mögen schmerzlich sein und zugleich möge uns auch Dankbarkeit erfüllen, weil es vor allem Werk des Heiligen Geistes ist und schon gar nicht das Werk böser Journalisten oder Menschen, der der Kirche Böses wollen.
Für das Verständnis der Versuchungen mag noch wichtig sein, dass das Wort für den Teufel im Griechischen „Diabolos“ ist, jener Geist, der verwirrt und ein Durcheinander schafft. Spannend ist ebenso, dass dieser „Diabolos“ – zumindest teilweise – mit der Schrift argumentiert. Es geht also auch um die Deutung der Schrift. Der „Diabolos“ missbraucht die Schrift, bzw. die Bibel für seine Zwecke.
Nach vierzig Tagen in der Wüste bekommt Jesus Hunger. Es die erste Versuchung: Wenn du Sohn Gottes bist, so befiehl diesen Steinen Brot zu werden. Wenn du Sohn Gottes bist, musst du doch nicht hungern. Du musst dir das nicht gefallen lassen. Wenn du Sohn Gottes bist, dann kannst Du die Spielregeln bestimmen, dann stehen dir Sonderrechte zu, dann brauchst du dir den Hunger nicht antun, dann muss dir doch alles zu Diensten sein, sogar die Steine, d.h. die Natur.
Jesus hält entgegen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Matthäus fügt in seinem Evangelium dazu: „sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4). Jesus entscheidet sich dagegen, seine Stellung für sich auszunutzen, sie für den eigenen Vorteil zu verwenden. Er entscheidet sich dafür, Hunger auszuhalten, d.h. mit offenen Fragen und Wünschen, mit unerfüllten Erwartungen und Sehnsüchten den Weg zu gehen.
Wir leben nicht nur vom Brot allein. Wir leben noch mehr vom Vertrauen, von der Hoffnung, von der Liebe, von der Mitmenschlichkeit. Matthäus fügt hinzu: … von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt (Mt 4,4). Die Schrift erschließt uns tragfähige Verheißungen und den Geist eines Miteinanders, das uns gut leben hilft und lässt.
In der zweiten Versuchung werden Jesus vom „Diabolos“ die Reiche der Erde und ihre Herrlichkeit gezeigt. Wenn er – Jesus – sich vor ihm niederwirft, werden ihm diese Reiche gegeben. Die Antwort Jesu darauf: Allein vor Gott sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Jesus wären alle Möglichkeiten offen gestanden – als Versuchung – sich ein Reich aus vielen Ländern und Völkern zu schaffen. Als „Diabolus“, als Spalter und Populist hätten sich ihm in diese Richtung große Chancen geboten. Sich vor Gott niederwerfen und ihm dienen lässt ein Spalten nicht zu. Da ist auch nicht Ziel, Macht über Menschen zu gewinnen, bzw. mit dieser Macht zu spielen. Gott dienen bedeutet vielmehr: Menschen zu segnen, ihnen zum Segen zu sein, ihnen die Zuwendung Gottes und seine Liebe zukommen zu lassen, für ihr Recht und für Gerechtigkeit zu sorgen… Es ist nicht die Unterwerfung von Menschen, sondern ihr Name soll groß geschrieben werden, besonders der Name der Erniedrigten, der Armen und Gedemütigten.
So kann es auch gegenwärtig nicht um den Schutz der Täter oder um den Erhalt von Privilegien einer Institution gehen, sondern die Würde der Opfer ist zu heben und ihre Rehabilitierung, soweit und so gut das möglich ist.
Schließlich folgt die dritte Versuchung: Der „Diabolus“ stellt Jesus auf die Zinne des Tempels. Von hoch oben sollte er hinabspringen. Engel werden ihn behüten und sein Fuß wird an keinen Stein stoßen, so verheißt er. Themen der Versuchung sind: Anerkennung durch Spektakel und Sensationellem zu erhaschen, Gefahren nicht wirklich ernst zu nehmen, sich zu immunisieren gegen jede Verletzlichkeit, unantastbar und unhinterfragbar zu bleiben, bzw. auch Wunder für die eigenen Ziele und Zwecke zu gebrauchen. Bei der Passion wird es zugespitzt: Am Kreuz erlebt Jesus den Spott: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst?! (Lk 23,37). Jesus stellt sich gegen ein narzisstisches Messiasdenken, seine Möglichkeiten für sich und seine Karriere zu nutzen. Er teilt das Leben der Menschen, die Verletzlichkeit, die anfallenden Herausforderungen und den täglichen Kampf ums Überleben.
Die Antwort Jesu, die er aus der Schrift nimmt, lautet: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Wunder zum Zweck des Prestiges und der eigenen Karriere lehnt er ab.
Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt. Er ging in sich und focht zunächst einen Kampf mit sich selbst aus, rang mit den Versuchungen und dann trat er auf. Wir können nur bitten, dass der Heilige Geist wirklich wirkt und die Kirche bzw. uns in der Spur des Evangeliums gehen hilft.
Ein Kommentar zu “Der Heilige Geist der Veränderung 1. Lesung: Den 26,4-10 | 2. Lesung: Rom 10,8-13| Evangelium: Lk 4,1-13”
Lieber Erich,
immer wieder schön, von deinen Impulsen inspiriert zu werden!
DANKE!!
Christian