Wie Leben zum Fest wird 1. Lesung: Jes 62,1-5| 2. Lesung: 1 Kor 12,4-11| Evangelium: Joh 2,1-11
In diesem liturgischen Jahr lesen wir vorwiegend das Lukasevangelium. Eingestreut werden Abschnitte aus dem Evangelium des Johannes. Heute hörten wir vom ersten Zeichen, dass Jesus wirkt. In den nächsten Sonntagen ist wieder Lukas an der Reihe. Es ist bedauerlich, dass dieses Zeichen völlig aus dem Zusammenhang gerissen so alleine dasteht.
Was nach Johannes Grundanliegen der Sendung und des Auftretens Jesus ist, zeigt sich in diesem ersten Zeichen: Jesus will, dass das Leben ein Fest ist und dass das Leben als Fest zu Ende gefeiert werden kann. Es ist seine Sendung und dafür lebt er.
Wir wissen, dass das Leben als Fest gefährdet ist, selbst wo Menschen füreinander große Liebe verspüren oder verspürten, können sie das Fest nicht garantieren. Wie rasch kann ein Schicksal, eine Katastrophe, eine Krise, eine Krankheit, ein Unfall, eine Not … das Leben durchkreuzen und Menschen müssen sagen, wir haben nichts mehr zum Feiern. Der „Wein“ der Freunde droht auszugehen oder ist ausgegangen.
Es ist Maria, die den Hinweis gibt: Tut, was er euch sagt! Es wäre ein eigenes Thema, der irritierende Umgang Jesu mit seiner Mutter in dieser Situation. Darauf möchte ich nicht eingehen, sondern den Hinweis Marias festhalten: Tut, was er euch sagt. In persönlichen oder gemeinsamen Krisenzeiten ist uns dieses Wort Mariens ein wichtiger Hinweis, damit das Leben als Fest bleibt: Tut, was er euch sagt! Mitgemeint ist, lies nun das ganze Evangelium und höre die Worte Jesu. Tu, was du da zu hören bekommst. Lebe danach! Lerne das Evangelium!
Ein Auftrag, den Jesus den Dienern gibt: Füllt die Krüge mit Wasser. Mit anderen Wort: Macht (jetzt) weiter mit dem Alltäglichen, mit dem ganz Gewöhnlichen, mit dem Normalen. Dieses Alltägliche, Gewöhnliche vermag ER in besseren Wein zu verwandeln. Aus dem Alltäglichen und Gewöhnlichen wird besserer „Wein“ als der Anfangswein.
Für eine Beziehung kann es heißen, dass an die Stelle der Verliebtheit eine Liebe tritt, die viel tragender und verbindender ist; im Beruf oder einer Aufgabe, dass die Anfangsbegeisterung verloren geht, aber die wachsende Verantwortung mehr Sinn und Zufriedenheit schenkt; im Leben nach der jugendlichen Unbeschwertheit und Leichtigkeit, dass in den wachsenden Mühen und Herausforderungen es erfüllend und beglückend wird. Im Tun, was ER euch sagt, gewinnt das Leben.
Weder der, der für das Fest Verantwortliche noch der Bräutigam wussten woher der gute Wein kam. Es waren allein die Diener, die das Wasser schöpften. Es sind die dienenden Menschen, die dafür sorgen, dass das Fest bleibt. Es sind die dienenden Menschen, die dem Leben Festcharakter ermöglichen. Als Johannes sein Evangelium schreibt, sind viele der Gemeindemitglieder in dienenden Aufgaben: als Mägde, Diener, Sklavinnen und Sklaven. Johannes würdigt ihr tun, würdigt ihre Arbeit. Johannes hält zugleich in seiner Gemeinde fest, dass jede Aufgabe und Rolle von Bedeutung ist, gerade die Dienenden das gemeinschaftliche Leben zum Fest werden lassen. Paulus formuliert in seinem Brief an die Römer: Strebt nicht hoch hinaus, sondern bleibt demütig (Röm 12).
Ein weiterer Aspekt: Die Gemeinden waren noch klein und bescheiden. Sie konnten keine großen Events organisieren. Vieles, was sie an Solidarität, Nächstenliebe, Hilfe, … lebten, wirkte unscheinbar und einfach. Gerade dieses Unscheinbare erbrachte vielen eine neue Qualität von Leben und eben auch Lebensfreude.
Jesus setzt ein erstes Zeichen: das Leben soll als Fest zu Ende gefeiert werden können. Zum Verständnis der Bibel sei erwähnt, dass sie ursprünglich keine Zwischenüberschriften hatte. Weil wir zudem das Johannesevangelium nicht als Ganzes lesen, sondern immer wieder nur in Abschnitten, fehlen manche Zusammenhänge. Einen möchte ich an dieser Stelle hervorheben:
Unmittelbar auf dieses Zeichen von Kana, bei dem Wasser zu Wein wird, folgt die sogenannte „Tempelreinigung“. Die Synoptiker haben dieses Ereignis jeweils in der Karwoche, nach dem Einzug in Jerusalem. Johannes hat sie an den Beginn seines Evangeliums, im unmittelbaren Anschluss an dieses erste Zeichen platziert. Damit das Leben ein Fest bleiben kann oder eben wird, ist diese Tempelreinigung notwendig. Jesus trieb die Händler mit den Schafen und Rindern hinaus und sagt dazu: Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle (Joh 2,16).
Sie tangiert das Gottesbild, das Gottesdienstverständnis und die existentielle Grundlage der Priesterschaft.
Bei den Händlern wurde „koscheres“ Geld eingewechselt, mit dem die Wallfahrer die Opfertiere kaufen konnten, die dann als Opfer dargebracht wurden. Wenn Jesus die Händler vertreibt, dann gibt er zu verstehen, dass Gott das ganze Opferwesen nicht braucht. Gott verlangt diese Opfer nicht. Sie tragen zur Liebe Gottes nichts bei. Gott liebt dich und mich – gratis, umsonst – ins Leben. Wir müssen uns die Liebe Gottes nicht kaufen, nicht verdienen. Diese „Markthalle“ brauchen wir nicht.
Die Kritik am Gottesdienstverständnis Jesu heißt: Unsere Antwort auf diese Liebe Gottes, ist das Lob, die Dankbarkeit. Gott ehren, loben und danken ist Quelle und Höhepunkt christlichen bzw. gläubigen Lebens. Wir sagen dazu: Eucharistie. Gott will keine Opfer. Jesus greift dabei ein Thema auf, dass die Propheten wie Jesaia (Jes 1) schon Jahrhunderte davor verkündet haben. Es hatte sich noch nicht durchgesetzt. Und es ist heute noch Thema in unserem Glaubensverständnis. Dankbar werden für das, was uns täglich geschenkt wird durch Gott, durch die Schöpfung, durch Mitmenschen, … das führt Menschen in die Freude, in das Fest des Lebens.
Von den geleisteten Opfern wurde die Hälfte verbrannt, der andere Teil wurde der Priesterschaft gespendet. Es trug wesentlich zu ihrer Existenzsicherung bei. Es hat eine gewisse Logik, wenn da Widerstand von der Priesterschaft wächst, sollten eben die Opfer wegfallen.
Gott will keine Opfer (als Gottesdienst), sondern Dankbarkeit, Lob und Ehre. Wir sind in der Mentalität des Opferns, wenn andere für uns nie genug tun können bzw. ich in einer Haltung lebe: gib, gib, gib…Dankbar sein, was uns alles geschenkt wird oder zuwächst; oder dankbar werden für alles das, was nicht selbstverständlich ist, das führt in die Freude des Lebens, in die Freude am Leben. Es ist ein „Wein“, der gut schmeckt.
Ein Kommentar zu “Wie Leben zum Fest wird 1. Lesung: Jes 62,1-5| 2. Lesung: 1 Kor 12,4-11| Evangelium: Joh 2,1-11”
Manchmal kann es interessant sein, eine Bibelstelle in unterschiedlichen Bibelübersetzungen nachzulesen. Dieses Mal habe ich den Satz aus der ersten Lesung Jesaja 62,4: „Nicht länger nennt man dich Verlassene und dein Land nicht mehr Verwüstung, sondern du wirst heißen: Ich habe Gefallen an dir und dein Land wird Vermählte genannt“ nachgeschlagen. In der „alten“ Einheitsübersetzung wurde das Land der Verwüstung noch als „Ödland“ bezeichnet. Der neue Name Gottes war „Meine Wonne“. Beindruckt hat mich die Buber/Rosenzweig-Übersetzung aus dem Hebräischen. Dort wird das „Land der Verwüstung“ bzw. „das Ödland“ als „Verstarrte!“ bezeichnet.
Während Ödland ein Land ist, auf dessen Boden man aufgrund der Beschaffenheit weder Forst- noch Landwirtschaft betreiben kann und das Land nutz- und zukunftslos bleiben muss, kann man sich aus „Erstarren“ lösen. Beim Begriff „Verwüstung“ schwingt mit, dass etwas durch äußere Einflüsse geschah, durch Krieg oder eine Naturkatastrophe, man unschuldig zum Opfer wurde. Die „Verstarrtheit“ der Buber/Rosenzweig Übersetzung entlässt den Einzelnen nicht so leicht aus der Selbstverantwortung. Der Begriff „Verstarrte“ passt auch gut zur Theologie des Neuen Testaments. Jesu Hauptanliegen ist es Menschen aus ihrer „Verstarrtheit“ zu befreien. In diesem Kontext ist auch sein Aufruf zur Umkehr bzw. zum Umdenken zu verstehen. Letzte Woche hörten wir im Evangelium bei der Taufe Jesu die Zusage: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“. In der Übersetzung von Buber/Rosenzweig lautet der Erlösungszuruf Gottes bei Jesaja 62,4 an sein gesamtes Volk „sondern dich ruft man: An-ihr-mein-Gefallen“.