Sendungsaufträge 1. Lesung: Dtn 4,32-34.39-40|2. Lesung: Rom 8,14-17|Evangelium: Mt 28,16-20
Wir feiern heute den sogenannten Dreifaltigkeitssonntag. „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ – dies sprechen wir, wenn wir das Kreuzzeichen machen. Die Dreifaltigkeit – oder Trinität – gehört zum Alltag eines Christen und hat in der katholischen Kirche den Rang eines Dogmas mit eigenem Festtag: eben dem Dreifaltigkeitssonntag. Der dreieinige Gott ist die Verbindung aus dem Vater, dem Sohn und Heiligem Geist. Diese drei sind gleichwertige Personen vereint in einem gemeinsamen Wesen. Keine der drei Personen wird über eine der anderen gestellt oder mehr verehrt. Seine Wurzel hat der Glaube an den trinitarischen Gott im Neuen Testament. Paulus spricht in einem Segenswunsch: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (2 Kor 13,13).
In vielen Bildern oder Kirchengebäuden wird die Trinität als gleichschenkeliges Dreieck dargestellt. Die Beziehung Gottes mit dem Menschen bzw. mit seinem Volk in Dreiecksbeziehung darzustellen hat allerdings eine lange biblische und jüdische Tradition. Wir kennen sie als die Beziehungsbeschreibungen von:
Gott – Mensch – Schöpfung
Gott – Mensch – Ruach
Gott – Tora – Volk Israel
Gott – Volk Israel – Heiliges Land
Nicht umsonst ist der Davidstern mit zwei untrennbar miteinander verflochtenen Dreiecken das Symbol für das Judentum.
Schon die erste Lesung aus dem Buch Deuteronomium greift solche Dreieckskonstellationen auf. Gott wird als das Verbindungsglied von Himmel und Erde beschrieben. Mensch und Gott schließen durch die Gabe und Einhaltung der Tora ihren Bund. Sie ist wiederum die Grundlage, dass der Mensch im Heiligen Land gut leben kann. Eine Dreieckskonstellation überlagert die nächste.
Die zweite Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Rom versucht nun die alte traditionelle jüdische Bildtradition zu weiten. Der Apostel Paulus beschreibt dies folgend: „Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; Erben Gottes und Miterben Christi (Röm 8,17). An zahlreichen Stellen – insbesondere im Johannes Evangelium, wie wir in den vergangenen Wochen oftmals hören konnten – setzt sich Jesus selbst in dieses Bild. Er als der Sohn Gottes hinterlässt in der Welt seinen Heiligen Geist und fordert uns auf als Kinder Gottes (seine Erben) an seiner Stelle in diese Dreiecksbeziehung Gott – Geist – Kind Gottes einzutreten. Die heute gültigen, aber für viele Menschen wohl wegen ihrer abstrakten Aussagen schwer verständlichen Glaubenslehren der Trinität wollten in ihren Ursprüngen also keine Verwirrung stiften, sondern greifen einen alten biblischen Bildcharakter auf.
Die Aufforderung Jesu im heutigen Evangelium „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bezeugt die Bedeutung der Taufe. Jesus ist „der Gesalbte (Gottes)“ – das ist die Bedeutung des hebräischen Titels „Messias“ und des griechischen „Christus“. Er ist der König, der Priester und der Prophet – Hoffnungsträger wie niemand sonst. Die Taufe ist damit sichtbares Zeichen und Bekenntnis eines Christen in diese Dreiecksbeziehung als Erbe Jesu einzutreten. Die Salbung mit Chrisam bei der Taufe ist Zeichen dafür. Dieses Salböl ist Symbol für den Geist Gottes. Im alten Israel wurden Könige, Priester und Propheten – sie waren die großen Hoffnungsträger des Volkes – mit Öl gesalbt. Über diesem Chrisamöl betet der Bischof bei der Weihe in der Karwoche: „Erhebe sie zur Ehre von Königen, Priestern und Propheten und bekleide sie mit dem Gewand ihrer unvergänglichen Berufung“. Durch die Taufe bekomme ich also Anteil an dem Königtum, Priestertum und Prophetenamt Gottes und werde Hoffnungsträger für meine Mitmenschen.
Allen Getauften kommen also diese drei Ämter zu, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Alter, sexueller Orientierung …! Die Kirche will mit der Chrisam-Salbung bei der Taufe verdeutlichen: als Christin bin ich
- Priesterin. Ich bin Vermittlerin der Gottesnähe, Segen für andere, Trägerin des heiligen Amtes.
- Königin. Ich genieße Freiheit und höchste Würde, trage Verantwortung für das Zusammenleben und die Kirche, habe Beschützerfunktion für die Benachteiligten.
- Prophetin. Ich bin Sprecherin für die Anliegen Gottes, Verkünderin, Sozialkritikerin und Visionärin für die Zukunft des Volkes Gottes.
Alle, Frauen und Männer sind durch die Taufe als Erben Jesu zur Teilhabe an seiner Sendung berufen. Nicht umsonst hat sich eine kirchliche Frauengemeinschaft in Vorarlberg – die Mitglieder des Werkes der Frohbotschaft – als Sendungsauftrag ein Jesus-Zitat aus dem Buch Jesaja gewählt. Jesus sagt mit einem Wort aus Jesaja über sich: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe“ (Lk 4,18–19).
So schön es klingt, als Gesalbte Priester, Könige und Propheten sein zu können, ist damit doch auch ein Sendungsauftrag verbunden. Wenn wir an die heutige Verfasstheit der Kirche denken und an die unterschiedlichsten Formen von Mißbrauch, ist das kein Zuckerschlecken. Dem Ruf Gottes soll man nicht blindlings nachlaufen, wie uns die Worte Mose aus der ersten Lesung deutlich machen: „Forsche einmal in früheren Zeiten nach, die vor dir gewesen sind … forsche nach von einem Ende des Himmels bis zum anderen Ende“. Es soll also durchaus zu einer kritischen Prüfung von Fakten, Erlebnissen, Auseinandersetzungen mit der Geschichte des Volkes Gottes kommen. Auch der Apostel Paulus beschönigt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom nichts. Miterben Christi sind wir: „wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm verherrlicht zu werden“ – vielleicht auch an seiner Kirche. Das heutige Evangelium endet aber mit der frohen Botschaft, dass wir als Getaufte die Zusage erhalten: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“.
Im Kirchenjahr kommt dem Dreifaltigkeitssonntag eine wichtige Rolle zu; er markiert nach dem Ende des Osterfestkreises an Pfingsten den Übergang der Kirche in den Alltag des Jahreskreises bis zum ersten Advent. Für diese kommende Zeit segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Deuteronómium anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten: