Hören und verstehen was Gottes Wille ist 1. Lesung: Ex 24,3-8|2. Lesung: Hebr 9,11-15|Evangelium: Mk 14,12-16.22-26
In der Lesung wird uns ein Übergang geschildert, der für unsere Kirche einen spannenden Aspekt enthält. Ich versuche diesen Gedanken nachvollziehbar zu machen.
Mose war auf dem Berg Sinai, er allein. Er kommt herab und legt dem Volk die Worte, Regeln beziehungsweise Satzungen vor, die Gott ihm mitgegeben hatte. Darauf hören wir die Antwort des Volkes, wohlgemerkt einstimmig: Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun. Was anschließend folgt macht deutlich, dass es um viel geht. Ein Bund wird geschlossen. Das Erreichte und Erlebte soll Bestand haben. Gott hat Israel aus der Knechtschaft, aus dem Sklavenhaus Ägyptens in die Freiheit geführt. Damit diese neu gewonnene Freiheit bleibt, erhält Moses von Gott am Sinai die sie schützenden Gebote. Moses war allein auf dem Berg. Dem Volk ist zu viel Nähe mit Gott nicht geheuer. Es hält Abstand. Mose soll für sie reden (Ex 20,18-21).
Zum Zeichen des Bundes errichtet Moses nun einen Altar. Ein Bund hat mindestens zwei Partner. Hier sind es Gott und das Volk. Es werden Stiere geschlachtet. Mit der einen Hälfte des Blutes besprengt Moses den Altar. Dieser steht für Gottes Gegenwart. Gott selber bleibt unsichtbar. Der geheimnisvolle Gott ist einer der beiden Bundespartner. Bevor nun das Volk mit Blut besprengt wird, so heißt es, liest Moses das Buch des Bundes vor. Vielleicht haben wir mit der Vorstellung – mit Blut besprengt werden – Mühe. Wir sind hier im Alten Orient, in einer Kultur mit anderen Bräuchen. Das Blut gilt als Sitz des Lebens, als heilig. Nur ganz besondere Verträge werden mit Blut besiegelt. Ein Bund, mit Blut geschlossen, geht aufs Ganze und soll ein Zeichen des bleibenden Bestandes sein.
Zurück zu Mose. Er liest dem Volk vor, was Gottes Wille ist. Dieses antwortet wieder, allerdings mit einem vermeintlich kleinen Unterschied: „Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun; und wir wollen es hören“. Es hat sich die Antwort erweitert und die Reihenfolge lässt aufhorchen. Plausibler wäre: erst hören und dann tun. Wir haben davon auszugehen, dass es die Bibel nicht zufällig so formuliert: zuerst „tun“, dann „hören“.
Tun, was Gott will – ja, das will das Volk schon länger. Aber nun will es auch „hören“. Denn jetzt versteht es offensichtlich, um was es geht. Der Bundesschluss löst viel aus. Das Volk wird mündig und kann in der Nähe Gottes selber hören und verstehen, was Gottes Wille ist.
Die Lesung schildert uns die Demokratisierung des Gottesvolkes. Das ganze Volk ist Vertragspartner Gottes, nicht nur Mose. Daher wird das ganze Volk mit Blut besprengt. Mose deutet dieses Ritual: Gott schließt einen Bund mit allen! Sie können alle hören, mitdenken, mitreden. Sie sehen sich nicht mehr allein als Befehlsempfänger und Ausführende. Sie wollen Mitverantwortung für das Halten oder Nichthalten des Bundes tragen. Schon einige Kapitel davor hat Gott Mose wissen lassen, wie er sich sein Volk vorstellt: als ein „Königreich von Priestern und ein heiliges Volk“ (Ex 19,6). Den frühen Christen war diese Vorstellung wichtig: das ganze Volk ist Bundespartner Gottes.
Der Evangelist Markus greift bei seinem Bericht vom Abendmahl auf diesen Bundesschluss im Buch Exodus zurück. „Das Blut des Bundes“ ist ein Zitat aus der Lesung. Es geht nicht ums Blutvergießen, sondern Jesus bricht Brot und gibt seinen Jüngern Brot und Kelch. Die Jünger nehmen, essen und trinken. Auch hier haben wir Vertragspartner und -partnerinnen. Wenn die Jüngerinnen und Jünger aus dem Kelch trinken, werden sie verbündete Jesu und seiner Botschaft vom Reich Gottes, wie er sie gelebt hat: Er aß mit Außenseitern. Jeder Mensch galt als Schwester oder Bruder – auch die Fremde, der Fremde. Durch ihn wurden viele satt – satt an Wertschätzung, Achtung und Liebe. Er war für viele heilsam – heilsam in seinen Gesten, Gesprächen und Auseinandersetzungen. Ihm war dienen statt herrschen wichtig – dienen den Kleingemachten und Namenlosen. Selbst seinen gewaltsamen Tod, den er ahnte, verstand er als Zeichen für das Reich Gottes.
Wenn die frühen Christen Eucharistie feierten, dann mit dem Selbstverständnis: Nun waren sie die Jüngerinnen und Jünger, Verbündete Jesu und seiner Botschaft vom Reich Gottes. Sie waren Priester, Könige, Propheten, heilig – und zwar alle Getauften. Den ersten Christen wäre eine Zentrierung auf den Priester beim Herrenmahl, wie es sich heute manchmal bei der Eucharistie herausbildet, fremd gewesen. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen.
Es ist heute das Fest Fronleichnam. Wir verehren den Leib des Herrn. Wohlgemerkt: Alle Getauften, die mit ihm Verbündeten, gelten als Leib des Herrn. Zum Leib des Herrn zählen aber auch alle Hungernden, Ausgegrenzten, Namenlosen … Wir sind an den Satz aus dem Matthäusevangelium erinnert: „Was ihr einer meiner geringsten Brüder oder Schwester getan habt, habt ihr mir getan“ (Mt 25,40), sagt Jesus.
Im gefeierten Bund, im dankbar geteilten Brot, in der Verehrung des Leibes Christi ist die Quelle des Lebens.
Das Volk antwortete: Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun; und wir wollen es hören.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Exodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Hören und verstehen was Gottes Wille ist 1. Lesung: Ex 24,3-8|2. Lesung: Hebr 9,11-15|Evangelium: Mk 14,12-16.22-26”
Lieber Erich! Danke für deine Gedanken! „Zuerst tun , dann hören ! „ Ich handle, weil es viele tun, aber mit dem Hören kommt für mich das Nachdenken über mein Tun dazu. Oder anders gesagt, das Meditieren über das Tun, über die Worte. Dadurch sinkt die Botschaft ins Herz, wie es im englischen heißt: learning by heart! Nochmals danke und liebe Grüße Maria