Es wird anders aber gut 1. Lesung: Gen 1,1-2,2| 2. Lesung: Gen 22,1-18| 3. Lesung: Ex 14,15-15,1| 4. Lesung: Jes 54,5-14| 5. Lesung: Jes 55,1-11| 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4| 7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28| Epistel: Rom 6,3-11|Evangelium: Mt 28,1-10
Ostern passiert heute. Ostern lässt uns heute erschrecken. Ostern müssen wir vielleicht erst lernen zu verstehen, wie damals die Menschen vor ca. 2000 Jahren.
Es beginnt mit dem Mahl und den Ereignissen im Ölgarten. Es folgen Gefangennahme, Verhör, Folter und der Tod am Kreuz. Ostern hat eine Vorgeschichte. Es hatte religiöse, gesellschaftliche und politische Gründe, warum Jesus beiseite geschafft wurde. Ohne dieses Davor können wir unmöglich Ostern verstehen. Aber erst Ostern macht es sinnvoll, dass wir das Davor mit dem Tod am Kreuz bedenken. Wäre mit dem Tod alles vorbei gewesen, müssten wir den Karfreitag nicht begehen. Diese drei Tage hängen zusammen und sie gilt es miteinander zu verstehen und zu deuten.
Die ersten Auferstehungsberichte in den Evangelien haben gemeinsam, dass die Menschen zunächst äußerst irritiert, wenn nicht sogar erschüttert sind. Matthäus schreibt von einem gewaltigen Erdbeben. Menschen erzittern aus Angst, so die Wächter. Menschen packt Furcht und sie fliehen. Es spiegeln sich Erfahrungen unseres Lebens. Es ist ein Erdbeben, wenn plötzlich, ganz unerwartet jemand aus der Familie stirbt, wenn Krebs oder eine schwere, chronische Krankheit diagnostiziert wird, wenn Beziehungen oder Familien durch Zerwürfnisse zerbrechen. Es gleicht einem gigantischen Erdbeben, was dieses kleine Virus COVID-19 auslöst. Es gibt Situationen, die uns erzittern lassen, Furcht einflößen und in Angst versetzen. Ich versuche in all dem österliche Spuren zu entdecken oder zu beschreiben:
Was die Osterberichte ebenso gemeinsam erzählen ist, dass alles gut wird, aber nicht so, wie es einmal war, sondern unvorstellbar, unsere kühnsten Träume überbietend. Es wird gut, aber anders.
Die biblischen Ostererzählungen berichten von keinem raschen Begreifen der Jüngerinnen und Jünger. Sie brauchen Zeit. Das Verstehen wächst allmählich. Ein Gedanke spielt dabei eine zentrale Rolle – er ist in allen Osterberichten zu finden: „Fürchtet euch nicht!“ Bei Matthäus ist es ein Wort, das sowohl vom Engel und vom Auferstandenen kommt.
Sich die Furcht nehmen lassen, der Furcht entgegen treten, das wird zur Tür der österlicher Erfahrungen. Wo Angst geschürt oder Furcht verbreitet wird, gehen wir nicht österlichen Erfahrungen entgegen, im Gegenteil, da lassen wir die Engel und den Auferstandenen verstummen. „Fürchtet euch nicht!“ – einander die Angst und Furcht nehmen, damit beginnt Auferstehung – das neue Leben. Da kann etwas werden, was noch niemand erahnt. Wobei Furcht nehmen in der Bibel mehr ist als ein billig gesprochenes Wort. Es wird von Zusagen und konkreten Maßnahmen begleitet.
Ein weiteres Element der Ostererzählung: Es wird alles gut, aber anders. Ostern sagt nicht, dass das Ursprüngliche wiederkehrt. Auf dieses Neue aufmerksam zu werden und dann auch auf das Neue aufmerksam zu machen, das versuchen die Osterberichte. Sehr tastend und suchend wird dieser Vorgang beschrieben, sehr vorsichtig und ohne überschwängliche Gefühlsausbrüche erzählt. Es ist ein Prozess, der bei den Betroffenen einsetzt und der verbunden ist mit Aspekten, wie: sich auf den Weg machen, mit genau hinsehen, mit dem Erzählen des Erfahrenen, die Situation mit dem Wort Gottes in Verbindung bringen und mit Gebet. Aus all dem wächst der Auferstehungsglaube, wächst die Erkenntnis, dass da Neues wird. Eben: Es wird gut, aber anders.
Die Osterberichte enthalten keine schnelle Antwort auf die Tragik des Karfreitags. Es ist ein Suchen, braucht Verstand und Herz, lebt vom differenzierten Hinsehen, vom Austausch von Erfahrungen, vom gemeinsamen Feiern, vom Brot- und Leben teilen. In diesem Suchen wächst Glaube und Gewissheit: Obwohl Jesus gestorben ist und fehlt, er ist doch da. Er sammelt. Er erfüllt mit Frieden. Er tröstet. Er gibt Kraft und Leben. Er wirkt weiter – heilsam.
Vermutlich erleben wir es bei einem Schicksal ganz ähnlich. Es braucht Zeit, um mit den Ängsten umgehen zu lernen. Es bedarf des Zuspruches, der Ermutigung, des gegenseitigen Erzählens von Erfahrungen, wie es andere in ähnlichen Situationen schafften. In all dem wächst Hoffnung, und: Es wird gut, wenn auch anders. Ostern nimmt dabei den Tod nicht aus.
Ja, es ist gut, dass wir Ostern feiern. Wie bereits erwähnt, Matthäus spricht davon, dass ein gewaltiges Erdbeben die Auferstehung begleitete. Die Corona Pandemie ist ein gewaltiges Erdbeben. Sie erschüttert die Welt. Es braucht Zeit, Verstand, den Austausch von Erfahrungen, ausführliche Diskussionen und was wir von der frühen Kirche lernen können, den Einbezug von Spiritualität und Gebet. Was wir dabei nicht brauchen können ist eine vereinfachende Frömmelei und ein zu schnelles, plattes Gerede über und von Gott. Wir gehen auf etwas Neues zu. Ostern verheißt dabei: Es wird anders, aber gut.
Von den zahlreichen Lesungstexten der Osternacht möchten wir Ihnen zum Nachhören eine Auswahl zur Verfügung stellen:
Wenn Sie den Text der ersten Lesung aus dem Buch Genesis anhören möchten:
Wenn Sie den Text der dritten Lesung aus dem Buch Exodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der fünften Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der siebten Lesung aus dem Buch Ezéchiel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der Epistel aus dem Brief des Apostel Paulus an die Römer anhören möchten:
Wenn Sie den Text des Evangeliums nach Matthäus anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Es wird anders aber gut 1. Lesung: Gen 1,1-2,2| 2. Lesung: Gen 22,1-18| 3. Lesung: Ex 14,15-15,1| 4. Lesung: Jes 54,5-14| 5. Lesung: Jes 55,1-11| 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4| 7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28| Epistel: Rom 6,3-11|Evangelium: Mt 28,1-10”
Lieber Erich! Dies war eine sehr ergreifende Auferstehungsfeier!! Danke! Deine Predigt sind Ermutigung und hoffnungsvoll! Dir frohe und gesegnete Ostertage! Liebe Grüße Maria