
Schalom-Boten 1.Lesung: Apg 5,12-16| 2.Lesung: Offb 1,9-11a.12-13.17-19| Evangelium: Joh 20,19-31
Furcht verleitet dazu, sich zurückzuziehen und die Türen zur Außenwelt zu verschließen. Damit macht man sich aber zum Gefangenen seiner selbst. Wir kennen das, wenn uns Situationen überfordern. Wir wollen gerade noch jene Menschen zu uns lassen, die uns vertraut sind und denen wir zutrauen, dass sie achtsam mit unserer Verletzlichkeit umgehen.
Mich erinnert die Situationsbeschreibung des Evangeliums an aktuelle Verhaltensweisen. Die Situation auf unserem Erdball scheint verfahren. In Ländern, die als Horte der Demokratie galten, werden von Regierenden illegitime Landansprüche erhoben. Verwaltungen wird verboten bestimmte Wörter zu verwenden wie z.B. Minderheiten, Inklusion, Multikulturalität, Antirassismus. Bei den Fernsehnachrichten lösen die Bilder aus Gaza Entsetzen aus. Man reibt sich die Augen und fragt sich, ob das denn nun alles wahr sein kann.
Auch wir reagieren mit Rückzug, ja er wird sogar empfohlen – weniger Konsum von Social Media und Fernsehnachrichten. Es ist allerdings nicht nur der Wind aus anderen Regionen der Welt, der rauer wird, nein auch im nahen Umfeld verändern sich Umgangsformen. Kürzlich meldete ich mich beim Empfang in einer Arztpraxis zur vereinbarten Untersuchung an. Die Ruppigkeit des Personals erinnerte eher an ein Polizeiverhör als an eine Bitte um die e-card. Nicht sehr erfreulich, aber auch nachvollziehbar, wenn man hört, dass Mitarbeitende im Gesundheitsbereich von Patienten schon tätlich angegangen wurden.
Vieles davon sind Anzeichen von Überforderungen. Wir kennen die Welt nicht mehr – im Großen wie im Kleinen. Wir müssen uns neu zurechtfinden mit den Gegebenheiten. So ging es auch den Jüngern nach dem Tod Jesu. Und die heutige Bibelstelle erzählt davon, welch unterschiedliche Reaktionen so etwas bei Menschen auslösen kann.
Zum einen der beschriebene Jüngerkreis, der sich hinter verschlossenen Türen zusammenfand. Sie hatten den Boden unter den Füßen verloren und Angst, wie ihr Leben wohl weiter verlaufen werde, sie flüchteten sich in den Restbestand der heilen Welt. Thomas reagiert anders. Er zieht die Erlebnisse, die hinter ihm liegen in Zweifel und versucht, wieder Anschluss im Leben zu finden. Es war nicht irgendein Jüngertreffen, dem er fernblieb. Es war das Herzstück der gemeinsamen Verbundenheit – der Abend des ersten Tages der Woche. Also der Erinnerungstag an die von Jesus gestiftete Erinnerungskultur. Die Abwesenheit des Thomas muss die Jünger zutiefst irritiert haben, denn damit wurde klar, dass er grundlegend die gemeinsame Glaubens- und Wertebasis in Frage stellte. Im Gespräch legt er dann sogar noch mit seinen ausgesprochenen Glaubenszweifeln nach, muss sich aber immer noch mit dem Jüngerkreis verbunden gefühlt haben, denn eine Woche später war er dann doch wieder bei ihnen.
Der multiplen Verstörtheit der Jünger begegnet Jesus, indem er sich von den verschlossenen Türen nicht aufhalten lässt und den Zugang zu den Herzen der Jünger findet. Schalom bedeutet weit mehr als „Friede sei mit euch“. Sprachwissenschaftler meinen, dass sich dieses Wort im politischen, rechtlichen, kultischen und sozialen Kontext nicht in einen einzigen Begriff moderner Sprachen pressen lässt. Er bedeutet allgemeine Unversehrtheit und Heil. Dies nicht nur im Sinne von Befreiung, sondern auch Gesundheit, Ruhe und Glück aber auch lebensfördernde Ordnung der Welt. Schalom gilt als Frucht von Gerechtigkeit und Folge von Vertrauen. Schalom ist nicht nur eine Aussage, sondern auch ein Segenswort. Schalom ist die Grundaussage Jesu nach seinem Tod, aber nicht nur das, denn Schalom wird auch zum Grundauftrag für die Jünger. Um anderen Zuspruch und Segen zu geben, muss man die Füße vor die Türe setzen. Dass die Jünger den Auftrag annahmen, davon berichtet uns der heutige Text der Apostelgeschichte: „Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder im Volk“ (Apg 5,12).
Der erste Schluss des Johannesevangeliums endet mit folgenden Worten: „Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen“ (Joh 20,30-31). Warum sind aber gerade diese aufgeschrieben worden, kann man fragen? Weil sie uns Nachgeborene mitten hineinnehmen: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. (Joh 20,29). Ja, das wird uns abverlangt, daran zu glauben, dass Schalom-Boten auch durch verschlossene Türen kommen können. Dass wir nicht aufgeben an Schalom zu glauben, der nicht zu sehen ist. An die Zukunft zu glauben, die in grauen Schleiern vor uns liegt. Am Frieden festzuhalten, wo es ihn noch gibt und mit nicht nachlassenden Forderungen, wo er verloren gegangen ist, darum zu kämpfen. Mit dem heiligen Geist sendet Jesus die Jünger unter die Menschen, und zwar mit einem klaren Auftrag der Unterscheidung und der Prüfung von Gut und Böse. Wie ihn der Vater gesandt hat, so sendete er die Jünger und das bedeutet, zuerst für Schalom einzutreten. Das Wort beim Namen zu nennen und Schalom nach außen zu tragen. Das Wort ist so vielfältig und lässt so viel Spielraum, dass vom freundlichen Lächeln in Alltagssituationen, von Segensworten bis hin zu den großen politischen Forderungen alles enthalten ist und der Kreativität des eigenen Beitrages keine Grenzen gesetzt sind.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Schalom-Boten 1.Lesung: Apg 5,12-16| 2.Lesung: Offb 1,9-11a.12-13.17-19| Evangelium: Joh 20,19-31”
Warum Vertrauen sich lohnt?
Der verstorbene Papst Franziskus hat uns vorgelebt, wie Liebe, Glaube und Hoffnung eine Wirkung zeigen. Für ihn war jeder Mensch sozial gleichwertig und er setzte sich für Frieden, Freiheit und für ein Miteinander der Menschheit ein.
Heute zeigen führende Staatsmänner, wie man Menschen durch ständig wechselnde Aussagen verunsichert. Der Glaube wird dabei bei Vielen sehr erschüttert. Für mich ist es daher sehr wichtig, mit Gottes Hilfe -Dialog mit ihm-
, die Weltgeschehnisse unterscheiden zu können, ist das Gehörte eine Wahrheit oder eine Lüge. Durch das Gelingen der Unterscheidung stellt sich bei mir ein innerer Frieden ein. Das Vertrauen auf Gott lohnt sich.
Gesegnete Grüße