Lobpreis Gottes 1.Lesung: 2 Kön 5,14-17| 2.Lesung: 2 Tim 2,8-13| Evangelium: Lk 17,11-19
Náaman, der Syrer, war gewohnt, dass sich Tempeldiener oder Götzendiener bei Heilstaten selbst bereicherten und damit ihre Stellung untermauert haben. Für ihn war die Annahmeverweigerung Elischa’s eine neue Erfahrung. Der Gottesmann Elischa versteht sich als Diener. Er ist Ermöglicher, Wegweiser, Verbindungsglied, Mittler – aber kein Amtsinhaber mit Allüren.
Bis zur Zerstörung des Tempels in Jerusalem galt das Opfer im Tempel als Dankgeschenk für ein Wirken Gottes. Dorthin pilgerte man in der Regel drei Mal im Jahr, oft aber auch weit weniger. Das war keine Undankbarkeit, sondern den schwierigen Lebensumständen geschuldet. Mussten diese Menschen Sorge haben, vor Gott als undankbar zu gelten? Nein. Das Opfer galt als äußeres Zeichen der Dankbarkeit, war aber nicht zwingend notwendig.
Dank ist eine Erwiderungshaltung auf erhaltene Hilfe oder eine Leistung. Das Wort Danke stammt vom Wort Denken. Danken ist ein Gefühl, dass sich aus denkender Gesinnung ergibt. Im Judentum ist es das Schma Jisrael, das unzählige Male am Tag gesprochen werden soll: „Höre Israel! Der Ewige, unser Gott, der Ewige ist einzig“. Dankbarkeit bedeutet im Judentum in erster Linie nicht Gebet, Gottesdienst oder damals noch Opfer, sondern der mehrfach tägliche Lobpreis Gottes als der EWIGE und EINZIGE. Im Christentum wurde eine Dankesschuld abgeleitet, die bis zum Ablasshandel führte, also einer Dankespflicht gegenüber Gott. Wikipedia meint dazu: „Die beiden Gefühle führen zu verschiedenen Resultaten: Dankesschuld (ein negatives Gefühl) kann dazu führen, dass der Empfänger der Hilfe den Helfer in Zukunft meidet, während Dankbarkeit (ein positives Gefühl) den Empfänger dazu motivieren kann, seinen Wohltäter aufzusuchen, wodurch sich die Beziehung zwischen den beiden verbessert“. Gott ist ein guter Pädagoge und die Bibel dazu eine hilfreiche Schrift, schade, dass hier dazwischengefunkt wurde.
Sucht man das Wort Dank in der Bibel, kommt man zu überraschenden Resultaten. Das Wort Dank kommt im Alten Testament von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, lediglich im Buch der Psalmen vor. Dort aber zahlreich. Das macht auch Sinn, denn die Psalmengesänge dienten der Begrüßung der Gläubigen vor dem Tempel. Klagen, die in Bitten enden und Lobpreis, der aus Dank erwächst, sind verflochten. Am Ende steht ein zehnfacher Lobpreis Gottes: “Alles, was atmet, lobe den HERRN. Halleluja!”. Im Zweiten Testament kommt das Wort häufiger vor. Wenn man von den Brachot (Segensworten) beim letzten Abendmahl absieht, fast ausschließlich in der Briefliteratur und in der Offenbarung. Aber auch hier fast immer verbunden mit einem Lobpreis Gottes.
Das hebräische Wort „Toda“ bedeutet wörtlich „Dank“ oder „Dankbarkeit“. Im historischen Kontext des Judentums war die Toda ein Tempelopfer. Was nach der Zerstörung des Tempels blieb, waren die Segenssprüche – auch für uns Christen. Jene Worte die Jesus beim letzten Abendmahl sprach.
Eine Bracha ist eine Segens- oder Danksagung um Gott für seine Wohltaten zu danken und ihn zu loben. Anlässe für Brachot gibt es im Judentum unzählige. Sie werden vor dem Essen, dem Genuss von Düften, der Erfüllung eines Gebots und zu vielen anderen Anlässen gesprochen. Über Brot lautet er: „Gepriesen seist Du, Ewiger, unser G‘tt, König der Welt, der Brot aus der Erde hervorbringt“ und über Wein: “Gelobt seist Du, Ewiger, unser G‘tt, König der Welt, der die Frucht des Weinstocks geschaffen hat”. Beide Worte – Segen wie Dank – werden aber gar nicht ausgesprochen. Ganz anders als z.B. bei unseren üblichen Tischgebeten. Denn im Judentum ist von Ursprung der Schöpfung an bereits alles gesegnet, was Gott erschaffen und gegeben hat. Ein erneuter Segen ist deshalb nicht notwendig, weil er von vornherein geschenkt wurde. Dem Menschen gilt aber, Gott dafür zu rühmen und zu loben. Die Brachot sind die kurzen Stoßgebete des jüdischen Alltags, um sich im Rahmen der Gegebenheiten der Beziehung zu Gott zu versichern. Auch Jesus hat uns so ein Gebet mit auf den Weg gegeben. Auch dieses kommt ohne die Worte Segen und Dank aus. Das Vaterunser ist ein Bittgebet und Lobpreis Gottes.
Wir hören im heutigen Evangelium, dass auch für Jesus Zeichen der Dankbarkeit der Lobpreis Gottes war und er gilt bzw. genügt sogar als Glaubensbekenntnis. Im Lobpreis Gottes vollendet sich das Glück des Menschen – im Erkennen, dass das Errungene, Gelungene, Erreichte usw. eben nicht ausschließlich mein Werk oder Leistung war.
Es ist seit jeher unterschiedlichen Menschen ein großes Bedürfnis gewesen, Gott für sein Wirken zu danken. Zwei ganz unterschiedliche Beispiele möchte ich anführen. Zuerst Dietrich Bonhoeffer: „Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so lass uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all Deiner Kinder hohen Lobgesang“. Ein ganz anderes Lob stammt von Friedrich Schiller. Er distanzierte sich von Religion, die auf Furcht, Angst und Schuld aufbaute: „Was den großen Ring bewohnet huldige der Sympathie! Zu den Sternen leitet sie, wo der Unbekannte thront. Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahnst du den Schöpfer, Welt? Such’ ihn überm Sternenzelt, über Sternen muss er wohnen“. Nach all den Schrecknissen seiner Zeit vertonte Ludwig van Beethoven in seiner 9. Sinfonie diesen Text. Am Ende steht ein Appell, eine Sehnsucht nach Verbrüderung, nach Freude und Jubel, nach der Utopie eines Weltfriedens, nach einer Welt ohne Kriege und Zerstörung. Auch er war kein Kirchgänger, sondern ging seine eigenen Wege. Er sah in der Kunst und in der Natur den Ausdruck des Göttlichen.
Wie wenig sich Menschen auch von der institutionalisierten Form von Religion(en) in Europa noch angesprochen fühlen, so sehr eint uns doch, das Bedürfnis, Gott zu loben und zu preisen. Die Hymne der Europäischen Union und des Europarates sind der musikalische Nachklang eines Lobpreises Gottes.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem zweiten Buch der Könige anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.