Der Hirte ein „Sozialarbeiter“ Adventliche Gedanken
Wenn Sie sich mit besinnlicher Musik auf das Lesen der Gedanken einstimmen möchten:
Das Bild des Hirten ist ein wichtiges biblisches und kirchliches Motiv, das uns in der Advents- und Weihnachtszeit begegnet. Was wir mit dem Bild des Hirten verbinden dürfen, wollen kurze Beiträge erschließen.
Das Mama- und Papasein ist mehr als nur ein Kind zu haben. Das Stillen, Wickeln, Trösten, Ansprechen, Lachen und viel Zeit haben steht am Anfang. Immer neue Aufgaben kommen hinzu, wenn die Kinder größer werden, krank sind, den Kindergarten oder die Schule besuchen, bis sie dann schließlich Flügge sind.
Es sind unzählige Berufe, die eine Mama oder ein Papa ausüben: Managerin, Lehrer, Erzieherin, Tröster, Arbeiterin, Koch, Ärztin, Pfleger…
Ähnlich vielfältig ist das Hirtesein. Der Hirte führt die Tiere nicht nur zu den Weideplätzen und Wasserquellen. Als Hirte hat er dafür zu sorgen, dass sich keines verirrt oder verloren geht. Verletzte verbindet er. Vielleicht muss er sogar ein Schwaches einmal ein Stück tragen. Manche bedürfen eines besonderen Schutzes, etwa die Mutterschafe oder Lämmer. Ein guter Hirte versteht es die starken Tiere sogar noch weiter zu stärken (Jes 40,11). Das Hirtesein ist kein Beherrschen der Herde, sondern vor allem ein sozialarbeiterischer Dienst an den Anvertrauten.
Es sind die Propheten, die die politischen und religiösen „Hirten“ an diese vielfältigen, sozialarbeiterischen Aufgaben erinnern und sie einmahnen. Ezechiel richtet seine Worte an „selbsternannte Hirten“, die ihre Aufgabe missverstanden haben.
Er lädt die Menschen ein, sich in dieser Situation an Gott selbst zu wenden und sich an ihm zu orientieren:
Ich, ich selber werde meine Schafe weiden und ich, ich selber werde sie ruhen lassen – Spruch GOTTES, des Herrn. Das Verlorene werde ich suchen, das Vertriebene werde ich zurückbringen, das Verletzte werde ich verbinden, das Kranke werde ich kräftigen. Doch das Fette und Starke werde ich vertilgen. Ich werde es weiden durch Rechtsentscheid. Ihr aber, meine Herde – so spricht GOTT, der Herr – , siehe, ich sorge für Recht zwischen Schaf und Schaf (Ez 34,15-17a).
Wenn Sie die Gedanken mit besinnlicher Musik nachklingen lassen möchten:
Wir bedanken uns herzlich bei Marion Abbrederis (Violine) und Julia Rüf (Orgel), die uns die Aufnahmen aus der Pfarrkirche St. Christoph in Dornbirn Rohrbach zur Verfügung gestellt haben. Am Beginn hören Sie die Sérénité 1 von Josef Bloch und am Ende eine Romanze von Carl Maria von Weber.
5 Kommentare zu “Der Hirte ein „Sozialarbeiter“ Adventliche Gedanken”
Lieber Erich! Danke für deine Gedanken,sie sind hilfreich und eröffnen manchmal eine neue Sichtweise! Im Text: der Hirte ein „Sozialarbeiter „ sagst du , ein guter Hirte versteht es die starken Tiere noch weiter zu stärken! Im Bibeltext steht das Gegenteil- ja sogar zu vertilgen. Wie ist dies zu verstehen? Danke und liebe Grüße Maria
Es freut mich, meinen poetischen Kommentar zum Thema der heutigen (guten!) Predigt einzufügen. Mehr davon ist über den angegebenen Link. Mit guten Gedanken für einen schönen 2. Adventsonntag und einen fruchtbaren Nikolaustag, voller Güte und Zuwendung. Danke!
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hüten
in zaunloser weite
wie ausgesetzt aber nicht
rastlos im horizont der
schöpfung boden gewinnen
schreitend im takt zeitloser
unrast wie wankend aber
nicht ruhelos im lichtkreis des stabes
seelen nähren
und bergen. und schützen. und sorgen.
neugeborenes im unterholz, verstecktes
retten und heilen, vielleicht und
mit licht. immer aber gefährlich
entschieden und einfach sein
den träumen ein auge
den leiden ein herz
den mächten ein widerfahrnis
widerstehen. und hüten
das offene geheimnis
©_wlb (26072011)
https://walter-buder.at/hueten/
an Maria:
In der alten Übersetzung heißt es: die fetten und starken behüten.
Nun auch meine Frage an Erich:
War das ein Übersetzungsfehler? Mir ist es auch wie Maria ergangen, dass ich das nicht verstehe.
Eine Antwort auf die Frage von Maria Einetter zu Ez 34,16: die starken Tiere “stärken” (ehemalige Einheitsübersetzung) oder zu “vertilgen” (Einheitsübersetzung 2016)?
Ja, da hat die neue EÜ konsequent den Hebräischen Masoretentext übersetzt. Die frühere EÜ hat hier die Variante der Septuaginta gewählt – die ja auch verständlicher ist.
Es ist also im griechischen Text mit einer Verwechslung oder bewussten Interpretation des hebräischen Textes zu rechnen. Es geht dabei um die Verben:
“shamar” = bewachen vgl. griechischer Text und alte EÜ und “shamad” = vertilgen / vernichten vgl. hebräischer Text neue EÜ
Dr. Christiane Koch würde diese Umdeutung im Kontext von Vers 4 sehen – hier steht “Stärke” im negativen Kontext von Gewalt. Diese Art der “Stärke” wird Gott vernichten.
Erich Baldauf
Liebe Gertrud Geser, man kann nicht sagen, dass es ein grundsätzlicher Übersetzungsfehler war, sondern hat mit zwei Traditionen zu tun. Das Erste Testament wurde zunächst in der hebräischen Sprache geschrieben. Um 250 v. Chr. begann man im Judentum – vor allem in Alexandrien (Ägypten) – diesen Text ins Altgriechische zu übersetzen. Diese Übersetzung hatte es mit “stärken” übersetzt. Nun sind die Exegeten, die die neue Übersetzung verantworten, zur Überzeugung gekommen, dass der hebräische Text die ursprüngliche Absicht besser trifft. Das Starke, das sich ungehemmt ausbreitet und das Schwache erdrückt, wird von Gott vertilgt. So würde ich es jetzt deuten.