Verwandelte Blicke 1. Lesung: Gen 12,1-4a| 2. Lesung: 2 Tim 1, 8b-10| Evangelium: Mt 17,1-9
Diese sogenannte Taborerzählung ist in einen längeren Prozess, den Jesus mit den Jüngern erlebt, eingebettet. Es dürfte für sie ein Wechselbad der Gefühle gewesen sein.
Jesus sorgt dafür, dass 4000 Menschen, die schon drei Tage nichts zu essen hatten, satt werden (Mt 16,1-4). Danach kommen Pharisäer und Sadduzäer und fordern von Jesus ein Zeichen vom Himmel. Das Erfahrene in der Brotvermehrung hat sie nicht beeindruckt. Die Jünger und Jesus fahren auf die andere Seite des Sees.
Aber am anderen Ufer scheint es, dass die Erfahrung der Brotvermehrung auch bei den Jüngern wenig zum Verstehen und Glauben beigetragen hat. Sie stellen fest, dass sie kein Brot mitgenommen haben (Mt 16,5-12). Sie machen sich wieder sorgen. Als sie danach von Jesus gefragt werden, für wen sie ihn halten? (Mt 16,13,20), antwortet Petrus: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes (Mt 16,16). Jetzt scheint es, dass sie begriffen haben.
Als aber Jesus daraufhin von seinem Leiden und Sterben zu sprechen beginnt, macht Petrus Jesus Vorwürfe: Das soll Gott verhüten, Herr! (Mt 16,22) Worauf er von Jesus angefahren wird: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen (Mt 16,23).
Und Jesus erklärt ihnen weiter: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden (Mt 16,24-25). Es ist ein Auf und Ab bei den Jüngern, ein wachsendes Verstehen und dann wieder ein großes Nichtverstehen, ein Zustimmen und wieder das Verweigern. Der Kreis jener Menschen – Jüngerinnen und Jünger, die weiter mit Jesus mitgehen, hat sich verkleinert. Es ist keine verheißungsvolle Perspektive, ein Weg an dessen Ende das Leiden steht.
Dann heißt es: Sechs Tage danach ging Jesus mit dreien auf einen hohen Berg. Sie erleben eine besondere Erfahrung: Jesus im Gespräch mit Mose und Elja. Auf dem Hintergrund der Schrift lernen sie Jesus neu kennen. Durch die Schrift erscheint ihnen Jesus in einem neuen Licht. Es leuchtet sein Antlitz. Es verwandelt ihren Blick auf Jesus. Er wird zur Deutung der Schrift. Jetzt scheinen sie wirklich den Kern seiner Botschaft verstanden zu haben; verstärkt durch eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
Zugleich löst das Verstehen Furcht aus. Es heißt sogar: Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Furcht, warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Mose wirft sich beim brennenden Dornbusch ebenso nieder, weil er GROSSES ahnt: das Angesprochen Sein aus einer anderen Welt. Ähnlich ergeht es hier den Jüngern. Es ist das Erkennen einer neuen tiefen Wahrheit: Das Angesprochen Sein aus einer Unverfügbarkeit.
Was für die Jünger in ihrer Situation entscheidend wird, ist die Stimme aus der Wolke: Auf ihn sollt ihr hören. Das Hören auf Jesus bleibt die entscheidende Orientierung für die Jünger, später für die junge Kirche in der Verfolgung. Auch eine Kirche der Zukunft ist wohl gut beraten, das Hören auf Jesus zu pflegen. Das Hören auf Jesus ist nicht zu trennen vom Hören auf die Nöte von Menschen. In der Abschiedsrede formuliert es Jesus in folgender Weise: Was ihr einer meiner geringsten Schwestern oder Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40).
Die drei Jünger auf dem hohen Berg haben mit Jesus ein außergewöhnliches Erlebnis. Sie wollen bleiben. Petrus schlägt vor drei Hütten zu bauen. Es sind noch zwei Aspekte, die für mich erwähnenswert erscheinen:
Ein erster: Jesus heißt sie vom Berg hinabsteigen, in die Niederungen des Alltags, zurück zu den Menschen, die im Dunkeln sitzen und sich nach Licht sehnen. Es ist das Hinuntersteigen in den Alltag, der von Mühsal und vielen offenen Fragen, von Eintönigkeit, Not, Enttäuschungen, Kränkungen und Sorge bestimmt ist. Christlicher Glaube verspricht nicht ein Leben auf dem Berg der Verklärung mit verklärendem Licht, vielmehr hat sich christliches Leben im Alltag, in den Niederungen des Daseins zu bewähren.
Jesu Weg geht nach Jerusalem. Es wäre fatal, dort zu bauen, wo wir noch nicht endgültig angelangt sind. Erst an Ostern wird deutlich und klar, was zeichenhaft und visionär am Berg der Verklärung den drei Jüngern aufleuchtete: dass am Ende des Weges nicht der Tod und der Untergang stehen, sondern das Licht, das Leben und die Liebe. Die Feier der Eucharistie kann ein wöchentliches Erlebnis sein, das uns hilft als Hörende auf Jesus auf dem Weg zu bleiben. Was wir Sonntag für Sonntag hören und feiern, hat als Bewährungsprobe das alltägliche Leben.
Ein zweites: Jesus sagt den Jüngern beim Abstieg: Erzählt niemand von der Erfahrung, erst nach Ostern. Nicht das Erzählen von großen Erfahrungen oder Erscheinungen ist Auftrag der Verkündigung, sondern das Hören auf Jesus, das Gehen in seinen Spuren, der gelebte Glaube im Alltag.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Génesis anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Verwandelte Blicke 1. Lesung: Gen 12,1-4a| 2. Lesung: 2 Tim 1, 8b-10| Evangelium: Mt 17,1-9”
Wie bei den Seligpreisungen steigt Jesus auf den Berg. Diesmal ohne Menschenschar am Fuße des Berges. Drei dürfen mitgehen. Sie möchten den Moment festhalten, seßhaft werden
(Hütten bauen), diese kurze Zeit des Glücklichseins festhalten. Die starken Gefühle zwischen Angst, Ehrfurcht, Staunen, das Licht, die Stimme, bei etwas so Großem dabei sein zu dürfen, das macht etwas mit den Jüngern. Manchmal sagen wir: “Des ischt so schö gsi, wia Weihnachta und Oschtra zemma.” Doch dazwischen liegt das Leben, das Gefordertsein. Aber wir dürfen so kostbare Momente in unserem Herzen, in unseren Gedanken konservieren, Hütten bauen in uns und ab- und zu die Türen auf machen, hineinschauen in diese wunderbare Zeit zum Kraft tanken. Für mich ist die Eucharistiefeier so eine Türe. Eine Türe , die mich in meinen Kraftraum führt. Und ich bin sehr dankbar darüber, dass ich diese Erfahrung machen darf.