Glaubenserfahrung und Handeln verknüpfen 1.Lesung: Jes 50,5-9a| 2.Lesung: Jak 2,14-18| Evangelium: Mk 8,27-35
In der Antwort des Petrus im heutigen Evangelium: „Du bist Christus!“ – also seinem Christus-Bekenntnis – sieht die Kirche neben der Aussage von Jesus bei Matthäus: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Mt 16,18) die Grundlage des Leitungsauftrages an Petrus und des Papstamtes. Markus schrieb das erste Evangelium an eine griechisch sprechende, heidenchristliche Gemeinde. Lukas erweitert später in seinem Evangelium den Horizont der handelnden Personen. Den Schilderungen einer Männerbiografie folgt eine Frauenerzählung.
Während die Evangelien von Mätthaus, Markus und Lukas sehr ähnliche Texte aufweisen, zeichnet sich das Johannesevangelium durch einen hohen Grad an Eigenständigkeit aus. So legt er das Christusbekenntnis nicht in den Mund des Petrus, sondern es spricht Marta, die Schwester des Lazarus. „Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll“ (Joh 11, 25-27).
Marta wird bei Lukas als die emsige, dienstbeflissene Schwester beschrieben, Maria, so könnte man sagen, als die spirituellere. Es scheinen beide Schwestern aus dem Diskurs mit Jesus gelernt zu haben. Marta ist diejenige, die die spirituelle Aussage des Christusbekenntnisses trifft. Einige Kapitel später kommt Jesus nochmals nach Betanien, nachdem bereits über ihn der Todesbeschluss gefällt worden war. Wieder ist Marta die Gastgeberin. Maria sitzt erneut zu Füßen Jesu: „Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihren Haaren“ (Joh 12, 3). Das ist eine leidenschaftliche Geste. Johannes schildert Frauengestalten, die mit Jesus unterwegs waren, sich von ihm unterrichten ließen und versuchten, das Gehörte in Taten oder in eine veränderte Form von Glaubenspraxis umzusetzen. Man könnte ihr Verhalten als gehorsam bezeichnen, auch wenn der Begriff heute etwas aus der Zeit gefallen scheint.
Petrus verhält sich ganz anders. Wie wir heute gehört haben, will er Jesus maßregeln und erfährt eine harsche Zurechtweisung: „Tritt hinter mich, du Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ Mk (16, 32). Ganz anders fiel die Antwort von Jesus bei Marta aus, als sie Jesus bat, Maria doch zu ihrer Unterstützung bei der Hausarbeit zu animieren. Es klingt eher wie ein Stoßseufzer: „Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden“ (Lk 10,41-42).
Wenn man die Erzählungen der unterschiedlichen Evangelien gegenüberstellt, erscheint der Umgang von Jesus mit Petrus und seinen männlichen Jüngern sehr fordernd. Er versucht, sie durch Belehrungen in der Spur zu halten, und wir können lesen, dass das kein einfaches Unterfangen war. Dort wo bei Lukas und Johannes Frauen ins Spiel kommen, erscheint Jesus sanftmütiger. Man bekommt den Eindruck, dass mal hier und mal dort ein kleiner Stupser genügt, um den rechten Pfad einzuhalten.
Warum war den Evangelisten Lukas und Johannes dieses Redigieren der Vorgängertexte wichtig? Warum zeichneten sie eine weichere Seite Jesus im Umgang mit Frauen als mit seinen männlichen Weggefährten? Frauen machen sich nach Gesprächen mit Jesus relativ selbständig auf den Weg, um der Sache Jesu zu dienen. Bei den Männern scheint es mühsamer zu sein und Jesus mehr Kraft zu rauben. Bei Johannes ist Maria von Magdala die erste Osterbotin und erhält den Verkündigungsauftrag an die Jünger (Joh 20,18).
Johannes berichtet uns von Frauen, die tun, was sie sagen und die Worte von Jesus in Taten übersetzen. Petrus wird uns als eine Person geschildert, die die eigenen Überzeugungen, Werte, Ansichten und Vorstellungen über die Worte Jesu stellen möchte. Offenbar war das bereits in den Anfängen der Christenheit eine Gefahr, die realistisch eingeschätzt wurde. Lukas und Johannes erkannten offensichtlich die Fehlentwicklung und sie versuchten mit ihren Frauengestalten, die Verknüpfung von Glaubenserfahrung und Handeln in einen Zusammenhang zu stellen.
In den letzten Wochen wurden in der ersten Lesung jeweils aus dem Jakobusbrief gelesen. Über den Verfasser gibt es verschiedene Mutmaßungen, allerdings ist gewiss, dass er folgendes Anliegen hoch hielt: die Gefahr, dass ein missverstandener Umgang mit den Texten des Paulus dazu führen könnte, dass innerhalb der Gemeinde die barmherzigen Werke verweigert werden. Jakobus spitzt es zu: So sei der Glaube für sich allein tot, wenn er keine Werke vorzuweisen vermag. „Aber es könnte einer sagen: Du hast Glauben und ich kann Werke vorweisen; zeige mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeige dir aus meinen Werken den Glauben (Jak 2,18). Das Johannes-Evangelium endet mit der erneuten eindringlichen Forderung von Jesus an Petrus – „Folge mir nach!“ (21,19). Wir haben vermutlich alle unsere Anteile von Petrus, Marta und Maria in uns. Es ist manchmal eine Herausforderung und ein Ringen, sie auszugleichen, um gut in der Spur der Nachfolge bleiben zu können.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Jakobusbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Glaubenserfahrung und Handeln verknüpfen 1.Lesung: Jes 50,5-9a| 2.Lesung: Jak 2,14-18| Evangelium: Mk 8,27-35”
Wenn man heute die Welt anschaut, versuchen manche Männer noch immer mit Gewalt ihre Vorstellungen durchzusetzen und zerstören dabei viele Menschenleben (Putin usw.). Gottes Information erreicht diese Kriegstreiber momentan nicht.
Hoffentlich wird die Herzensöffnung dieser Menschen irgendwann beginnen, damit sie erkennen und erfahren, wie wertvoll Menschenleben sind und dementsprechend handeln.
Es dauerte ja auch 80 Jahre bis Katholiken und Evangelen in Irland erkannten, wie sinnlos dauerhaftes Abschlachten von Menschen war und ihr schreckliches Tun beendeten.
Ein Lied einer jungen Irin bewog die Menschen anders zu denken und anderes zu tun.