Feuer, das in den Herzen brennt 1. Lesung: Jer 38,4-6.7a.8b-10 |2. Lesung: Hebr 12,1-4|Evangelium: Lk 12,49-53
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ Jesus spricht diesen Satz aus, der nur im größeren Zusammenhang verständlich ist. Dies versuche ich im Folgenden zu erläutern.
Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem. Vielleicht haben sie noch den Satz im Ohr, den die Jünger am Beginn des Weges an Jesus richten, nachdem sie in Samarien keine Aufnahme fanden: Sollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel (auf die Samariter) fällt (Lk 9,54)? Die Antwort Jesu ist: Nein. Wir wollen die Feindschaft nicht vertiefen.
Vielmehr sendet er an die von Not und Sorgen gequälten Menschen zweiundsiebzig Jüngerinnen und Jünger aus. Er sendet sie wie Schafe mitten unter die Wölfe (Lk 10,3) mit dem Auftrag, ihnen das Reich Gottes zu verkünden und ihre Kranken zu heilen (Lk 10,9).
Man müsste meinen, dass Jesus mit seinen Überlegungen und mit seinem Programm, der Not entgegen zu wirken, Anklang findet. Doch weit gefehlt. Da erhebt sich ein Gesetzeslehrer und fragt: Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen (Lk 10,25)? Er ist im Glauben ein Bemühter. Er kann von sich sagen, dass er sich schon lange an die Gebote hält. Und doch zeugt die Frage von Unzufriedenheit. Das Leben ist für ihn nicht erfüllend. Jesus lädt ihn ein, von seiner Ich-bezogenen Frage wegzukommen. Über den Weg des barmherzigen Handels soll sich sein Herz öffnen und zugleich sein Leben an Freude und Fülle gewinnen.
Die Frage nach dem ewigen Leben hat allerdings eine weitere Dimension. Es ist die Frage, in die jeder Mensch und jede Generation gestellt ist: Was gibt dem Leben Zukunft? Was müssen wir tun, um Zukunft zu haben? Was ist heute in Zeiten der Klimakrise, der wachsenden Bevölkerung und der beschränkten Ressourcen, des drohenden Hungers u.a. zu tun, um Zukunft zu haben? Ein wichtiges Stichwort ist dabei Barmherzigkeit. Es geht um das Lernen von Mitgefühl, Empathie, Mitleid und Zuwendung gegenüber Menschen, Tieren und der Schöpfung. Mit gelebter Barmherzigkeit gewinnt die Welt. Sie heilt durch gelebte Barmherzigkeit.
Im Evangelium wird dies karikiert von einem Priester und einem Leviten, die vom Tempel herabkommen und, ohne jedes Gefühl für den unter die Räuber gefallenen, vorbeigehen (Lk 10,31f).
Jesus hat die große und vielfältige Not der Menschen vor Augen. Dann kommen Pharisäer und Gesetzeslehrer, die sich Gedanken über das Essen mit reinen, beziehungsweise unreinen Händen machen (Lk 11,38). Den Gesetzeslehrern wirft Jesus vor, dass sie den Menschen mit ihren Regeln und Vorschriften unnötige Lasten aufladen (Lk 11,46).
Das Eintreten für Recht und Gerechtigkeit und für Menschen, deren Lebenschancen durch Nöte beschnitten sind, bewirkt Widerstände und Konflikte. Sie können lebensbedrohlich werden. Es gibt sie auch in unserem Umfeld und in unserer Zeit. Jesus wendet sich an die Ausgesandten mit dem Hinweis: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, danach aber nichts weiter tun können (Lk 12,4).
In diese aufgeladene Atmosphäre und Situation mit den Haltungen der Priester, Leviten, Schriftgelehrten, Pharisäern, Gesetzeslehrern und anderen folgt nun das heutige Evangelium mit den Worten Jesu: Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen (Lk 12,49).
