Auf dem Weg zum Leben 1.Lesung: Num 11,25-29| 2.Lesung: Jak 5,1-6| Evangelium: Mk 9,38-43.45.47-48
Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem. Seine Sprache hat sich verändert. Sie ist hart geworden. Es ist nicht mehr die des Anfangs seines Auftretens, die sich an Jesaja anlehnte: „Tröstet, tröstet mein Volk.“ Sie orientiert sich nun an Jeremia. Jesus scheint die Zuspitzung der Auseinandersetzung mit der Priesterschaft und der Schriftgelehrten in Jerusalem vorauszuahnen. Auf diesem Weg unterweist er seine Jünger.
Im ersten Teil des heutigen Evangeliums mahnt er zur Toleranz anderen gegenüber. Wenn Menschen Gutes tun, dann stellt ihnen nichts in den Weg, auch wenn sie nicht zum Kreis der Jüngerinnen und Jünger zählen. „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“ Der Evangelist dürfte dabei auch das Verhältnis der jungen Kirche zu ihrem Sympathisantenkreis angesprochen haben. Man könnte sagen, Jesus warnt davor, Menschen voreilig auszugrenzen, sie als Gegner, als Konkurrenten oder gar als Feinde zu sehen. Diese Offenheit zu achten ist auch Aufgabe einer Kirche, die damit rechnen muss, dass ihre Mitglieder nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft ausmachen werden. „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns“ – der Zugang Jesu.
Nun zum zweiten Teil des Evangeliums. Er steht im engen Zusammenhang mit dem ersten, in dem Jesus zur Weite gegenüber anderen einlädt, aber in der Bekämpfung des Bösen – und zwar bei sich selbst – wird er herausfordernd. Als ich den Text zum ersten Mal las, habe ich tief durchgeatmet. Einige Aspekte dazu:
Zunächst die Frage: Auf welchem Boden stehen die Worte Jesu? Es geht Jesus um das Leben. Er will, dass das Leben, die Beziehungen, die Gemeinschaften gelingen. Alles, was sich dem gelingenden Leben entgegenstellt – das Böse – bekämpfe entschieden. Er geht dabei soweit, dass er rät im Kampf gegen das Böse die Verstümmelung in Kauf zu nehmen. Wenn dich die Hand zum Bösen verführt, hau sie ab, bzw. das Auge, reiß es aus. Das Böse ernst nehmen, nicht bagatellisieren, verharmlosen, überspielen oder einschleichen lassen.
Wobei zu beachten ist, dass Jesus mit dem Bösen ernst nehmen nicht meint, dieses Böse bei anderen zu bekämpfen, ganz und gar nicht, sondern bei dir selbst. Er sagt: Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; oder: wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab. Bekämpfe das Böse nicht bei anderen, sondern nimm es bei dir wahr und ernst. Schau, dass du nicht selbst ein Gefangener des Bösen bist oder bleibst. Nochmals Anliegen Jesu ist es, dass das Leben in allen seinen Bezügen gelingen möge. Diese Stelle würde es niemals rechtfertigen, anderen Leid anzutun, andere zu bestrafen, schon gar nicht andere zu verstümmeln.
Wir haben in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Nationalratswahl mehrere politische Debatten erlebt. Man kann nur ahnen, wie sie geführt würden, wenn sie dem Geist des Evangeliums folgten. Die handelnden Personen und Parteien ihre Versäumnisse und mögliche Fehleinschätzungen zur Sprache gebracht hätten und nicht die der anderen. Wäre es nicht ein großer Beitrag zu Glaubwürdigkeit? Vor allem auch dann, wenn zur Sprache käme, welche Gegenmaßnahmen und Verbesserungen sie in Bezug auf ihre Fehler setzen wollen.
Vielleicht bleibt noch die Frage, was denn Jesus mit Bösem anspricht? Was gilt es zu bekämpfen? Er spricht ausdrücklich an, was wir mit der Hand, dem Fuß und dem Auge tun. Es umfasst das Tun, die Wege, die wir gehen und das, was wir in den Blick nehmen. Das Böse kommt aus dem Innern heraus, wenn wir uns aus Rache auf den Weg machen, aus Rache handeln, wenn wir aus Verbitterung agieren, aus Eifersucht, aus Gier und Misstrauen. Prüfe bei dir, in welcher Absicht du unterwegs bist, schaust oder handelst?
Nimm das Böse in dir ernst und lasse dich nicht davon treiben, lasse dich nicht davon verführen. Gehe konsequent, radikal dagegen an – bei dir selbst und nicht bei anderen. Es würde Streit in Beziehungen, in Familien, auf Arbeitsplätzen, in Gemeinschaften und nicht zuletzt auch in der Kirche verhindern; Streit, der sich in manchen Fällen zur Hölle ausartet.
In der Gemeinde Jesus kommt es darauf an, dass einer dem anderen „ein Glas Wasser“ gibt, dass einer dem anderen zum Glauben verhilft, dass wir anderen Vertrauen schenken und etwas zutrauen und dass jede und jeder sich von alledem trennt, was sie oder ihn auf dem Weg zum Leben, zu Gott hindert.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Númeri anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Jakobusbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Auf dem Weg zum Leben 1.Lesung: Num 11,25-29| 2.Lesung: Jak 5,1-6| Evangelium: Mk 9,38-43.45.47-48”
Andere zu bewerten oder sich mit Anderen zu vergleichen führt sehr oft
zu Unfrieden und mehr. Sich selber Fehler einzugestehen und sich so anzunehmen, wie ich bin, erfordert sehr viel Mut. Im Endeffekt ist dieses Verhalten, eine Möglichkeit, inneren Frieden zu erlangen, weil ich mir meiner selbst bewusst werde. Ich kann dadurch beginnen, an mir zu arbeiten.
Ich denke dieses Modell könnte auch bei Parteien, Religionen, Staaten und deren Anführer angewendet werden. Wie sehr würde sich Jesus freuen, wenn dieses v.G. wahr würde. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Gesegnete Grüße