Den Willen Gottes hochhalten 1.Lesung: Ex 17,8-13| 2.Lesung: 2 Tim 3,14-4,2| Evangelium: Lk 18,1-8
Wenn Menschen das Erste Testament zu lesen beginnen, sind sie öfters von der vorkommenden Gewalt irritiert. Für manche ein Grund das biblische Wort wieder bei Seite zu legen. Schade!, meine ich.
In der Lesung aus dem Buch Exodus kämpft Josua gegen die Amalekiter. Zur Unterstützung dieses Kampfes betet Mose. Er wird dabei gestützt, einmal von Felsbrocken, die ihm unter die Arme gelegt werden und weiter von Aaron und Hur, die Moses unterstützend unter die Arme greifen, damit er sie hochhalten kann. Es ist eine bis heute aktuelle Thematik. Zur Erklärung:
Moses ist mit seinem Volk auf dem Weg ins gelobte Land. Da stellen sich ihm und Israel die Amalekiter in den Weg. Sie lassen Israel nicht durch. Gott trägt dem Mose auf, gegen die Amalekiter zu kämpfen. Was steht dahinter? Wer oder was stellt sich dem Weg in die Freiheit, dem Weg ins gelobte Land entgegen?
Hinter dem Namen „Amalek“ steht eine Haltung, ein Lebensprinzip. Amalekiter kann übersetzt werden mit: „Volk des Leckens“, „Volk, das aussaugt“, „kriegerisches Volk“. Man darf es verstehen eben als gewalttätiges, korruptes Volk, das jegliches Recht missachtet. Gelobtes Land verträgt sich nicht mit Unrecht, Gewalt und Korruption. Was uns in der Erzählung begegnet, ist der Auftrag Gottes an Moses, das Unrecht, die Gewalt und Korruption zu bekämpfen und dies mit aller Konsequenz.
Dieser Auftrag begegnet uns in der Bibel noch an anderer Stelle. Der Auftrag die Amalekiter zu bekämpfen, geht später auch an den ersten König, nämlich an Saul (1 Sam 15). Saul fällt dabei bei Gott in Ungnade, weil er dies nur halbherzig vollzieht. Er verschont den Anführer Agag, den gewalttätigen Riesen. Man kann sich vorstellen, was daraus folgt. Schließlich ist es ein Amalekiter, durch den Saul selbst getötet wird (2 Sam 1,8-9). Die Erzählung deutet an, dass die Korruption nicht nur für ein Volk, sondern auch für den Regierenden selbst gefährlich ist, wenn nicht sogar tödlich sein kann. Nebenbei sei erwähnt, dass für ein Land, das der EU beitreten will, eine wichtige Aufgabe die Bekämpfung der Korruption ist.
Die Lesung beschreibt diesen Kampf gegen die Korruption als herausfordernden Gewaltakt, der auf verschiedenen Säulen ruht. Moses trägt Josua auf, sich Männer auszusuchen, die mit ihm in den Kampf ziehen. Als Einzelkämpfer steht jemand auf verlorenem Posten. Es ist ein Kampf von vielen. Es braucht Mitstreiter:innen. Josua wählt aus. Nicht jede und jeder taugt für diesen Kampf.
Mose sagt von sich, dass er sich mit dem Gottesstab in der Hand auf den Gipfel des Hügels stellt. Mose nimmt den Stab Gottes immer in schwierigen, herausfordernden Situationen zur Hand. Er verwendet ihn zum Beispiel in den Verhandlungen mit dem Pharao oder auch beim Durchzug beim Schilfmeer. Er ist Zeichen dafür, dass er im Namen Gottes handelt und er in den jeweiligen Aufgaben mit der Hilfe Gottes rechnen kann. Moses steigt auf einen Berggipfel. Es ist kein Alltagsgeschäft. Es braucht Distanz, Überblick und Abstand. Er geht auf den Berg, um die Nähe und Hilfe Gottes zu suchen.
Es gibt die Gefahr, dass Gesellschaften, die Unrecht, Gewalt und Korruption dulden, sich an diesen Zustand gewöhnt. Bei manchen schwindet die Widerstandskraft. Es gibt andere, die davon profitieren. Man meint oder hofft, vielleicht selbst einmal Beziehungen zum eigenen Vorteil nützen oder mit Geld andere austricksen zu können. Diese Gewöhnung ist wie eine ansteckende Krankheit, die um sich greift und Menschen erfasst, von denen es nie erwartet wurde.
Wir erleben es auch in der Kirche selbst. Mit welcher Selbstverständlichkeit halten manche zum Beispiel am Klerikalismus fest. Man gesteht es den Priestern zu, dass sie die Entscheidungen der Gremien übergehen oder für nichtig erklären. Oder wie sehr wird die Würde der Frauen in Frage gestellt? Von wichtigen Entscheidungen sind sie ausgeschlossen. Eine Zulassung zum Amt ist ihnen schlicht verwehrt. Biblisch gibt es keinen zwingenden Grund dafür. Unrecht, was Gewalt und Korruption einmal sind, hat die Tendenz wirklich alle einer Gesellschaft oder eines Systems hinunterzuziehen. Moses geht auf einen Berggipfel. Es ist die andere Bewegung.
Gegen Gewalt und Korruption anzugehen ist ein spiritueller Kampf, der Ausdauer erfordert. Moses hält die Hände hoch. Er betet. Solange Mose die Hände hochhält, war Israel stärker, so heißt es. Sobald Moses die Hände sinken ließ, war Amalek stärker. Moses ist auf Stütze und Unterstützung angewiesen. In diesem Kampf werden ihm die Hände schwer. Er ermüdet. Damit seine Hände nicht sinken werden ihm zunächst Felsbrocken als Hilfsmittel unter die Arme geschoben. Es gilt den Willen Gottes hochzuhalten, sonst schwindet die Kraft jener, die Gewalt oder Korruptes im täglichen Leben bekämpfen.
Nochmals: Moses führt einen spirituellen Kampf, den er allein nicht durchzustehen vermag. Er braucht unterstützende Menschen wie Aaron und Hur. Sie helfen Moses die Arme hochzuhalten. Sie tragen dazu bei, dass Israel nicht untergeht.
In dieser Lesung wird eine Absicht Gottes deutlich, nämlich wie sehr ihm der Kampf gegen Unrecht, gegen gewalttätiges und korruptes Verhalten ein Anliegen ist.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Éxodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Den Willen Gottes hochhalten 1.Lesung: Ex 17,8-13| 2.Lesung: 2 Tim 3,14-4,2| Evangelium: Lk 18,1-8”
Den vorletzten Absatz könnte man auch wie folgt interpretieren:
„Papst Leo führt einen spirituellen Kampf, den er allein nicht durchzustehen vermag.
Er braucht Menschen wie dich und mich. Wir helfen ihm die Arme hochzuhalten.
Wir tragen dazu bei, dass die Kirche nicht untergeht.“