Als Moses berufen wird, begegnet er dem „brennenden Dornbusch“. Er brennt und verbrennt doch nicht. Aus dem Dornbusch ertönt die Stimme: Ich habe das Elend meines Volkes gesehen und die laute Klage über die Antreiber ist an mein Ohr gedrungen (Ex 3,7). Jesus wünscht sich, dass dieses Feuer, dass die Not sieht und den Klageschrei hört, im Volk, bei den Regierenden, der Priesterschaft und in den Menschen brennt.
Jesus ist vom Elend des Volkes zutiefst berührt. Es ist für ihn wie eine „Taufe“, eine Berufung, die ihn in Bedrängnisse, Auseinandersetzungen und Konflikte führt. Dieses Ringen um Recht und Gerechtigkeit für die Menschen in Not und Elend vertragen bei Jesus keine faulen Kompromisse oder Vertröstungen. Es erfordert neue Haltungen mit Konsequenzen, die die Menschen bis in die Familien hinein entzweit. Es sind die Erfahrungen aus dem Umfeld Jesu von damals. Vielleicht würde Jesus uns heute als Kirche und Gemeinde die Worte wiederholen: Wie froh wäre ich, dass das Feuer in eurer Mitte schon brennen würde!
Ein letzter Hinweis: An Pfingsten kam auf jede und jeden im Abendmahlssaal eine Feuerzunge herab. Dieses Feuer – eine kleine Flamme – hat diese Menschen erfüllt und in der Folge viel bewegt.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jeremía anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
2 Kommentare zu “Feuer, das in den Herzen brennt 1. Lesung: Jer 38,4-6.7a.8b-10 |2. Lesung: Hebr 12,1-4|Evangelium: Lk 12,49-53”
Bei den vielseitigen Texten vom Feuer sehe ich das Bild einer brennenden Kerze vor meinen Augen, wo das eine ohne das andere keinen Sinn macht, weder auf einem Altar noch in einem Bunker.
Sowohl Feuer wie Kerze brauchen eine geordnete Struktur, um eine sinnstiftende Einheit zu werden.
Was in beiden Dingen wirksam ist, sehe ich als wechselseitige „HINGABE“ – eine weitere Umschreibung des Begriffs „Barmherzigkeit“.
Könnte es sein, dass die ganze Schöpfung auf diesem Prinzip beruht und nicht wie Darwin meint: „Fressen und Gefressen werden“. Vielleicht ist es vielmehr so, dass sich das sogenannte „Minderwertigere“ lt. Naturgesetz für ein höheres Ziel HINGIBT (Pflanze/Tier zur Ernährung des Menschen); also eine Bewegung von unten nach oben und nicht umgekehrt je nach Macht.
Deshalb wäre auch Jesu Tod nicht ein Mord von Seiten der Stärkeren, sondern eine Umsetzung dieses Prinzips der Hingabe und DAS nachahmenswerte Vorbild für uns Menschen, mit dem Gott selbst aufzeigt und unterstreicht, wie allein seine Schöpfung zur Vollendung kommen kann.
Selbst Dankbarkeit bekäme dadurch eine zusätzliche Zielrichtung.
Möge es uns geschenkt sein, zu so einem hingebenden Licht in seinem Haus und im Dunkel um uns zu werden!
Danke, Erich, für die Erklärung dieser Stelle im Evangelium, die für uns Laien doch ziemlich schwer ist. Aber gerade im Zusammenhang mit einem größeren Ganzen des Evangeliums und Deinen erklärenden Worten kann ich dieser Stelle nun auch näherkommen.
Zum Thema Feuer eine persönliche Erfahrung. Im Gotteslob nach der Nr. 411 “Erde singe” steht ein Satz, der Augustinus zugeschrieben wird: “In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.” Dieser Satz ist schon vor Jahren zu meinem Leitsatz geworden.
Einen gesegneten Feiertag wünscht Dir
Gertrud Geser