
Haltung zählt 1.Lesung: Ex 3,1-8a.10.13-15| 2.Lesung: 1 Kor 10,1-6.10-12| Evangelium: Lk 13,1-9
Mose ist Flüchtling. Er hat in Ägypten einen Mann erschlagen und muss fliehen. Er flieht von Mizra’im in Ägypten, dem Land der Enge, nach Osten, nach Midian. Midian wiederum bedeutet Gerichtsstätte, Kampf oder Hader. Mose weiß, dass er gefehlt hat und muss sich dem inneren Kampf stellen, dass er unrecht getan hat, obwohl er eigentlich Recht schaffen wollte. Recht für sein Volk, das der Fronarbeit ausgeliefert war.
Auf der Flucht traf er an einem Brunnen auf sieben junge Frauen. Sie wollten die Herden ihres Vaters tränken, aber Hirten wollten sich vordrängen. Mose, ganz von seinem Gerechtigkeitssinn beseelt, der ihn auch zum Mord verleitete, verscheuchte die Hirten und verhalf den Frauen zu ihrem Recht. Dieses Verhalten Moses beeindruckte deren Vater – den Priester von Midian. Dieser Priester hat zwei Namen: Jitro, der uns bekannter ist, aber am Beginn wird er als Reghuel in die Erzählung eingeführt. Reghuel bedeutet Gott ist Freundschaft, Freund Gottes oder Hirte Gottes. Dieser Priester gibt eine seiner Töchter diesem Fremden zur Frau. Er weiß, dass Mose einen anderen Glauben hat, aber er ist von seiner Haltung so beeindruckt, dass diese mehr zählt als Abstammung oder Religion. Er verheiratet ihn mit seiner Tochter Zippora. Zippora meint Krone, Kranz. Mose – der Mörder, der Flüchtling – wird für seine Haltung gekrönt.
Im Islam heisst Jitro Shoaib – derjenige, der den rechten Weg zeigt. Jitro verschafft Mose – dem Fremden – durch seine Aufnahme eine Atempause, eine Zeit, um zur Ruhe zu kommen und zu einem Neuanfang. Jitro gilt im Islam als einer der 25 Propheten. Es ist interessant wie leicht sich Religionen – wenn sie wollen – tun, Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion zu würdigen.
Ob Mose sich je dort zu Hause gefühlt hat, obwohl ihn sein Schwiegervater in seine Familie voll aufgenommen hatte? Als Hirte wurden ihm Herden anvertraut – damals ein kostbares Gut. Seinen ersten Sohn nannte er allerdings Gerschom – Gast bin ich im fremden Land. Die Sehnsucht nach der Heimat bleibt, auch wenn alle Bedingungen passen. Dann heißt es: „Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus
und kam zum Gottesberg Horeb“ (Ex 3,1). Wir wissen nicht genau, wo Midian lag, aber jedenfalls östlich vom Sinai. Das bedeutet, dass Mose an diesem Tag die Herde Richtung Ägypten – in Richtung seiner Heimat trieb. Vielleicht war an diesem Tag die Sehnsucht nach seinem Volk, seiner Heimat so groß, dass er einfach das Gefühl testen wollte, wie es wäre, wenn er zurückkehren würde.
Da traf er auf einen Dornbursch, der brannte, aber vom Feuer nicht verzehrt wurde. Mose kannte das verzehrende Feuer der Leidenschaft für eine Sache. Genau deshalb wurde er zum Mörder. Nun traf er auf Leidenschaft, die offenbar brennen ließ, aber weder sich selbst noch andere verbrannte und auch keine verbrannte Erde hinterließ. Das machte ihn neugierig, denn vermutlich war das jene Frage, die ihn nach wie vor beschäftigte: Wie kann man leidenschaftlich Überzeugungen leben, ohne Opfer zu verursachen?
