Der höchste Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat 1.Lesung: Jer 31,7-9| 2.Lesung: Hebr 5,1-6 Evangelium: Mk 10,46b-52
Papst Franziskus war vor wenigen Wochen auf einer Reise in den Asien-Pazifik-Raum. Mit Indonesien besuchte er das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt. In der indonesischen Hauptstadt Jakarta haben Papst Franziskus und der Großimam der größten Moschee Asiens eine Erklärung zur gemeinsamen Sorge für Frieden und Schöpfung von Christen und Muslimen unterzeichnet. Beide Religionsführer riefen dazu auf, „den Einklang der Religionen zum Wohl der Menschheit zu stärken“. Wieder einmal sorgte der Papst mit einer Aussage am Rande für Aufsehen. Er hat die verschiedenen Religionen mit Sprachen verglichen und meinte, dass alle Religionen ein Weg zu Gott seien.
Kann man vor dem biblischen Hintergrund so eine Aussage treffen? Der Text der heutigen zweiten Lesung bietet dazu eine gute Grundlage. Erwähnung findet ein Mann namens Melchisedek. Dieser Name wird in drei Büchern der Bibel genannt: im Buch Mose, in den Psalmen und im Hebräerbrief. Er bedeutet: Mein Gott ist Gerechtigkeit – König der Gerechtigkeit.
Abram und Lot mussten sich trennen, da das Leben im Familienverband mühsam wurde und die Hirten wegen der Weideflächen in Streit gerieten. Abram ließ Lot auswählen, wo er sich niederlassen wollte. Dieser entschied sich für die fruchtbare Jordangegend. Abram blieb die weniger ertragreiche Gegend Kanaans. Er bekam von Gott den Auftrag, sein Land zu durchwandern, also Land und Menschen kennenzulernen. „Mach dich auf, zieh durch das Land in seiner ganzen Ausdehnung…. Er ließ sich bei den Eichen von Mamre nieder, in der Nähe von Hebron. Dort baute er für den Herrn einen Altar (Gen 13, 17-18)“. Obwohl Abram das Land von Gott bekam, machte er sich das Land nicht sofort untertan, sondern siedelte sich als Fremder bei Mamre an. Mamre bedeutet: Betrübnis, Verdruss, Bitterkeit. Gerade darum oder trotzdem baute Abram dem Herrn als erstes einen Altar. Wie sich Lot im Jordantal verhalten hat, erfahren wir nicht. Jedenfalls konnte er nicht wie Abram im Land friedvoll leben. Es kam Krieg.
Lot war offensichtlich auf sich allein gestellt, während Abram in seiner neuen Heimat bereits Bundesgenossen gewinnen konnte, die ihm nun bei der Befreiung seines Neffen behilflich waren. Bemerkenswert ist, dass Abram die Gegner schlug und vertrieb. Er wendete also Gewalt an, allerdings nur im notwendigen Maß, um Lot, seine Familie und das Hab und Gut zu befreien. „Da zog ihm der König von Sodom entgegen … Auch Melchisedek, der König von Salem, kam dorthin und brachte Brot und Wein. Er war Priester des Höchsten Gottes. Er segnete Abram und sagte: ‚Gesegnet sei Abram vom Höchsten Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat! Gepriesen sei der Höchste Gott, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat!‘ Da gab Abram dem Melchisedek den Zehnten der ganzen Beute. Der König von Sodom sagte zu Abram: ‚Gib mir meine Leute, die Beute kannst du behalten!‘ Da antwortete Abram dem König von Sodom: ‚Ich erhebe meine Hand zum Herrn, dem Höchsten Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat. Ich werde nichts behalten, was dir gehört – nicht einmal einen Faden oder Schuhriemen! Du sollst nicht behaupten können: ‚Ich habe Abram reich gemacht!‘ Für mich selbst will ich nichts, abgesehen von dem, was meine Leute verzehrt haben“ (Gen 14, 16-24).
Nun kann man die Frage stellen, waren Melchisedek und Abram Synkretisten (bewusste Vereinigunger von Religionen). Vermischen sie ihre beiden Religionen und ihr Gottesbild – frei nach dem Tiroler Ausspruch: „s‘isch lei oans“?
Salem bedeutet heil, friedsam. Aus Salem wurde später Jerusalem: Erbteil des Friedens. Warum beruft sich der Verfasser des Hebräerbriefes bei der Beschreibung der unvergleichbaren Priesterwürde von Jesus auf diesen Melchisedek?
Der Hebräerbrief unterscheidet zwischen zwei Formen des Priestertums. Einerseits die ewigen Priester nach der Ordnung des Melchisedek, die an ihren Haltungen erkennbar sind. Andererseits die Priester aus dem Stamm Levi. In Anbetracht der gerade stattfindenden Synode ist diese Unterscheidung beachtlich. Melchisedek wird als „vaterlos, mutterlos und ohne Stammbaum“ (Hebr 7,3) beschrieben. Der Verfasser des Hebräerbriefes stellt eine fast ketzerische Frage: „Nehmen wir an, die Vollendung wäre bereits erreicht durch die Priester, die Nachkommen von Levi sind. Auf dieser Grundlage beruht ja das Gesetz, das das Volk erhalten hat. Wozu wäre es dann noch nötig, einen anderen Priester einzusetzen – einen, wie Melchisedek es war? Man hätte doch einen Priester nach der Art Aarons benennen können“ (Hebr 7, 11).
Es gibt also zwei Formen von Priestern – jene von Amts wegen und jene auf Grund der Haltung. Jesus ist laut Hebräerbrief nicht auf Grund des Gesetzes Priester geworden, sondern „er ist es vielmehr deshalb geworden, weil er die Kraft des unzerstörbaren Lebens hat“ (Hebr 7,16).
Wie wir im heutigen Evangelium gehört haben, zieht Jesus heilend durch das Land, geht auf ausgegrenzte Menschen zu, stellt sich dem Fremden. Priester nach der Ordnung des Melchisedek zu sein, bedeutet auf Menschen zuzugehen – auch auf ehemalige Kriegsgegner – sowie Brot und Wein zu reichen und die Menschen für eine bessere Zukunft zu segnen. Solche Menschen können aus allen Religionen abstammen, als Vater- und Mutterlose von den Rändern der Gesellschaft kommen. Die beiden Religionsführer haben in Jakarta aufgerufen: „den Einklang der Religionen zum Wohl der Menschheit zu stärken“. Zu den wirklich wesentlichen Dingen kann jeder Mensch beitragen: Gerechtigkeit schaffen und Frieden leben. Alle Gläubigen der abrahamitischen Religionen beten den einen Gott der Gerechtigkeit und des Friedens an.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jeremía anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Der höchste Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat 1.Lesung: Jer 31,7-9| 2.Lesung: Hebr 5,1-6 Evangelium: Mk 10,46b-52”
Wer steht über dem Gesamten????
Wenn ich bei mir anfange, erkenne ich, dass verschiedene Anteile in mir sein dürfen. Ob der männliche, der weibliche, der kindliche oder der göttliche Anteil, alle angemessenen Teile haben die Berechtigung in mir zu wirken. Ich denke so entsteht innerer Frieden in mir. Mit dieser Einstellung darf ich anderen Menschen begegnen.
Wenn politische Parteien, Religionen und Staaten mit der Einstellung des Miteinander sein und nicht des Gegeneinander sein, sich begegnen und Gottes Gerechtigkeit da sein darf, ist der Weltfrieden gesichert.
Jeder hat die Freiheit so zu sein, wie er entscheidet, natürlich mit der Verantwortung für sein Tun.
Gesegnete Grüße