Der Treue-Bund 1. Lesung: Jer 31,31-34 | 2. Lesung: Hebr 5,7-9 | Evangelium: Joh 12,20-33
Zunächst wende ich mich dem Gedanken des „Neuen Bundes“ aus der ersten Lesung zu und dann einigen Versen des Evangeliums.
Dem Gedanken des Bundes begegnen wir im I. Testament immer wieder. Gleich am Beginn schließt Gott mit Noah einen Bund. Der Regenbogen ist das Zeichen dafür. Nie mehr soll eine Flut kommen, die das Leben zerstört. Übrigens bedeutet der Name Noah: „Ruhe, Stille“. Ein Mensch, der aus der Ruhe lebt, bzw. der in die Stille Gottes hinein hört, ist befähigt die rettende Arche zu bauen – auch heute.
Im Weiteren schließt Gott mit Abraham einen Bund, Zeichen dafür ist die Beschneidung. Es gibt den Bund am Sinai mit den Geboten, wobei der erste Satz so wichtig ist: „Ich, Gott, der Herr, habe dich aus Ägypten, aus dem Sklavenhaus herausgeführt.“ Es folgen die Gebote. Noch öfters ist von Bünden die Rede. Beim Gedanken des Bundes dürfen wir an eine Hochzeit denken. Wie zwei Menschen Hochzeit feiern und sich an- und miteinander freuen, so ist jeweils der Bundesschluss eine Hochzeit, die Freude an- und miteinander, die Freude Gottes am Menschen und umgekehrt und die tiefe Sehnsucht einander treu zu sein.
Schließlich redet Jeremia, nachdem das Volk Gottes immer wieder den Bund gebrochen hatte, vom „Neuen Bund“. Beim letzten Abendmahl greift Jesus auf diesen Neuen Bund zurück. Es handelt sich inhaltlich um eine Zusage, um eine neue Verheißung, die lautet: „…ich lege meine Weisung in ihr Inneres und auf ihr Herz schreibe ich sie; … nicht mehr wird Einer den Anderen belehren …, sondern sie alle werden mich kennen …, denn ich vergebe ihren Frevel, und ihrer Sünde gedenke ich nicht mehr.“ Dieses einmalige Versprechen Gottes zeigt, wie er sich, trotz der menschlichen Verfehlungen und Untreue, über das Bisherige hinaus noch mehr schenkt. Er ist versöhnlich, reparierend, vorsorgend, sich innerlich jedem mitteilend. Eine in der Tragweite noch kaum erfasste Folge dieses „Neuen Bundes“ ist, dass es keiner religiösen Belehrung mehr bedarf, sondern Alle, jede und jeder, innig und persönlich mit Gott verbunden sind und völlig mit seinem Wollen und seiner Ausrichtung übereinstimmen.
Es gilt den Inhalt dieses „Neuen Bundes“ etwas vertieft wirken zu lassen, bzw. mit anderen Worten formuliert: Es braucht nicht dieses Gotteshaus; es bedarf nicht meiner Worte (Predigt), noch sonstiger Impulse von außen; Gott selber ist längst in Ihnen (Dir) lebendig, liebt und führt Sie (Dich), weit besser als dies jemand Anderer oder Andere tun kann. Und das gilt jedem Menschen: Der „NEUE BUND“.
In jeder Messfeier werden wir daran erinnert. Der Gedanke des „Neuen Bundes“ darf uns Mut machen für eine kommende Zeit der Veränderung und des Wandels in der Kirche, bei der wir mehr oder weniger ohne das Priesteramt – zumindest in der bisherigen Form – das Auslangen finden müssen. Gott selbst bleibt in jedem Menschen lebendig.
Nun zum Johannesevangelium: Der gehörte Ausschnitt hat sich an den feierlichen Einzug Jesu nach Jerusalem angeschlossen. Die Situation ist zugespitzt. Es ist zunächst einmal bemerkenswert, dass es Griechen – Heiden – sind, die Jesus sehen wollen. Es bestätigt den vorhergehenden Gedanken: Gott ist auch in den Heiden lebendig. Ein Christ kann keinem Menschen anders begegnen als mit der Haltung: In Dir ist Gott lebendig.
Ein anderer Vers: „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird.“ Jesus erleidet das Martyrium, wird gefoltert, gegeißelt, der Kleider und jeder menschlichen Würde beraubt. Es ist die Verherrlichung des Menschensohnes. Als Johannes sein Evangelium schreibt, teilen viele seiner Gemeinde dieses Schicksal Jesu: das Martyrium. In den Augen Gottes, mit den Augen des Glaubens gesehen, werden sie verherrlicht. Es haftet keine Schande an ihnen, sondern Gott schützt ihre Würde. Sie sind Verherrlichte und verdienen auch unsere Ehre – bzw. Verehrung.
