Bleibt in meiner Liebe 1. Lesung: Apg 10,25-26.34-35.44-48 | 2. Lesung: 1 Joh 4,7-10 | Evangelium: Joh 15,9-17
Unser Papst Franziskus hat viel mit der Kirche, mit uns Christen vor. Er verändert, nicht so sehr durch große Strukturreformen, sondern er arbeitet an den Haltungen. Evangelisieren – oder mit dem Evangelium gesprochen: das Früchte bringen – hängt von Haltungen ab, die wir zum Leben, zu uns selbst, zu den Mitmenschen, zu Menschen am Rand, zur Schöpfung … haben.
Evangelisieren meint nicht verbissen den Menschen eine Wahrheit mitzuteilen, sondern es ist eine Freude teilen. Er lehrt uns die Armen als Reichtum für uns Christen zu entdecken, den Menschen heilend und tröstend zu begegnen, nicht als Richter oder Oberlehrer/innen. Im Buch „Gott ist jung“ hält er fest das Wort „Alter Mensch“ ist nicht abwertend zu verstehen, sondern als Privileg. Ein solcher Mensch darf stolz auf seinen Erfahrungsschatz sein.
Ganz im Sinne seines Namensgebers Franz von Assisi hält er uns an, die Schöpfung als Grundlage des Lebens wertzuschätzen. Noch vieles wäre aufzuzählen.
Arbeit an den Haltungen, er nimmt sich Anleihe bei Jesus, nicht zuletzt bei den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium. Jesus rüstet seine Apostel aus für die Zeit nach ihm, eine Zeit, die für die Jünger sehr schwierig werden wird. Es gibt nämlich viele Gründe einander Vorwürfe und Vorhaltungen zu machen. Sie schwören Treue und Freundschaft, doch als es um Jesus eng wird, verleugnen sie ihn und suchen bis auf Johannes und wenige Frauen das Weite. Die Jünger, die Apostel versagen in ihren Versprechungen. Viel Grund für Schuldzuweisungen. Jesus rüstet sie in dieser Abschiedsrede aus, dass es mit ihnen als Gemeinschaft weitergehen kann. Vor diesem Hintergrund die Worte: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe. … Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. … Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Jesus erinnert sie daran, Grund des gemeinsamen Weges ist die Liebe des Vaters. Weil der Vater geliebt hat und ich – Jesus – diese Liebe weitergebe, sind wir zusammen. An diesen Ursprung, der auf die Liebe des Vaters zurückgeht, erinnert euch. Der Osterglaube wächst durch die Menschen, die in dieser Liebe bleiben. Maria Magdalena, sie ist jene, die Jesus liebte, begegnet dem Auferstandenen als erste. Sie wird zur ersten Zeugin der Auferstehung. Es ist der Jünger, den Jesus liebte, der als erster am Grab ist und es offen sah. Petrus wird dreimal nach der Liebe gefragt. Sie ist verbunden mit dem Auftrag: Weide meine Schafe. Weide meine Lämmer.
Jesus erinnert sie auch in dieser Situation nochmals daran, warum sie geliebt und gerufen sind: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Das Frucht bringen wird geschehen, insofern sie in der Liebe bleiben. Sie sind gerufen, die Liebe des Vaters zu den Menschen zu bringen. Wenn sie die Menschen lieben, wie Jesus es getan hat, bringen sie Frucht, bzw. Früchte. D.h. Vorbild ihrer Liebe ist die Liebe Jesu, die nicht sosehr den Priestern, Hohepriestern und Etablierten zukam, sondern den Kranken, den Menschen am Rande, den Sündern, den Ausgegrenzten, nicht zuletzt den Frauen in einer von Männern bestimmten Gesellschaft. Ich bin gekommen Sünder zur Umkehr zu berufen, nicht die Gerechten. (Lk 5,32)
Liebe Gläubige, das ist auch der Ursprung unserer Versammlung. Wir sind Ergebnis der Liebe des Vaters. Nicht weil wir gut, fromm, super oder perfekt sind, kommen wir zusammen, sondern es ist die Liebe des Vaters, die in Jesus Christus sich immer wieder zeigt, die uns hier versammelt. Und der Auftrag Jesus ist: Bleibt in meiner Liebe.
