Wenn Gastfreundschaft aufleuchtet 1. Lesung: Jes 40,1-5.9-11 | 2. Lesung: 2 Petr 3,8-1| Evangelium: Mk 1,1-8
„Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.“ Dieses Wort richtet sich an die deportierten Menschen in Babylon. Sie sind Vertriebene, vielfach Sklavinnen und Sklaven, deren Rechte und menschliche Würde kaum geachtet wurden. Sie waren Verlierer, Unterlegene. Und die nächste Demütigung: Sie wurden gebraucht und missbraucht als Arbeitstiere. Ihr Leben zählt nicht. An sie richtet sich der Ruf des Propheten Jesaia: Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.
Jemand, der dies in seiner Zeit sich sehr zu Herzen nahm, war der Heilige Nikolaus. Er sorgte in seiner Stadt und Diözese dafür, dass das hungernde Volk Brot bekam. Er kümmerte sich um Arme und Obdachlose. Wir halten den Heiligen Nikolaus in der Kirche groß, weil sein Verständnis von Christsein Programm bis heute geblieben ist. Das Beschenken der „Kleinen“ macht ein Volk nicht ärmer, sondern ist Grund und Anlass für viel Freude und Dankbarkeit, ist Ausgangspunkt einer Gesellschaft, in der das Miteinander gelingt, in der gelacht und gefeiert werden kann. Es ist im Tiefsten jener Weg, der langfristig die stärkste „Waffe“ gegen Gewalt und Terror ist.
Israel weiß um das Schicksal des Fremd- und Vertriebenseins oder um das Dasein als Flüchtende und Migranten. Sie haben es öfters in der Geschichte erlebt. Es ist Abraham, der aus seinem Vaterland weggerufen wird, in ein Land, das ihm erst noch gezeigt werden wird. Er soll und wird da zum Segen sein. Es ist Gott, der ihn weggerufen hat, und er kommt zunächst nach Kanaan. Der biblische Zugang lässt fragen, ob nicht jegliches Fortziehen von Menschen einem Ruf Gottes entspringt, ob der Grund die Liebe zu einem Menschen oder ob es die Flucht vor Gewalt oder Not ist? Abraham kommt zunächst nach Kanaan, zu Deutsch: Land der Demütigung oder Land der Unterdrückung.
Dieses tiefe Bewusstsein hat dazu beigetragen, eine große Gastfreundschaft den Fremden oder Migranten gegenüber zu leben. Ja, wer einen Gast aufnimmt, bürgt mit seinem Leben für seine Sicherheit (Gen 19,6-8). Es gleicht dem Gewähren von Asyl.
Gerade die Anfänge bei Abraham zeigen, dass gelebte Gastfreundschaft keine Einbahnstraße ist. In zwei Beispielen leuchtet auf, was Gastfreundschaft bewirkt. Abraham erhält von drei Männern Besuch, denen er Wasser zum Füßewaschen bietet und sie reichlich bewirten lässt. Die Geschichte erzählt, dass die Gäste oder ein Gast Abraham und Sarah die Geburt des Kindes Isaak ankündigen. Die Gastfreundschaft ermöglicht neues Leben, alte Sehnsüchte und Wünsche finden ihre erfüllende Antwort. Eine neue Zukunft tut sich auf.
Nur wenig später nimmt Lot Fremde als Gäste in sein Haus auf. Bevor er sie anspricht, werden sie „Engel“ genannt (Gen 19,1). Lot bietet ihnen vor dem aufgepeitschten Pöbel der Stadt Schutz. Sie werden aber ihm zu Engeln, denn sie retten ihm zweimal das Leben (Gen 19,10.18). Gastfreundschaft macht weder Einzelne noch ein Volk arm, im Gegenteil: Das Gegebene kommt in irgendeiner Form zurück.
Das Leben in der Fremde prägt Israel als Volk. Zur Zeit des Jakob kommen sie als Wirtschaftsflüchtlinge nach Ägypten. Sie flohen vor dem Hunger. Nach einem verheißungsvollen Anfang wird das Volk Israel immer stärker unterdrückt und drangsaliert. Letztlich war ein Progrom geplant. Jede männliche Geburt sollte getötet werden.
Nicht weniger tief ins Bgewusstsein hat sich die babylonische Gefangenschaft eingeschrieben Die Lesung richtet sich an die Menschen dieser Zeit. Israel erfährt gerade in diesen widrigen Umständen Gottes Gegenwart und Wirken, letztlich das von ihm Getragen sein. Er hört ihre Klage und ihr Schreien. Jegliche Not von Menschen geht Gott ans Herz, an die Nieren. Wer das nicht anerkennen will, so erzählt uns die Geschichte vom Durchzug durchs Rote Meer, kommt in den tödlichen Fluten der Gier und Gewalt selbst um, wie der Pharao mit Ross und Wagen.
Das Zelt ist Zeichen dafür, dass Gott mit jenen auf dem Weg ist, deren Leben ungesichert und gefährdet ist, die darben und denen das Lebensrecht abgesprochen wird. Gott hört ihre Klage und ihr Schreien. Dies gilt es zu bedenken, wenn wir nochmals diese starken Worte des Propheten Jesaia hören: Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.
Wie schon erwähnt, die biblische Gastfreundschaft ist keine Einbahnstraße. Sie kennt auch für den Gast Regeln. Er hat unter anderem die Privatsphäre des Gastgebers zu wahren. Nur auf dessen Einladung hin, darf er ins Innerste des Zeltes. Der Gast darf nicht unbegrenzt die Gastfreundschaft ausnutzen. Sollte er mehr als drei Tage bleiben wollen, muss er Gründe vorlegen oder es beginnt für ihn die Zeit, für den Unterhalt mit zu sorgen.
Der Heilige Nikolaus hat in jener Gegend gelebt und gewirkt, in der heute viele Flüchtlinge, Asylsuchende teilweise unter unmenschlichen Umständen ihr Dasein fristen müssen. Das Zelt ist Zeichen dafür, dass Gott mit ihnen ist, ihre Klage und ihr Schreien hört. Es ist ein prophetischer Ruf an uns: Tröstet sie! Tröstet mein Volk, spricht euer Gott!
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Petrus möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten: