Gott der Hirte 1. Lesung: Apg 4,8-12 | 2. Lesung: 1 Joh 3,1-2 | Evangelium: Joh 10,11-18
Es ist ein markanter und vertrauter Gedanke, der erste Satz des gehörten Evangeliums: Ich bin die der gute Hirte. Der gute Hirt gibt sein Leben für die Schafe. Unmittelbar der Vers davor lautet – es ist die Kernaussage des Johannesevangeliums: Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.
Das ist Sendung und Auftrag Jesu: Leben in Fülle zu bringen. Auf diese Aussage folgt das Wort: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirt gibt sein Leben für die Schafe …
Die enthaltene Provokation der vertrauten Sätze ist uns vielleicht gar nicht so bewusst. Wenn Jesus das Bild vom Hirten aufgreift, dann sind wir an die Psalmen, sowie die Propheten Jeremia (Jer 2;10;12) und Jesaja (Jes 56) erinnert. Gott selbst ist es, der sich als Hirte seines Volkes annimmt, weil die politischen und religiösen Hirten – Führer – ihrer Aufgabe nicht gerecht werden.
Jesus ist der gute Hirt, der zum Leben in Fülle führt. Er ist es, der das Heft in die Hand nimmt, die Menschen heilt, ihnen zu Essen gibt, ihnen zum Segen ist, von verschiedenen Dämonen befreit, sie aufrichtet …
Der Evangelist Johannes schreibt in eine Zeit hinein, in der viele verunsichert sind: Den Judenchristen fehlt der Tempel. Es gibt Streit unter den verschiedenen Gruppierungen. Es gibt auch Auseinandersetzungen unter den Anhängern des Neuen Weges, wie die Christen genannt wurden. In all dem hält Johannes fest: Jesus Christus, der Auferstandene ist der gute Hirte. Er führt in die Zukunft. Er führt zum Leben, zum Leben in Fülle.
Ich denke, es ist gut, wenn wir uns das heute in Erinnerung rufen. Unser guter Hirt ist Jesus Christus der Auferstandene. Ihm gilt es zu folgen, in seiner Nachfolge werden wir zum Leben in Fülle geführt.
In diesem Sinn hat Kard. Innitzer 1938 zu den Jugendlichen gesagt, nachdem sie mit ihrer Unterschrift Hitler beim Anschluss mit ihrer Unterschrift begrüßt hatten: Jesus Christus ist unser Führer. Worauf die Nazis am nächsten Tag das bischöfliche Palais stürmten. Christen orientieren sich in ihrem politischen Engagement, welcher politischen Ausrichtung sie auch immer angehören mögen, an Jesus Christus. Er ist der Hirte.
Jesus Christus ist unser Hirte, damit ist bei Johannes ebenso mitgesagt: Führer im Glauben ist Jesus Christus. Wir wenden das Bild des Hirten manchmal zu schnell und zu leichtfertig auf einen Papst, Bischof oder Priester an. Es steht allen Christen – auch den Amtsträgern – an, zu bezeugen, Jesus Christus ist der gute Hirte. Der gute Hirte bleibt in einer Gemeinde gegenwärtig, er ruft, leitet und begleitet seine Herde zum Leben in Fülle, selbst dann, wenn sich die kirchliche Organisation verändert. Diese Orientierung gab der Evangelist Johannes seiner Gemeinde mit, in der es massive Kontroversen, Verwerfungen und Konflikte gab.
Ich bin der gute Hirte. In der Eucharistie sind wir um ihn versammelt, um uns in einer Zeit der Veränderung wandeln und verwandeln zu lassen, damit wir in seinem Geist auf dem Weg sind, auf dem Weg zum Leben in Fülle.
Ich bin der gute Hirte. Wie schon öfters erwähnt, sei auch hier der Hinweis gegeben, dass im Johannesevangelium die Christologie zugleich die Anthropologie ist, d.h. ich bin selbst ein guter Hirte/eine gute Hirtin. Es geht darum, sich selbst zu führen, selbst die Weideplätze des Lebens zu suchen und zu finden.
Ich bin gerufen, Menschen Hirte/Hirtin zu sein. Hirte vor allem jenen Menschen zu sein, die arglos sind, die unter die Räder kommen, die sich selbst nicht helfen können; die nicht in der Lage sind, mit den Waffen der Schläue, des „guten“ Geldes, der Beziehungen oder der Macht ihre Interessen zu verfolgen.
Ich bin der gute Hirt. Es schließt ein achtsames auf dem Weg sein ein, um jene Quellen und Weideplätze aufzusuchen, die mich davor bewahren auszubrennen. Ein Mensch braucht geistige und geistliche Nahrung. Ein Mensch lebt von guten Beziehungen und Freundschaften. Ein Mensch braucht Muße, Kultur, unverzweckte Zeiten, einfach das Sein-Dürfen. Ich bin der gute Hirte.
Es steht ebenso jener Tendenz entgegen, die die Lösung der Probleme, Herausforderungen und Aufgaben immer von anderen erwarten, etwa von politischen oder religiösen Autoritäten: Jene da oben müssen oder sollen es für mich, für uns richten.
Ich bin der gute Hirte. Jesus hat es bis zuletzt gelebt. Er wehrte sich beim Prozess vor Pilatus vor ungerechten Schlägen des Soldaten. Die Frage an ihn ist uns vermutlich in Erinnerung: Habe ich Unrecht getan, dann weise es mir nach. Wenn nicht, warum schlägst du mich? Oder er sorgt am Kreuz trotz der eigenen Not für seine Mutter, die neben dem Jünger Johannes steht: Siehe da, dein Sohn. Und zu Johannes: Siehe da deine Mutter. In diesen Ereignissen leuchtet auf, was mit gutem Hirt gemeint ist.
Ich bin der gute Hirte. Es meint also auch: Sei anderen und dir selbst ein guter Hirte.
2 Kommentare zu “Gott der Hirte 1. Lesung: Apg 4,8-12 | 2. Lesung: 1 Joh 3,1-2 | Evangelium: Joh 10,11-18”
Jesus Christus als unser Hirte – das Bild kann gut in den derzeitigen kirchlichen Veränderungsprozessen helfen. Die amerikanische Autorin Margaret Feinberg hat sich die Beziehung vom Hirten zu seinen Schafen näher angesehen:
Wenn eine Weide nichts mehr hergibt sind die Schafe nicht in der Lage, alleine einen sicheren neuen Platz zum Grasen zu finden.
Wenn Schafe aus Eifersucht und Wettbewerb ineinander rammen, ist es der Hirte, der die Ordnung wiederherstellen muss.
Ein Schaf gibt rasch auf, wenn es schwach und alleine ist.
Wenn Schafe getrieben werden, werden sie ängstlich und nervös – geht aber der Hirte voraus und ruft Schafe beim Namen, folgen sie.
Das Schöne an dieser Botschaft ist das Vertrauen. Ich kann auf den guten Hirten vertrauen, er sorgt sich um seine Schafe. Eigentlich eine sehr beruhigende Botschaft, die dieses Evangelium vermittelt. Danke für den Text.