Urheber des Lebens 1. Lesung: Apg 3,12-19 | 2. Lesung: 1 Joh 2,1-5a | Evangelium: Lk 24,35-48
Was macht den Osterglauben aus? Wofür sind die Apostel Zeugen? Was bedeutet Zeuge sein? Mit solchen Fragen setzen sich die Lesungen auseinander.
Die Osterberichte machen etwas deutlich, nämlich dass der Osterglaube allmählich gewachsen ist. Er unterliegt einem Prozess. Am Anfang steht das leere Grab. Es gibt dann erste Begegnungen mit dem Auferstandenen, auch Begegnungen hinter verschlossenen Türen. Es gibt Zweifel. Manche werden von Schrecken und Entsetzen gepackt und schweigen. Andere sind unterwegs und reden mit IHM, ohne IHN zu erkennen. Erst beim Brotbrechen gehen ihnen die Augen auf. Was die Osterberichte auch aufzeigen ist, dass die Erfahrungen ausgetauscht werden und es um das rechte Verständnis der Schrift geht. Die Erklärungen zur Schrift öffnen die Augen des Herzens. Es ist schließlich ein Weg bis zu Pfingstpredigt des Petrus, bei der Petrus dann sagt – wir haben es in der Lesung gehört: Den Urheber des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Dafür sind wir Zeugen. Es ist nicht nur jemand auferstanden, sondern der Urheber des Lebens ist auferweckt.
Und was uns beim Verstehen der Osterberichte bewusst bleiben muss, die Apostel, die Jünger und Jüngerinnen, ja die ersten Zeugen der Auferstehung haben den Auferstandenen nicht anders erlebt als wie wir heute am 3. Ostersonntag. Die Osterberichte thematisieren unsere Fragen, unser Suchen nach Antworten, unser IHN Sehen und Berühren Wollen, unsere Ängste und Zweifel, die ein Tod begleitet bis hin zur Erfahrung, dass das Unfassbare und Unerwartete wahr ist. Wir dürfen mit ihm rechnen. Er lebt! Noch mehr: Er ist Urheber des Lebens. Und das ist praktisch Höhepunkt der Osterbotschaft: Wir sind berufen, den Urheber des Lebens zu bezeugen.
Dazu nun einige Erläuterungen: Jesus lebt. Er ist auferstanden. Es ist einerseits eine großartige Botschaft, aber sie kann zugleich sehr belanglos sein. Man kann darüber diskutieren und eine Meinung haben. Manches spricht dafür, manches dagegen. Die Kirche lehrt es und vielleicht glaube ich ihr? Mag sein, dass mich der Satz trägt: Selig, die nicht sehen und doch glauben. Wenn es das Sehen, Greifen und Begreifen nicht gibt, ist die Diskussion tatsächlich müßig. Man kann nichts beweisen. Daher die Frage: Wo und wie geschieht das Sehen und Begreifen?
In den Osterberichten sind immer wieder die Wunden ein wichtiger Aspekt des Erkennens. Der Auferstandene zeigt sich mit seinen Wunden. Thomas will die Wunden sehen und sie berühren. Der Auferstandene zeigt sich in den Wunden unserer Zeit, in den Verwundeten. Vorurteile, Klischees, Traditionen, Hass, Angst, Ideologien, Populismus, … sind angetan, die Wunden zuzudecken, sie unsichtbar oder lächerlich zu machen, sind angetan, überheblich über sie hinweg zu gehen.
Die Wunden sehen oder sie berühren: Wie schnell sind Arbeitssuchende als Arbeitsunwillige, Tachinierer, Sozialschmarotzer abgestempelt. Erst die Auseinandersetzung mit der Geschichte oder Schicksal eines Menschen – mit dem in Berührung kommen mit den Wunden – löst eine Betroffenheit aus, die die Situation eines Menschen neu sehen hilft oder lässt. Ähnlich bei Asylwerbern und Flüchtlingen. Man kann ihnen eine Gefahr sehen. Es ist auch spannend, dass gerade in jenen Ländern und Gegenden die Angst vor ihnen am größten ist, die praktisch niemanden oder kaum jemanden aufgenommen haben. Wenn konkreten Personen mit ihrer Geschichte begegnet wird, verändert sich die Beziehung und Haltung. Oft ist es auch bei sogenannt schwierigen Menschen so. Das Kennenlernen der Geschichte und den erfahrenen Verletzungen, weckt viel Verständnis. Fasst mich an. Schaut nicht einfach von der Distanz darauf, auf die Äußerlichkeit. Und: Für einen Christen gilt: nicht urteilen, schon gar nicht verurteilen.
