Wertvolle Reste 1. Lesung: 2 Kön 4,42-44|2. Lesung: Eph 4,1-6|Evangelium: Joh 6,1-15
Die Brotvermehrung dürfte eines der vertrautesten Texte der Bibel sein. Bei solchen Texten erhöht sich die Gefahr abzuschalten. Ich weiß doch, was im Weiteren folgt. Gerade bei solchen Texten ist ein gemeinsames Lesen hilfreich. Jede und jeder ist von anderen Impulsen geleitet. Dadurch rücken Gedanken in den Vordergrund, die man allein leicht überliest oder übersieht. Meine Ausführungen resultieren aus einem solchen fremden Impuls.
Die Brotvermehrung hebt den Aspekt hervor, dass aus wenigen Broten genügend für viele wurde. Fünf Brote und zwei Fische haben allein fünftausend Männer satt gemacht. Für die Anwesenden war es ein eindrückliches Ereignis, denn sie kommen zu Jesus und wollen ihn zum König machen. Endlich jemand, der es versteht, dem Hunger Herr zu werden.
Begleitet uns nicht ebenso der tiefe Wunsch, alle mögen satt werden. Der Wunsch richtet sich besonders an Politiker, Wirtschaftstreibende und Händler, dass sie es organisieren, den Hunger aus der Welt zu schaffen.
Es ist mir noch nie so richtig aufgefallen, dass die Brotvermehrung einen zweiten Teil hat, den es genauso zu beachten gilt. Als alle satt sind, sagt Jesus: Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verdirbt! Sie füllten zwölf Körbe voll.
Es wird vom Evangelisten nicht genauer erzählt, was mit den vollen Körben passiert? Die Vorgabe Jesu ist: Nichts soll verderben. Wir erleben in unseren Breiten beinahe eine Umkehr der Brotvermehrung. Viele Lebensmittel werden weggeworfen. Wien wirft jeden Tag so viel Brot weg, dass die Bevölkerung der Stadt Graz zu leben hätte. Und Graz wirft jeden Tag so viel Brot weg, wie Linz zum Leben bräuchte. Es ist eine Umkehrung der Brotvermehrung. Das Übriggebliebene wird weggeworfen.
Es betrifft nicht allein das Brot. Überhaupt werden zu viele Lebensmittel produziert und was zu viel ist, wird weggeworfen, vernichtet.
Jesus sagt nochmals am Ende der Brotvermehrung: Sammelt ein, damit nichts verdirbt. Es erinnert mich an Menschen in Südamerika. Zweimal war ich dort um Partnerprojekte zu besuchen. Für Gäste gab es an verschiedenen Orten Einladungen mit jeweils einem großen Festmahl. Es war unmöglich die vorgesetzte Mahlzeit nur annähernd zu verspeisen. Es regte sich bei mir das schlechte Gewissen. Es war klar, die Bewohner hatten teilweise ihr Letztes – ein Huhn, Gemüse, Obst… – für das Festmahl gegeben. Ein Begleiter klärte mich dann auf: Wenn du vom Tisch gehst, kommen die Leute vom Dorf und essen fertig. Da bleibt nichts übrig. Nichts essen wäre für sie eine Beleidigung. Es genügt, wenn du probierst. Die Menschen des Ortes sorgen dafür, dass nichts verdirbt.
Die Schwestern eines Karmels in Deutschland praktizieren ein anderes Zeichen. Am Ende der Mahlzeit werden Brotstücke herumgereicht. Mit ihnen tunken sie die letzten Reste der Speisen im Teller auf. Sie wollen damit nicht der Geschirrspülerin die Arbeit erleichtern, sondern der tiefere Grund ihrer Praxis liegt im Vermeiden von Speiseresten im Spülwasser oder Müll. Nichts soll verderben.
Vielleicht gilt es in unserem Kulturkreis diesem zweiten Aspekt der Brotvermehrung – der achtsame Umgang mit den Resten – mehr Beachtung zu schenken. Nicht zuletzt betrifft der achtsame Umgang mit den Nahrungsmitteln, mit den Speisen wichtige Themen der Zukunft, wie: faire Preise für die Erzeuger, Klimawandel, Ausbeutung der Natur, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Migration und nicht zuletzt den Frieden.
Sammelt die Reste ein, damit nichts verdirbt. Wir können davon ausgehen, dass damals die Reste unter den Anwesenden zum Mitnehmen aufgeteilt wurde und besonders die Ärmsten davon profitierten.
Eine andere Deutung könnte sein: Der Evangelist weiß um die vielen Hungernden. Daneben gibt es immer auch Kreise, Gruppen, Menschen, die zu viel haben. Es könnte ein Appell an ihre Fantasie sein: Zwölf Körbe voll mit Resten – was mit ihnen tun? Wegwerfen? Vernichten? Gerade der Umgang mit den Resten braucht Organisation. Sie ist Teil der Brotvermehrung. Es ist Fantasie gefragt. Es gilt aber auch an Haltungen zu arbeiten. An meinen Haltungen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem zweiten Buch der Könige anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Ephesus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
3 Kommentare zu “Wertvolle Reste 1. Lesung: 2 Kön 4,42-44|2. Lesung: Eph 4,1-6|Evangelium: Joh 6,1-15”
Gedanken zu Joh 6,1-15
Danke Herr Pfarrer Baldauf für Ihre Ausführungen zum Evangelium. Ich möchte noch weitere Aspekte einwerfen. Dass 5000 Männer teils mit ihren Familien unterwegs waren, ohne Proviant dabei zu haben, ist für mich unwahrscheinlich. Wohl aber wird jeder gedacht haben, dass das bischen Proviant das dabei hat, reiche nur für seine Familie. Das gr0ße Wunder, das schließe ich daraus, ist nicht die Brotvermehrung, wie durch einen “Zauber” sondern, dass Jesus die Herzen aller öffnete, sodass sie zum Teilen bereit waren. Und dass noch 12 Körbe übrig waren, heißt für mich vorallem: Auch wenn wir mit anderen teilen was wir haben, werden wir keinen Mangel leiden.
Mit lieben Grüßen
Ich möchte mich der Aussage von Frau moritsch anschließen. Herr schenke uns die Erfahrung, dass durch miteinander teilen unser Leben reicher und wertvoller wird,, im Vertrauen darauf das viele Menschen berührt werden verbleibe ich mit freundlichen Grüßen…..kleinbichler elisabeth
Ich ‘teile’ die Einsicht von Frau Moritsch und würde sagen: Durch TEILEN kommt MITeinander ins (durchaus lebensträchtige) DURCHeinander. :-))