Aus dem Mund Jesu stammt das Wort: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ In diesem Vers deutet Jesus sein bevorstehendes Schicksal. Bei Johannes ist Christologie immer auch Anthropologie, d.h. die Lehre über Christus ist zugleich die Lehre über den Menschen. Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein“: Ein Vergleich mag helfen, um den Sinn verstehen zu können? Wenn ich eine Partnerschaft – Ehe – eingehe, wird es auch notwendig sein, dass zumindest ein Teil meines „Ich“ stirbt, damit das Gemeinsame gelingt, damit etwas Gemeinsames fruchtbar wird, bzw. wenn von diesem „Ich“ nichts stirbt, werde ich allein bleiben.
Es berührt alle Lebensbereiche – ob Familie, Freundeskreis, Verein, Kirche oder auch die Arbeit -, wenn ich nichts in sie hineinsterben lasse, werde ich allein, bzw. fruchtlos bleiben. Es gibt dem Leben einen schalen, freudlosen Geschmack.
Gedanken zu einem letzten Vers: „Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren.“ Es ist naheliegend, dass wir damit verbinden: Wer Jesus dient, wird vom Vater – im Himmel – geehrt. Jesus nachfolgen und Jesus dienen kann Menschen in große Schwierigkeiten bringen, kann bis zum Martyrium führen. Erwartet keine Ehre von Menschen, ja erwartet sie auch nicht von Christus oder Mitchristen, sie gründet im Vater selbst. Er ist es, der euch Ehre – inneren Frieden oder Freude – schenkt. „Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren.“ – Auch hier gilt: Christologie ist zugleich Anthropologie. Wenn einer mir dient, da ist die Frage erlaubt: Wer ist da mit „einer“ oder „mir“ gemeint? Wir dürfen es auch so lesen: Wenn jemand mir dient, wird der Vater ihn ehren. Es ist ein Gedanke, den z.B. Kranke oder Pflegebedürftige bedenken dürfen. Wenn ich als kranker Mensch gepflegt werde, werden sie auch von Gott beschenkt, erweist er einem solchen Menschen Ehre.
Natürlich sollen Dienste oder Pflege bezahlt werden – und zwar menschenwürdig. Doch wäre es auf der anderen Seite wieder völlig daneben, wenn ich mir den Stress mache und alles bezahlen oder ausgleichen wollte. Es soll vor allem nicht den Gedanken verdecken, dass durch einen Dienst Gott zu einem Menschen kommt und ihn ehrt. Die Haltung, ja kein Pflegfall sein und niemanden zur Last fallen wollen, ist dem Christlichen völlig entgegen. Durch die dankbare Annahme der Pflege oder eines Dienstes kommt Gott in die Mitte von Menschen und erweist seine Ehre. Es wäre oder ist kalt in einer Gesellschaft, wenn sie keine Kranken haben dürfte. Eine Oma erzählte, als wir diese Bibelstelle besprochen hatten, wie sehr ihrer Enkelin – eine Krankenschwester – der Pflegeberuf Freude und Erfüllung bereite. Da zeigt sich doch auch zutiefst dieser Ehrerweis Gottes.
Ein Kommentar zu “Der Treue-Bund 1. Lesung: Jer 31,31-34 | 2. Lesung: Hebr 5,7-9 | Evangelium: Joh 12,20-33”
Ich muss gestehen, ich habe Probleme mit der Bezeichnung alter und neuer Bund. Gott hat seine ersten Bünde mit dem Volk Israel geschlossen. Die Bünde verfestigten sich im Laufe der Geschichte in der Art und Weise, dass Gott an einer immer intensiveren Bindung mit seinem Volk interessiert ist. Den neuen Bund kann ich nicht im Licht von alt und neu sehen. Gott will sich in dieser Beziehung zum Menschen nochmals ins Spiel bringen. Im Sinne eines erneuerten (neuerlichen, erweiterten) Bundes. Die qualitative Steigerung liegt für mich darin, dass es nun nicht mehr ausschließlich ein Bund mit dem gesamten Volk ist, sondern die Individualität der einzelnen Beziehung zwischen Gott und Mensch an Stellenwert gewinnt. Der „Regenbogen“ als Bundeszeichen kann aus dem Hebräischen auch als „Kriegsbogen“ übersetzt werden. Der ewige Friedensschluss Gottes mit dem Menschen gilt „im neuen Bund“ nicht mehr „nur“ dem gesamten Volk. Die Liebeszusage des Friedens gilt nun auch jedem einzelnen Menschen.