Auch die Mitwelt, die Schöpfung hat Wunden. Erst wenn diese Wunden gesehen werden, verändert sich die Haltung, die Beziehung und der Umgang mit ihr, wird es zu einer österlichen Beziehung zu ihr werden.
Manchmal braucht es den Mut, die Wunden zu zeigen, damit österliches Leben möglich wird. Jesus zeigt sie nicht in der Haltung eines Vorwurfs, sondern damit sie IHN erkennen und verstehen lernen, was sie getan haben; sprich, damit sie lernen, was Gott zu tun vermag. Die Verwundungen bleiben, aber das Leben und die Liebe können sie heilen und behalten die größere Lebenskraft.
Im Evangelium heißt es dann weiter: Habt ihr etwas zu essen hier? Sie gaben IHM Fisch und ER aß vor ihren Augen. Es verbirgt sich darin das Teilen des Lebens. Einander Brot und Nahrung sein. Es geschieht im Geben und Nehmen. Es ist interessant, der Auferstandene nimmt bzw. isst von dem, was IHM gegeben wird. Er ist nicht nur ein Gebender, er ist auch Empfangender und Nehmender. Es ist das miteinander teilen und tragen der Sorgen, der Freuden und Aufgaben. In solchem Tun zeigt sich der Auferstandene, zeigt sich neues Leben. Es ist eine Erfahrung, wer sich auf Menschen mit ihren Nöten einlässt, sie teilt, macht Erfahrungen des Beschenkt Werdens. Oft ist es in Form einer inneren, tiefen Freude – vielleicht besser – es stellt sich Friede ein.
Die Osterberichte erwähnen aber immer auch den Bezug zur Schrift. Die Schrift hilft ihnen, die Erfahrungen zu deuten, richtig einzuordnen. Die Schrift mit den Psalmen öffnet die Augen des Herzens und lässt neu sehen und verstehen.
In der Predigt des Petrus ist ein wesentlicher Punkt der Osterbotschaft beschrieben: Jesus ist der Urheber des Lebens. Ihr habt ihn getötet, aber Gott hat ihn auferweckt. Dieser Urheber des Lebens – das ist Osterbotschaft – den erfahren wir und den bezeugen wir. Jesus anhangen – auch heute – bringt uns in Berührung mit dem Urheber des Lebens. Es gibt so viel Todbringendes, Tötendes. In Berührung sein mit Jesus Christus schenkt Lebensfreude und Lebensfülle. Wenn Menschen aufhören zu urteilen und verurteilen, begegnen sie selbst dem Urheber des Lebens und sie ermöglichen es, dass auch andere (verwundete Menschen) den Urheber des Lebens erahnen und erfahren.
Zeuge der Auferstehung sein. Es ist das Zeugnis für ein neues Sehen, für einen besonderen Umgang mit den Wunden. Es ist ein Teilen der Sorgen und Nöte. Es ist die Freude an der Schrift, die uns den Weg zum Urheber des Lebens weist.
Die Osterberichte machen deutlich, dass es der Auferstandene selbst ist, der in allem Fragen und Suchen, in allen Zweifel und Ängsten, im Austausch der Erfahrungen und im Lesen der Schrift, dem Osterglauben Wachstum schenkt.
Ein Kommentar zu “Urheber des Lebens 1. Lesung: Apg 3,12-19 | 2. Lesung: 1 Joh 2,1-5a | Evangelium: Lk 24,35-48”
“Die beiden Jünger, die von Emmaus zurückgekehrt waren, erzählten den Elf und den anderen Jüngern, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.” Diese Formulierung lässt nun zwei unterschiedliche Schlüsse zu. Variante eins: Die zwei Emmausjünger waren am Gründonnerstag Mitfeiernde d. h. die Feier war nicht auf den 12er Kreis beschränkt und sie konnten damit Jesu am “eucharistischen” Brotbrechen wiedererkennen. Variante zwei: Die zwei Jünger waren nicht eingeladen, waren aber zumindest bei einem anderen (Schabbat-)Mahl anwesend, bei welchem Jesu in guter jüdischer Tradition Brot gebrochen und den Segen über Brot und Wein gesprochen hat. So brachtet könnten sich um unterschiedliche Formen des Mahl haltens und Brot brechens Erinnerungsgemeinschaften bilden.