Josef, ein Ermöglicher 1.Lesung: Jes 7,10-14| 2.Lesung: Röm 1,1-7| Evangelium: Mt 1,18-24
In diesem Jahr gedenken wir der Konzilsschrift „Nostra aetate“, die vor 60 Jahren am 28. Oktober 1965 verabschiedet wurde. Es ist die Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Sie erkennt Wahres und Heiliges in den anderen Religionen an und bestätigt die bleibende Erwählung des Judentums. Eigentlich war von Papst Johannes XXIII ein besonderes Dekret zum Judentum geplant, dies war damals aber noch nicht mehrheitsfähig. Es mussten nochmals 35 Jahre vergehen, bis Papst Johannes Paul II. ein Schuldbekenntnis der Katholischen Kirche im Verhältnis zu den Juden ablegte: “Wir sind zutiefst betrübt über das Verhalten aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes”. Auch wenn die biblischen Texte eindeutig sind und keinen Zweifel offen lassen, hat es geraume Zeit gedauert, bis das Christentum den jüdischen Wurzeln nachspürte.
Die Worte des Engels, der Josef erscheint, machen eines deutlich: der Gott des alten und neuen Testaments ist ein und derselbe: Der gleiche Gott der Hinwendung zu den notleidenden Menschen, der gleiche Gott, der eingreift und Chancen eröffnet, Menschen beisteht und ebene Wege gerade macht. Es ist jener Gott, der Abraham und Sara durch die Geburt eines Sohnes ein sicheres Altern ermöglicht und die kinderlose Sara aus der gesellschaftlichen Verbannung erlöst. Es gäbe zahlreiche weitere Beispiele aus dem Ersten Testament, die man anführen könnte.
Jesus hätte als Kind ohne Vater damals als Mamser – als Schandfleck – gegolten. Diese entstammten u.a. ehebrecherischen Beziehungen, einer Vergewaltigung sowie Inzest. Dieser Status war erblich. Wessen Vater oder Mutter Mamser war, galt ebenfalls als solcher. Sie hatten damals ein schändliches Leben zu führen. Sie waren Ausgestoßene, durften nur andere „Schandflecke“ heiraten. „Denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist“ hieß damals übersetzt: leiblicher Vater unbekannt.
Gott spricht mit Josef einen Menschen an, der Leid ersparen kann. Josef entscheidet über die Lebensqualität dieses ungeborenen Kindes. Das bedeutet aber für ihn, das Gesetz ganz weit auszulegen, um nicht zu sagen zu überdehnen, Barmherzigkeit walten zu lassen, die eigene Verletzlichkeit hintanzustellen und Hilfestellung zu geben, einen Ausweg zu bieten. Es geht um das Leben eines Menschen, der die Welt in ganz besonderer Weise verändern wird. Eltern, Großeltern, Tanten und Paten kennen auch diese Erfahrung. Jedes Kind verändert die Welt und wenn es nur die ganz kleine Welt einer Familie ist. Sorgen sind damit verbunden, aber auch Freude und Lachen.
Josef ist das Kontrastprogramm zu „wir haben es immer schon so gemacht“. Er macht etwas ganz Unvorstellbares und wächst über sich hinaus. Er nimmt Maria als Frau zu sich. Josef macht das Unmögliche möglich. Er geht ein Wagnis ein, wie all jene Eltern, die zu einem behinderten Kind JA-Sagen, die in schwierigen Lebenssituationen trotzdem Kindern Leben schenken. Die Erzählung zeigt, dass es nicht nur der Entscheidung der Mutter bedarf, sondern auch das Umfeld eine wichtige Bedeutung hat: Wie etwa die Zusage einer Gesellschaft an Eltern mit kranken Kindern oder an Eltern pflegende Kinder, wir sind für euch da. Diese Zusage darf nicht ins Wanken geraten. Bei allen Sparerfordernissen muss diese Zusage spürbar bleiben.
Der Heilige Josef ist der Landespatron von Vorarlberg. Seit 1955 wird er in der römisch-katholischen Kirche auch als Patron der Arbeiter verehrt. Papst Pius IX erklärte Josef 1870 zum Schutzpatron der katholischen Kirche. Sein Gedenktag ist der 19. März. Das ist ein Tag, der immer in die Fastenzeit fällt.
Was bedeutet es als Land, als Kirche so einen Ermöglicher zum Patron zu haben? Einer der sich seiner Wurzeln bewusst ist; seinen Glauben lebt, indem er Grenzen dehnt, wenn es die Lebensqualität eines Menschen erfordert. Einer der Gesetze weit auslegt, wenn es um Barmherzigkeit und Mitmenschlichkeit geht. Einer der einem potenziellen „Schandfleck“ ein Leben in und mit der Gesellschaft ermöglicht hat; der durch die Wahrung des Glaubensgeheimnisses dem Immánuel die Grundlage geschaffen hat „Gott mit uns“ zu werden und der einem kleinen jüdischen Jungen zum Ziehvater wurde.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.