Amos der Störenfried 1. Lesung: Am 7,12-15| 2. Lesung: Eph 1,13-14| Evangelium: Mk 6,7-13
Der Prophet Amos wirkt im 8. Jht. v. Chr. Er zählt zu den ersten Schriftpropheten und spielt für die Entwicklung der prophetischen Tradition eine wichtige Rolle. Im Nordreich ist Jerobeam II. König. Es herrscht Wohlstand. Die Nachbarvölker sind schwach und daher keine Bedrohung. In dieser geschichtlich günstigen Situation stabilisiert der König wirtschaftlich und politisch sein Land. Allerdings ist es, so würden wir heute sagen, mit den Menschenrechten schlecht bestellt. Die Armen werden ausgebeutet und von der Gunst der Reichen abhängig gemacht.
Diese Situation wird für den Viehzüchter und Maulbeerfeigenanbauer Amos zum Ruf, gegen diese Missstände aufzutreten. Er wirkt zunächst in Bet-El. Es ist in dieser Zeit das religiöse Zentrum des Nordreiches. In späterer Zeit wird der für uns bekanntere Ort Samaria zum Zentrum.
Der Prophet Amos stört mit seinem Auftreten die Politik des Königs. Was macht der König? Er funktioniert den Tempel in einen Reichstempel um und setzt einen willfährigen Priester namens Amazja ein. Es ist ein Heiligtum des Königs. Er bestimmt, was da verkündet und gelehrt wird. Den Propheten Amos lässt er vertreiben. Er soll im Südreich das Brot essen und auftreten. Es schwingt der Vorwurf mit, dass er vom König des Südreichs bezahlt wird und in dessen Auftrag im Nordreich Unruhe stiftet. Wobei die Vertreibung als gemäßigte Maßnahme zu verstehen ist. Propheten wurden und werden meistens in der Existenz bedroht.
Amos wehrt sich dagegen: Ich bin kein Prophetenschüler, werde also von niemanden angestiftet, sondern verdiene mit Viehzucht und dem Pflanzen von Maulbeerfeigen den eigenen Unterhalt. Ich agiere aus mir, besser aus dem Ruf Gottes heraus.
Es gibt immer wieder den Versuch von politisch Verantwortlichen die Religion für die eigene Politik zu instrumentalisieren, die Religion bzw. der Glauben sollen die vorgegebene Politik nicht stören.
Es sei an dieser Stelle gesagt: Wer die Propheten liest und ihre Botschaft kennen lernt, wird erkennen müssen, dass es kein religionskritischeres und autoritätskriterisches Buch gibt als die Bibel. Propheten wehren sich dagegen, dass Menschen in ihrer Würde durch Machtmissbrauch und Religion geknechtet werden. Sie decken auf, wann und wo es geschieht.
Der König will sich von den Opfern des Systems, von den Armen nicht stören lassen und er will sich von dem nicht stören lassen, der auf diese Wunde der verletzten Menschenrechte zeigt: dem Propheten Amos. Damals gab es den Begriff der „Menschenrechte“ noch nicht. Propheten hatten vor allem die Witwen, Waisen, Kranke und Unfreie im Blick.
Sich von den Armen, von Not Betroffenen nicht stören lassen, dieser Versuchung unterliegt seit jeher die Politik. Es gibt die Beispiele aus der Vergangenheit und der Gegenwart: So wird über die Kürzung der Mindestsicherung geredet als wäre das eine variable Größe. Mindestsicherung heißt: Es ist jener Betrag, den ein Mensch braucht, damit er oder sie das zum Leben Notwendige hat. Wenn es darunter ist, reicht es nicht. Diese Kürzung heißt, dass es Menschen gibt, die zu wenig haben werden. Die Folge einer solchen Maßnahme ist eine Zunahme von Krankheiten – nicht zuletzt psychische -, ein in Kauf nehmen von vermehrter Kriminalität. Ob das dem Steuerzahler auf Dauer wirklich billiger kommt? Es wird argumentiert, dass es vor allem gegen die Migranten gerichtet sei, die noch nichts in den Sozialstaat eingezahlt hätten. Dass aber von der Kürzung der Mindestsicherung gerade die eigene Bevölkerung, viele Alleinerziehende betroffen sind wird verschwiegen.
Sich von den Armen nicht stören lassen: Es werden Zäune gebaut, damit man diese Menschen erst gar nicht zu Gesicht bekommt. Es wird viel investiert, um die Festung Europa vor Menschen abzusichern, die in ihrer Perspektivelosigkeit ihre Heimat verlassen. Genauso wird verschwiegen, dass diese Menschen aus Afrika oft Opfer einer ausbeuterischen Handelspolitik sind, auch verschwiegen, dass viele reiche Staaten die Entwicklungshilfegelder kürzten oder den international vereinbarten und zugesagten Zahlungen in keinster Weise nachkommen, auch Österreich nicht.
In diesen Tagen wurde aus Thailand über die Rettung der jugendlichen Fußballmannschaft mit ihrem Trainer berichtet. Es ist wohl ein Wunder und zugleich eine großartige Leistung vieler. Erwähnenswert dabei ist der Trainer der Mannschaft, der es schaffte, dass diese Jugendlichen in der Höhle ohne Licht und Nahrung nicht in Panik gerieten. Auch Frucht von Mediation und Gebet.
Seit Anfang des Jahres – in diesen sechs Monaten 2018 – sind im Mittelmeer mindestens 1400 Personen ertrunken. Es wird mehr oder weniger verschwiegen. Es soll nicht gesehen werden. Was würde es bedeuten, wenn es ein Familienmitglied wäre. Die Ertrunkenen – es sind unsere Brüder und Schwestern.
Amos erlebt, dass es die Propaganda der Unterstellungen und Vorwürfe gibt. Er sei ein bezahlter Unruhestifter, kooperiere mit den Konkurrenten. Dieser Vorwurf trifft z.B. die Schiffe der NGO’s, die Menschen aus dem Mittelmeer retten, bzw. Menschen vor dem Ertrinken bewahren. Sie würden mit den Schleppern zusammen arbeiten. Was sollen Flüchtende tun, wenn es keinen legalen Weg nach Europa gibt? Manche müssen sozusagen illegal über die eine oder andere Grenze gehen, um allein ihre Haut, ihr Leben zu retten.
Keine Frage: Der Umgang mit der Migration ist eine Herausforderung und die Fragen und Zusammenhänge mögen komplex sein. Man soll und darf wissen, wer ins Land kommt. Allerdings kamen mir in dieser Woche die drei Innenminister (A, D, I) mit den Plänen der Lösung der Flüchtlingsfrage wie der Priester Amazja vor. Sie sehen das Heil in gut geschützten Außengrenzen Europas. Ich sage dazu, damit die Armut und Not Betroffener nicht gesehen wird. Für eine solche Haltung hat der Prophet Amos im Weiteren keine gute Perspektive angesagt: Der König und das Volk werden sich in der Fremde finden. Heimat – gelobtes Land – wächst und wird da, wo die Not abgearbeitet wird, nicht da, wo das Motto gilt: Augen zu.
Dankbar geteiltes Brot macht alle satt.