Dann erfährt er Gott. Er darf fern der Heimat eine neue Heimat finden, denn es ist der Gott seines Vaters. Der Gott Abrahams, Isaaks und der Gott Jakobs. Das kann man einerseits als Beweisangabe und Beleg lesen, oder aber als Rückbesinnung auf die Abstammung und als den Hinweis, dass keiner dieser Männer makellos war und dennoch Gott mit ihnen Geschichte geschrieben hat. Dass Mose gemordet hat, darauf geht Gott gar nicht ein, sondern er verdeutlich Mose, dass er die Leidenschaft für dieses Volk mit Mose teilt und unter der Ungerechtigkeit genauso leidet, wie er. Aber Mose muss lernen, seine Leidenschaft zu zügeln und sein Temperament im Zaum zu halten. Aus Leidenschaft kann viel Gutes entstehen, sie kann aber auch aus den Fugen geraten. Dort wo sie lodert, gilt es vorsichtig zu sein. Gott fordert daher Mose auf, diesen lodernd heißen Boden barfuß zu begehen: „Er sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. (Ex 3, 5). Mit Leidenschaften muss man sorgsam und achtsam umgehen. Sie können bei guter Anwendung zu heiligem Boden werden. Leidenschaft muss allerdings gezähmt werden, man muss ein gutes Gespür für sich entwickeln. Das geht bildlich gesprochen nur über die feine und spürsame nackte Haut der Fußsohlen. Nun bekommt Mose von Gott, jenen Auftrag, den er vermutlich schon immer umsetzen wollte, aber es fehlte ihm an Sorgsamkeit. „Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus!“ (Ex 3,10).
Im heutigen Evangelium wird Jesus mit einer Reinheitsfrage angefragt. Man bekommt den Eindruck, als würgte er die Frage als Kleinlichkeit oder unbedeutend ab. Bei dem folgenden Gleichnis über den Feigenbaum ist bemerkenswert, dass nicht die Qualität der Wurzeln in Frage gestellt wird, sondern die Heilungsmöglichkeit liegt laut Jesu im Auflockern der Erde und im Düngen. Also in der Veränderung äußerer Einflüsse. Jesus ist davon überzeugt, dass dann auch noch nach drei erntelosen Jahren Früchte aufkommen werden.
Jitro, der Priester aus Midian, ermöglicht Mose so eine Veränderung des Umfeldes und bereitet so den Boden für Mose auf, Frucht zu bringen. Mose lernt, Haltung, Leidenschaft und Temperament zusammenzubringen.
Vielleicht geht es bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Fremden nicht nur darum, sie aufzunehmen, sondern auch um die Bearbeitung des Bodens und um die Zufuhr von Kraftstoff, die durchaus auch in unseren Werten und Haltungen liegen können. Vielleicht könnte ihnen dies Stärke verleihen, um ihre Heimaten bei der Befreiung aus Enge zu unterstützen. In der Erzählung des Moses geht es nicht nur um die Aufnahme eines Flüchtlings, sondern um die Hilfe zur Befreiung aus einem Land der Enge für ein ganzes Volk.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Éxodus anhören möchten:
Audio-Player
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korínth anhören möchten:
Audio-Player
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
Audio-Player
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Haltung zählt 1.Lesung: Ex 3,1-8a.10.13-15| 2.Lesung: 1 Kor 10,1-6.10-12| Evangelium: Lk 13,1-9”
Warum führt das Gebet zum Glauben? Gebet: Lieber Jesus,
nimm den Menschen in der Ukraine die Hoffnungslosigkeit,
nimm Putin seine Angst und seine Zerstörungswut,
nimm Trump sein Minderwertigkeitsgefühl und seinen Größenwahn.
Gib den ukrainischen Menschen die Kraft zum Aushalten,
gib Putin die Einsicht, dass Menschen -auch in Russland- die Freiheit (Demokratie) wollen,
gib Trump die Einsicht, dass alle Menschen gleichwertig sind.
Ich danke Dir, dass der ukrainische Präsident für seine Aufgabe brennt und nicht verbrennt.
Gib ihm, Deine “Ich bin-Energie”, damit in seinen Verhandlungen ein gerechter Frieden erreicht wird.
Gesegnete Grüße