Vertrauen haben, Vertrauen leben 1. Lesung: Mal 3,19-20b| 2. Lesung: 2 Thess 3,7-12| Evangelium: Lk 2,5-19
Die erste Lesung und das Evangelium sind sogenannte apokalyptischen Texte. Hintergrund bilden politische und gesellschaftliche Verwerfungen verbunden mit traumatischen Erfahrungen. Ein falsches Wort kann zudem lebensgefährlich sein. Zu beachten ist allerdings: Es sind Texte des Widerstandes und der Hoffnung.
Lukas schildert, dass die Konflikte einzelne sehr persönlich treffen können bis hin zu Verfolgung, Festnahme und Gefängnis. Die Frage: Wie agieren, wenn man niemanden mehr trauen kann, nicht einmal der Familie und den Verwandten? Was tun, wenn sich die Menschen gegenseitig anzeigen und in Gefahr, Todesgefahr bringen?
Ich will auf einige Aspekte der Texte eingehen:
Die Lesung aus dem Propheten Maleachi, der im 5. Jht. v. Chr. auftritt, enthält die letzten Verse unseres I. Testamentes, ehe das Neue beginnt. „Seht der Tag kommt, er brennt wie ein Ofen: Da werden alle Überheblichen und Frevler zu Spreu … weder Wurzel noch Zweig wird ihnen bleiben.“
Mit Überheblichen und Frevlern sind die skrupellosen Scharfmacher angesprochen, die rücksichts- und verantwortungslos ihre Ziele verfolgen. Der Tag wird kommen, da werden solche Gewaltmenschen, beziehungsweise Gewaltregime vorbei sein.
Es wird hinzu gesagt, dass die Wurzeln und auch Zweige vergehen. Ja, wir wissen, dass Gewaltregime ihre Wurzeln überall hineintreiben und sie die Tendenz haben, sich in alle Bereiche auszubreiten. Der Prophet hält fest, sie haben keine Zukunft, es kommt der Tag, da werden sie vergehen. Deshalb lohnt sich der Widerstand. Den Tag können wir nicht bestimmen. Das ist eine Sache Gottes. Damals am Beginn der Woche des 10. Nov. 1989 hätte in der DDR niemand gedacht, dass die Mauer fallen wird.
Maleachi weiter: „Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung“. Ich halte es für ganz wichtig zu verstehen, warum in einem solchen Text steht: …den Namen Gottes fürchten. Es geht darum, dass wir Gott fürchten und nicht irgendeinen Menschen, weder Könige, Despoten noch Unrechtssysteme.
Gott fürchten bedeutet nicht, Angst vor Gott zu haben, sondern ihm gebühren Respekt und Achtung. Er ist die letzte Autorität. Wenn ein Mensch den Weg des gewaltlosen Widerstandes geht, Solidarität und Menschlichkeit leben will, dann verankere dich in Gott. IHM traue, dass er im Letzten die Verhältnisse zu ändern vermag. Diesen Glauben trage in dir.
Im Evangelium ist die Thematik ähnlich. Zunächst: Jesus ist in Jerusalem angekommen. Er ahnt den sich zuspitzenden Konflikt. Alles wird niedergerissen. Mit dem Tod am Kreuz ist nach menschlichem Ermessen auch seine Botschaft ans Ende gekommen.
Als Lukas sein Evangelium schreibt hat er eine Gemeinde vor sich, die bereits die Zerstörung Jerusalems mit dem Tempel erfahren hat. Die Truppen des Titus leisteten ganze Arbeit. Kein Stein blieb auf dem anderen. Zudem verschärften sich die Auseinandersetzungen zwischen Juden und den jungen christlichen Gemeinden. Viele hatten das Gefühl, es gehe dem endgültigen Ende entgegen. Manche verkauften alles, arbeiteten nicht mehr und verarmten endgültig.
Nochmals, das Evangelium ist ein apokalyptischer Text. Er motiviert zum Widerstand. Er ist ein Hoffen gegen alle Hoffnung in einer Zeit, in der so vieles in einem kaum vorstellbaren Wandel war. Es gab auch damals Menschen – vielleicht würden wir sie heute Populisten nennen –, die die Stimmung für ihre Zwecke ausnutzten. Mit falschen Versprechungen wurde gelockt. Auf der Strecke bleiben die Wahrheit, die Gerechtigkeit und die Würde der Menschen.
Worauf legt Lukas nun Wert: Er ermutigt zum Vertrauen ins Leben, in die Zukunft zu haben und sich nicht von undefinierbaren Ängsten treiben zu lassen. Es gibt Entwicklungen, denen steht man als einzelner hilflos und ohnmächtig gegenüber. Vertrauen haben, Vertrauen leben. Wenn ihr standhaft bleibt, so sagt Lukas, werdet ihr das Leben gewinnen.
Die Pandemie, der Krieg, das Klima, die Preissteigerungen bewirken in der Gesellschaft eine besondere Stimmung. Viele sind verunsichert, angespannt, fahrig und werden schnell einmal laut. Es ist die Stunde von Scharfmachern, Populisten, die diese Stimmung für Hetze und Spaltung nutzen. Vertrauen ins Leben haben. Lauft ihnen nicht nach. Lasst euch nicht erschrecken! So schreibt Lukas.
Wenn alles unsicher wird, wo den Halt suchen? Jesus suchte ihn schlicht im Wort und in dessen Wahrheit. Er scheiterte nach menschlichem Ermessen. Lukas und wir – wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln – verkündigen, dass sein Weg Bestand hat, dass sein Weg in eine menschliche Zukunft führt.
Lukas trägt als Haltung auf: Zeugnis geben, d.h. aus der Liebe heraus leben; jenen Hilfen zukommen zu lassen, die in noch größerer Not sind; Solidarität zu leben mit Kranken, Trauernden, Gedemütigten. Zeugnis geben meint immer, wir tun unser Möglichstes, ein anderer lässt wachsen und Früchte aufgehen. Wir wissen nicht wann und wo und wie? Zeugnis geben bedeutet nicht, wir sind gescheitert, wenn es nicht so kommt, wie wir uns das wünschen.
Zeugnis geben von einer Welt, wie Gott sie gedacht hat. Sie hat Zukunft. Sie ist die Zukunft. Es kann sein, dass wir uns als Christen noch warm anziehen müssen. Es soll und muss uns nicht entmutigen. „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag.“ Bonhoeffer schrieb diese Worte in einer für ihn apokalyptischen Zeit.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Maleáchi anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten: