Verwandelnde Liebesdienste 1. Lesung: Ex 12,1-8.11-14 | 2. Lesung: 1 Kor 11,23-26| Evangelium: Joh 13,1-5
Wir feiern das letzte Abendmahl. Doch Vorsicht: Mit letztem Abendmahl verbinden wir in erster Linie ein letztes Mal, Abschied und nun ist es vorbei. Jesus feiert das Passah – „Übergang“. Dieses Mahl steht in Verbindung mit Aufbruch, mit Anfang eines Weges in die Freiheit, mit Beginn des Weges ins gelobte Land. Es geht nicht um Opfer, sondern Übergang, Aufbruch, Anfang sind die Grundthemen dieser Feier. Jesus feiert mit den Jüngern Passah. Es ist auch das Passah seines Lebens.
Jesus gibt dieser Feier einen besonderen Akzent, der den Jüngern vor allem später weiter helfen wird. Ihn versuche ich hervor zu heben.
Die Situation, in der die Feier stattfindet, ist aufgeheizt und angespannt. Es wird sofort gesagt, Judas Iskariot will Jesus verraten und ausliefern. Aus dem engsten Kreis – Freundeskreis – ein Verräter. Es ist dem Judas vom Teufel ins Herz gegeben, so heißt es. Es will sagen, er ist völlig in sich gefangen, blindwütig, kann nichts mehr von Außen hören und sehen. Er ist auf seinen Plan, seine Gedanken fixiert.
Die Situation ist auch durch die äußeren Umstände aufgeheizt und angespannt. Das Volk leidet unter der römischen Bestatzung. Es wird wirtschaftlich und menschlich ausgepresst. Es brodelt. Das jüdische Volk ist uneins, wie mit der Besatzung umgegangen werden soll. Manche forderten sogar den offenen Aufstand. Vermutlich sympathisierte Judas mit ihnen. Jesus stand diesen Auseinandersetzungen nicht neutral gegenüber. Er hat sich eingemischt. Alle Jünger haben die Spannungen mitbekommen.
Jesus feiert im engsten Kreis, mit den Jüngern – Frauen waren auch dabei – das Passah. Da ist zunächst ein Satz ganz wichtig: „Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung“. Der Begriff „Welt“ ist bei Johannes nicht einfach die sichtbare Welt, die uns umgibt und in der wir leben. „Welt“ meint bei Johannes das „Gottfeindliche“, „Gottferne“.
„Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte…“ – seine Liebe gilt jenen, die in der Welt sind, die also Hass, Feindschaft, Ungerechtigkeiten, alle Formen der Unmenschlichkeit zu spüren bekommen, … ihnen erwies er seine Liebe bis zur Vollendung. Ihnen erweist er eine vollendende Liebe. Der Punkt ist hier, dass Jesus nicht auf die gottlose Welt schimpft, über sie klagt oder sie bekämpft. Er liebt diese gottlose Welt mit einer vollendenden Liebe. Vollendende Liebe meint eine Liebe, die in eine gute Zukunft führt, die die Welt verwandelt, die die Menschen verwandelt, die für jeden und jede eine gute Hoffnung hat.
Um den Versammelten deutlich zu machen, was er meint, steht er auf und beginnt den Anwesenden der Reihe nach die Füße zu waschen. Er wäscht sie auch einem Judas und Petrus. Der eine verrät und der andere verleugnet ihn noch. Er wäscht ihnen nicht den Kopf, sondern die Füße. Damit wir Jesus recht verstehen: Nicht in der Fußwaschung selbst ist die Liebe Jesu vollendet, sondern er setzt dieses Zeichen, damit ihnen bewusst bleibt, wie seine Liebe weiter sein wird: demütig, keinesfalls von oben herab. Es ist eine Liebe, die darauf aus ist, eine dienende zu sein, Menschen weiter zu führen; die ihnen hilft, immer wieder das Leben zu finden – Freude am Leben oder eben Leben in Fülle zu finden.
Es geht Jesus um eine vollendende Liebe. Es bedarf vielleicht noch einer weiteren Klärung. Diese vollendende Liebe bedeutet nicht, dass sich Jesus alles gefallen ließ. Jesus hat sich gegen den Spott und die Schläge gewehrt. Er hat es nicht einfach hingenommen, sondern nachgefragt: Warum?
Er hat ebenso die Konflikte bis zum Schluss ausgetragen. Auch durch sie wollte er die Menschen weiter bringen. Er hat nicht zu allem Ja und Amen gesagt. Er unterlag auch keinem Helfersyndrom. Er hat hier den anderen die Füße gewaschen. Er selbst ließ sich davor von einer Frau die Füße mit ihren Tränen waschen. Er lässt die Liebe anderer zu.
Es ist eine aufgeheizte, angespannte Situation. Jesus konnte in der bestehenden Situation weder die Konflikte, Spannungen und Probleme aus der Welt schaffen noch den Erwartungen an ihn wirklich gerecht werden. Was er ihnen in dieser Situation mitgibt, ist ein Rüstzeug für ihren weiteren Weg. Es ist jene Liebe, die im Zeichen der Fußwaschung sichtbar wird.
Petrus hat nach seinem Verrat wohl sich dieser Liebe erinnert und neu begonnen. Vermutlich dürfte dieses Zeichen wesentlich mitverantwortlich für den gewachsenen Osterglauben sein.