Propheten ihrer Zeit 1. Lesung: Am 8,4-7| 2. Lesung: 1 Tim 2,1-8| Evangelium: Lk 16,1-13
Amos schafft es in die Bibel als Prophet. Er war ein Bauer, ein Rinder- und Maulbeerfeigenzüchter. Er ist kein Priester oder Schriftgelehrte. Er begründet die schriftliche Prophetie im 8. Jht. v. Chr. Die weiteren Propheten stehen in seiner Tradition.
Da man Amos als Begründer der Schriftprophetie nennen kann, will ich zunächst Grundsätzliches zum Prophetentum erwähnen. Wenn Jesus Bezug auf das Erste Testament nimmt, dann redet er öfters vom Gesetz (Thora – den Büchern von Moses) und den Propheten (Mt 5,17; 7,12; Lk 16,16; Joh 1,45). Sie sind ein wichtiger Teil der Offenbarung Gottes.
Es gibt Propheten wie Jeremia, die ein Leben lang als Propheten wirken. Es gibt Propheten, die treten für eine begrenzte Zeit oder gar nur einmal auf. In unserer christlichen Tradition wurde eine Zeitlang gelehrt, dass die Propheten den Messias – Jesus – ankündigten. Es ist eine Engführung. Bei den Propheten ist der Messias (Gesalbte) immer wieder Thema. Sie nehmen dabei Bezug auf König David, der ein Idealtyp eines Königs, eines Gesalbten für Israel war. In ihrer Kritik, die meistens auf die bestehende religiöse und politische Elite zielte, sprachen sie von einem Messias (Gesalbten), der kommen wird und der neu für Recht, Gerechtigkeit und Menschenwürde sorgen wird. In den Augen der jungen Kirche erfüllte Jesus diese Erwartungen an einen Messias, wie ihn die Propheten zeichneten.
Der prophetische Dienst ist vor allem ein Dienst an der Wahrheit. Propheten sind Sprachrohr Gottes und damit jener Menschen, deren Rechte und deren Würde mit Füssen getreten werden. Sie nennen die Machenschaften der Eliten beim Namen und gelten oft als provozierend.
Zurück zu Amos. Er ist südlich von Betlehem aufgewachsen. Er tritt nicht in seiner Heimat Juda mit der Hauptstadt Jerusalem auf, sondern im benachbarten Nordreich Samaria mit dem religiösen Zentrum Bet-El. Unter dem König Jerobeam II. floriert die Wirtschaft. Allerdings, wie wir es in der Lesung vernommen haben, floriert sie auf Kosten der zum Teil schamlosen Ausbeutung der unteren Schichten. Amos zitiert das Denken der Eliten: Wir wollen das Hohlmaß kleiner und das Silbergewicht größer machen, wir fälschen die Waage zum Betrug, um für Geld die Geringen zu kaufen und den Armen wegen eines Paars Sandalen.
Amos prangert das ausbeuterische Denken und Handeln an. Die Besitzenden manipulieren zu ihren Gunsten die Gewichte und Maße. Mit ihrer Gewinnmaximierung geht die Versklavung der Menschen einher. Es widerspricht zutiefst dem Anliegen Gottes, der sein Volk aus dem Elend, aus der Versklavung Ägyptens in die Freiheit herausgeführt hat. Sie machen sogar den Abfall zu Geld. In der Tora heißt es dagegen, dass die Reste der Ernte den Armen zu überlassen seien (Dtn 24,20-22).
Gott sieht das Unrecht. Er hat geschworen, keine ihrer Taten zu vergessen. In der Folge kündigt er den Niedergang des Nordreiches an. In der Katastrophe aber spendet er Trost. Am Ende des Buches spricht Amos von wieder erbauten Städten und von Weinbergen und Gärten, deren Früchte das ganze Volk genießen wird (Am 9,14).
Propheten sprechen jeweils in ihre Zeit. Wir können ihre Botschaft nicht eins zu eins in das Heute übertragen. Wir haben allerdings auch heute prophetische Stimmen, die auf Wahrheiten hinweisen: den Club of Rome, Fridays for future, Global 2000, Amnesty, Greenpeace u.a. In diesem prophetischen Dienst stehen auch einzelne Menschen: Journalisten, die Machenschaften auf den Grund gehen und dabei ihr Leben riskieren. Künstlerinnen und Künstler, Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Vielleicht dürfen wir auch einen Papst Franziskus dazu zählen, der die Kirche als Kirche der Armen für die Armen versteht, dem die Heilung der Wunden einer geschundenen Schöpfung ein Anliegen ist und sein Amt als Dienst am Frieden versteht.
Propheten ahnen Krisen und wirken in Krisenzeiten. Wir haben in dieser Woche den Pfarrkirchenrat neu konstituiert. Wir kamen dabei auf die gegenwärtige Situation mit den verschiedenen Krisen (Krieg, Klima, Pandemie) zu sprechen. Ich weiß nicht, ob oder wie sehr die Überlegungen prophetisch sind. Ich möchte aber doch an zwei, drei Gedanken teilhaben lassen, weil wir alle durch die Taufe zum prophetischen Dienst gerufen sind:
Es wird momentan politisch der Eindruck erweckt mit Geld die Folgen des Krieges, der Klimakrise und der Pandemie richten zu können. Es wirkt als wäre Geld grenzenlos verfügbar. Das wird sich nicht spielen. Es bedarf der Änderung des Lebens und des Lebensstils, um etwa der Klimakrise begegnen zu können.
Wir sind es gewohnt, dass im täglichen Leben alles funktioniert und sicher ist. Wir werden uns auf eine Zeit einstellen müssen, in der sich dieses Lebensgefühl verändert; auf Mangel und Fehlendes.
Die Lösung der Probleme wird von den Oberen, von der Politik, zumindest immer von anderen erwartet und gefordert. Und alles soll möglichst schnell gehen. Auch das kann und wird sich ändern. Jede und jeder ist Teil der Lösung, Teil der Veränderung.
Propheten ist der Populismus, das Spalten und das Blenden fremd.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Amos anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus
an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
2 Kommentare zu “Propheten ihrer Zeit 1. Lesung: Am 8,4-7| 2. Lesung: 1 Tim 2,1-8| Evangelium: Lk 16,1-13”
Diese (und manch andere) Predigt an dieser Stelle, provozieren (bei mir) massiven Gesprächsbedarf. Weniger zur Frage des theoretisch-theologischen Umgangs mit dem zu Grunde liegenden Bibelwort als viel mehr dazu, wie die prophetische(n) Botschaft(en) in der PRAXIS (in Tat und Wahrheit) der gläubigen Christen als Einzelne wie – notwendigerweise (!!) – auch in der GEMEINDE Fuß fassen können oder gar zur Verwirklichung finden könnten?
Danke, Erich,
für Deine Worte zum Verständnis dieser Lesung. Gerade die Aufzählung der Propheten von heute ist sehr ansprechend. Wenn man auch die Botschaft nicht eins zu eins in Heute übertragen kann, wie Du ja schreibst, sehen wir doch, dass diese jahrhundertealten Schriften uns heute sehr wohl etwas zu sagen haben.
Schöne Grüße aus dem Bregenzerwald schickt Dir Gertrud