Quellen des Heils 1. Lesung: 2 Kön 5,14-17| 2. Lesung: 2 Tim 2,8-13| Evangelium: Lk 17,11-19
Die Bibel erzählt viele Heilungsgeschichten. Oberflächlich betrachtet, erscheinen sie oftmals sehr ähnlich. Beim genaueren Hinsehen zeigen sich Unterschiede mit besonderer Aussagekraft, z.B. im Hinblick auf den Glauben.
Manchmal ist es der Glaube der Betroffenen selbst, der zur Heilung führt: „Dein Glaube hat dir geholfen“ (Lk 17,19; Mk 10,52). Dann ist es der Glaube anderer: etwa beim Gelähmten, der von den vier Männern durchs Dach vor Jesus hinab gelassen wird (Lk 7,31-37; Mk 2,1-12).
Oder es liegt sogar dem Wunder ein magisches Glaubensverständnis zu Grunde, wie bei der „blutflüssigen“ Frau, die ihre Heilung allein durch das Berühren des Gewandes Jesu erhofft (Mk 5,28).
Und dann gibt es Heilungswunder, in denen der Grund im Mitleid Jesu liegt. Sein Mitleid – seine Sympathie für einen Menschen in seiner speziellen Situation – führt zum Wunder oder zur Heilung (Mk 6,34; Lk 13,10-17).
Einen anderen Unterschied entdecken wir in der Art und Weise wie die Heilung erfolgt: Einmal streicht Jesus mit Speichel angereicherten Dreck (Erde) in die Augen eines Blinden. Er verwendet Hilfsmittel, ein heilsames Medikament. Im heutigen Evangelium ist es allein das Wort, das Heilung bewirkt. Auch der Syrer Naaman aus der ersten Lesung kann es ursprünglich nicht verstehen, weshalb der Prophet an ihm nichts Besonders tut, keine magischen Handlungen vornimmt, sondern von ihm nur verlangt im Jordan, in diesem zweitklassigen Wasser unterzutauchen.
Heilungen geschehen auf unterschiedliche Weise und haben unterschiedliche Quellen. Manchmal ist es eine Berührung, manchmal ein Medikament, manchmal ist es das Wort: Lob, Dank …, die – wie man so schön sagt – Balsam für die Seele sind. In anderen Fällen ist es das Zutrauen in einen Menschen. Vertrauen und Zutrauen heilt. Die Heilungswunder geschehen nicht im luftleeren Raum. Sie geschehen vielfältig und oft in alltäglichen Erfahrungen. Heilsames Wirken ist mit der Frage verbunden: Was braucht ein Mensch in seiner Situation?
Die heutigen Lesungen stellen uns zwei Menschen vor, deren Heilung zusätzlich die Glaubensvorstellungen der damaligen Menschen sprengt. Gott heilt Fremde. Da ist zunächst der Syrer Naaman, der sogar zu den Todfeinden Israels zählt und dann die Samariter, die als vom wahren Glauben „Abgefallene“ galten. Der Mann aus Samaria ist es, der wirklich begriffen hat, wem er seine Heilung verdankt. Es ist ein Faktum: Gottes Zuwendung sprengt die religiösen Grenzen (Glaubensgrenzen), die Menschen ziehen oder meinen ziehen zu müssen.
Elischa trägt dem Syrer Naaman auf, siebenmal im Jordan – in diesem für ihn zweitklassigem Wasser – unterzutauchen (2 Kön 5). Ein tiefsinniges Geschehen: Der Jordan hat seine Quelle in Dan, am Fuße des Hermon. Dan ist der Stamm der Richter. Der Jordan fließt von Dan herab. Er ist der Fluss des Rechts und der Gerechtigkeit. Naaman taucht in diesen Fluss ein. Ist das wirklich ein besonderes Wasser, mag man wie Naaman fragen? Sieben Mal taucht er ein. Er wird eine Neuschöpfung, ein neuer Mensch, frei von Aussatz. Mit ihm kann man wieder. Er ist wieder ein Mensch, der sein Machtgehabe, seine Willkür, seine Überheblichkeit und Arroganz abgelegt hat, ein Mensch, der wieder das Recht anderer respektiert. Er ist vom Aussatz geheilt – vom Außenseiterdasein. Er erlebt wieder die Achtung, den Respekt und die Zuwendung der anderen. Eingetaucht sein im Fluss des Rechts und der Gerechtigkeit – eine Quelle des Heils und der Heilung.
Diese Erzählung steht auch im Hintergrund des Verständnisses der Taufe Jesu. ER ist einer, der aus dem Fluss des Rechts und der Gerechtigkeit kommt; der dafür steht, dass anderen Recht und Gerechtigkeit zukommt.
Schließlich thematisieren beide Schriftstellen noch eine weitere Parallele: das Entdecken, woher wirklich das Heil kommt. Der Syrer Naaman will Elischa ein Geschenk machen, aber dieser lehnt ab. Das ermöglicht Naaman vermutlich die viel tiefere Heilung. Jetzt erst begreift er, wem er sein Leben und seine Heilung wirklich verdankt, nämlich dem HERRN! Er nimmt auf seinem Esel Erde mit, um IHM auf „heiliger Erde“ in Zukunft zu danken und IHN verehren zu können. Er begreift ebenso, dass die wichtigsten Dinge des Lebens nicht zu kaufen sind: Vertrauen, Liebe, Gesundheit, Vergebung, Freundschaft … Sie sind Geschenk. Im heutigen Evangelium ist es der Samariter, der gegen das Gebot Jesu, sich den Priestern zu zeigen, verstößt und zu Jesus zurückkehrt, da er begriffen hat, wem der Dank letztlich gebührt: Gott selbst.
Es macht einen Menschen krank, stumpf, blind und letztlich unmenschlich, wenn für ihn alles selbstverständlich wird, wenn er das Danken, Loben und Staunen verlernt oder vergisst. Im dankbar sein, im dankbar werden geschieht Heilung und viel Heilsames.
Dankbarkeit als Schlüssel zum Heil werden, davon erzählen die Lesungen dieses Sonntags. Danken ist mit Denken verwandt. Im Nachdenken, wofür ich jetzt, heute dankbar sein kann, geschieht bereits viel Heilsames.
Nicht umsonst sagen die Väter des II. Vatikanischen Konzils: Die Eucharistie (Dankbarkeit) ist Quelle und Höhepunkt christlichen Lebens (LG 11).
2 Kommentare zu “Quellen des Heils 1. Lesung: 2 Kön 5,14-17| 2. Lesung: 2 Tim 2,8-13| Evangelium: Lk 17,11-19”
Begriff “danken” ist heute sehr gut erklärt. Ich habe gute Erfahrungen mit dem Danken. Dann wird in nachhinein der Tag besonders….. besonders bewußt.
… wenn man zu Hause einen Partner hat, dessen Lebenslauf dem Ende zugeht, bekommt der Glaube, in welcher Form auch immer, ein “neues Gesicht”. Eines, welches die Hoffnung in sich birgt, dass schlussendlich alles gut wird. Die 2 herauskopierten und unten eingefügten Sätze sind es auch, welche mir Trost, Zuversicht und Kraft verleihen, diese Zeit tragend erfahren zu dürfen.
Es macht einen Menschen krank, stumpf, blind und letztlich unmenschlich, wenn für ihn alles selbstverständlich wird, wenn er das Danken, Loben und Staunen verlernt oder vergisst. Im dankbar sein, im dankbar werden geschieht Heilung und viel Heilsames.