Es ist die Frage: Bleiben wir in dieser Liebe Jesu? Wie denken und reden wir übereinander? Wie denken und reden wir über andere? Gehässigkeiten führen nicht zu österlichen Erfahrungen, zu einem Fruchtbringen.
Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Jesus hat keinen Wohlfühlkreis der Insider berufen. Er hat Jünger/innen berufen, damit sie die Zuwendung Gottes bezeugen – seine Liebe gerade bei jenen Menschen bezeugen, denen die Liebe verweigert oder verwehrt geblieben ist. Diese Hinwendung soll nicht erst dann erfolgen, wenn sich diese Menschen wohlverhalten und angepasst sind, sondern wir sind gerufen sie zu lieben, weil Gott, der Vater, sie liebt.
Wir feiern Gottesdienst, weil wir uns immer neu in diese Liebe hinein verwandeln lassen – vielleicht besser: verwandeln lassen müssen, weil wir das aus eigner Kraft nicht vermögen. Es ist Gott, der uns wie die Jünger/innen in österliche Menschen verwandelt. Es ist die Bitte an ihn, er möge uns vor der Hartherzigkeit bewahren.
Wir sind berufen, die Zuwendung, die Liebe Gottes zu den Menschen zu bezeugen. Es gibt da noch eine Brücke zwischen der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte und dem Evangelium. Es geht um das Thema der Zuwendung Gottes zu den Heiden, bzw. die Öffnung der Kirche auf die Heiden hin. Am Ende des 1. Jht. entzündeten sich an dieser Frage heftige Konflikte. Sind Heiden Glaubende? Wenn ja, an welche Vorschriften und Gesetze müssen sie sich halten?
Der Evangelist gibt Haltungen vor, wie sie mit diesem Konflikt österlich umgehen können? Er innert die Gemeinde daran, dass nicht sie Jesus erwählt hat, sondern Jesus hat sie erwählt, damit sie seine Liebe zu den Menschen leben. Er hat ein neues Miteinander begründet, er nennt sie Freunde – Brüder und Schwestern. Die Herr-Knecht-Beziehungen gehören für Christen der Vergangenheit an. Auch die Heiden sollen nicht länger Knechte sein. Macht Menschen zu Freunden – zu Freunden Gottes, aber auch untereinander und zu euren. Es ist ein Wort, das ebenso für die vielen Menschen unter uns, die als neue Gäste da sind, gilt.
Mein letzter Gedanke zu den Texten: Vielleicht haben wir uns zu sehr daran gewöhnt, aber die Aussage bzw. der Glaube ist provokant: Gott liebt. Er liebt sie, dich und mich mehr als wir uns selber lieben (können). Und: Er liebt jeden Menschen – sogar meine innigsten Feinde/innen. Und: Ich soll diese Liebe bezeugen – auch diesen Menschen gegenüber. Möglich dass uns da nur der Satz bleibt: Für Gott ist nichts unmöglich.
3 Kommentare zu “Bleibt in meiner Liebe 1. Lesung: Apg 10,25-26.34-35.44-48 | 2. Lesung: 1 Joh 4,7-10 | Evangelium: Joh 15,9-17”
Für die derzeit anstehenden kirchlichen Veränderungen empfinde ich diese Passage sehr inspirierend: Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Wie sehr würde es vielleicht helfen können, wenn wir uns gegenseitig auf gleicher Augenhöhe als Freunde sehen könnten bzw. gesehen werden würden und weniger ein Stufenbau von Hierarchie und Geschlechtern maßgebend wäre.
Wäre es möglich, ein wenig genauer zu beschreiben, was “derzeit anstehende(n) kirchliche(n) Veränderungen” bedeutet? Besonders im Zusammenhang mit Jesu Rede von Knechten und Freunden? Die katholische Kirche ist nach wie vor eine durch und durch hierarchische und ‘hierarchisierte’ Organisation. Manche sagen sogar, die “letzte Monarchie” – was auch mit Anführungszeichen nicht weniger wahr wird … Leo
Was ist unter anstehenden kirchlichen Veränderungen zu verstehen? Ist die Kirche nicht die letzte Monarchie?
Vielleicht ergibt sich die einer oder andere Antwort in den Gedanken zu Gründonnerstag, 29. März 2018 https://bibellabor.at/2018/03/29/gruendonnerstag/?