Rast auf dem Weg – Eine Rast in der Stille Katia Suriano
Charles de Foucauld, Gottsucher und kleiner Bruder der algerischen Tuareg, hat seine tiefe Gottesbeziehung in der Verlassenheit der Wüste Sahara gelebt. In seinem Dasein wendet er sich unermüdlich in Zeiten einsamen Betens Gott allein zu und ermutigt auch uns, unserer Gottessehnsucht mit unserem ganzen Sein Ausdruck zu geben.
Den Menschen ganz nahe sein als Zeugen und Zeuginnen der Frohen Botschaft, in unserem Da-Sein etwas „durchscheinen“ lassen von der zärtlichen Gegenwart Gottes, bedeutet zuerst einmal, selber immer wieder bereit sein, uns seiner Gegenwart und seinem Wort auszusetzen, aus seiner Liebe zu leben, uns von Ihm verwandeln zu lassen, von Ihm zu lernen. Und so ist unser Lebensrhythmus als Kleine Schwestern von Jesus geprägt von regelmäßigen Wüstenzeiten, in denen jede von uns sich zurückzieht, um in liebender Achtsamkeit bei dem zu verweilen, der tragender Urgrund meines Lebens und jeder Beziehung ist. Einfach nur bei Ihm sein, zweckfrei, leise. Mit all dem Erlebten, das mein Herz und meine Gedanken bewohnt, bei Ihm ankommen. Bei Dir darf ich da sein, wie ich heute bin: müde von der Arbeit und vom Lärm der Stadt, mit meinen großen und kleinen Sorgen, mit der freudigen Erinnerung an schöne, erfüllte Momente und mit den Fragen, die mich heute auf meinem Weg der Menschwerdung und auf meinem Glaubensweg herausfordern. Hier darf ich alles ablegen.
Zu Dir bringe ich die Menschen, denen ich begegnen durfte, im Vertrauen, dass bei Dir alle daheim sind. Vielleicht ist gerade die Stille der Ort, an dem ich die Situationen noch einmal innerlich durchlebe, in denen in meinen Beziehungen etwas schiefgelaufen ist. Situationen, denen ich aus guter Distanz noch einmal begegne und die deines Lichtes und deiner Wahrheit bedürfen, um heil werden zu können.
Deine geheimnisvolle Gegenwart im Tabernakel lädt mich ein, mich Dir auszusetzen: Du bist wirklich da. Oft weiß ich nicht zu beten, aber auch im armen, wortlosen Verweilen vor Dir darf ich auf deinen Geist vertrauen – Er betet ja in mir und Er weiß. Wo alle anderen Worte verstummen, wartet dein Wort auf mich. In der Stille gräbst Du mir ein Ohr, schaffst Du mir ein immer feineres Gehör: lasse ich mich von Dir formen, damit dein Wort mich immer tiefer bewohnen kann? Damit es auch verschlossene, harte Orte in mir erreichen und berühren kann? Du unermüdlicher Sämann hörst nicht auf zu säen. Mag auch noch so viel Samen auf Steine oder unter Dornen fallen, Du vertraust darauf: Er wird Frucht bringen.
Heute schenkst Du mir Zeit, ganz achtsam zu hören auf dein Wort, es wieder und wieder zu lesen, es nachklingen zu lassen in mir. Vielleicht ist da ein Vers, der gerade meiner wird. Ich gehe mit deinem Wort und im Schweigen bewohnt es mich, rührt es mich an, wird Brot, das mich nährt. Immer wieder darf ich erfahren, dass dein Wort lebendig ist: Du sprichst in mein Heute hinein. In lichtvollen Augenblicken fühle ich Dich ganz nahe, darf ich ganz in Dir geborgen sein. Aber die Stille lässt manchmal auch Wüsten durchqueren. Ich lese dein Wort und Du scheinst zu schweigen. Die Einsamkeit wird zur Last und ich möchte ihr eigentlich entfliehen und in der Gesellschaft der Menschen Trost finden. Doch wenn ich genau hinhöre, lädst Du mich auch in mühsamen Momenten ein zu bleiben – im Vertrauen, dass dein Handeln an mir größer ist als das, was ich fühlen oder wahrnehmen mag. Zeiten der Stille sind wie Einübung ins Sich-einem-Anderen-Überlassen. Du bist der Hirte, der mich führt. Du der Weingärtner, der seine Reben schneidet. Göttlicher Pädagoge, der sein Volk gerade in der Wüste lehrt, dass auch Orte der Dürre zu Orten des Lebens werden können, wenn wir ganz in Beziehung bleiben mit Dir. Wo ich still werde, findet Gott Raum. Herr, ich möchte auch im Alltag etwas stiller, etwas losgelöster von mir selber sein …, etwas achtsamer, damit ich deine Gegenwart und dein Handeln in der Welt und in den Menschen um mich erkennen darf.
Katia Suriano, Kleine Schwester Jesu, Rom
Dieser Artikel ist erstmals in der Zeitschrift „Dein Wort – Mein Weg“ – Alltägliche Begegnung mit der Bibel in der Ausgabe 3/18 publiziert worden.
Ein Kommentar zu “Rast auf dem Weg – Eine Rast in der Stille Katia Suriano”
Liebe Katia Suriano, liebe Schwester Jesu,
von Herzen gerne möchte ich Ihnen danken für Ihre so bereichernd betrachtenden Gedanken, die mir wahrhaft gewinnbringende Inspiration waren!
In echter Dankbarkeit
Bruder Christian