Gebt ihr ihnen zu essen Lesung: Jes 61,1-3a| Evangelium: Mk 6,35-43
Wir hören die Evangelien Abschnitt für Abschnitt. Dadurch geht oft etwas von der Gesamtdynamik verloren, die sich aus den Zusammenhängen ergibt, in denen die Texte stehen. Was ereignet sich alles in Mk 6? Ich zähle auf: Da wird zunächst von der Ablehnung Jesu in Nazareth berichtet. Anschließend sendet Jesus die 12 Jünger aus, jeweils zu zweit. Während sie unterwegs sind, wird von der Enthauptung Johannes d. T. berichtet. Die Jünger kehren wieder zurück. Jesus will sie an einen einsamen Ort zum Ausruhen führen. Die Menschen kommen in Scharen nach. Jesus lehrte sie lange, so heißt es. Als es Abend ist kommt es zur Brotvermehrung. Jesus hatte mit den Menschen Mitleid. Wohlgemerkt, es ist Abend – die Brotvermehrung – dann drängt Jesus seine Jünger ins Boot zu steigen und ans andere Ufer zu fahren. Die Leute entlässt er. Er selbst geht auf den Berg, um zu beten. Die Jünger erleben auf dem See einen Sturm. Jesus kommt zu ihnen ins Boot. Es geschieht sehr viel, besonders an diesem Tag als die Jünger zurückkehren.
Jesus erfährt Ablehnung in seiner Heimat. Es ist für ihn kein Grund der Resignation und auch kein langes Bitten und Betteln. Er geht weiter. Er geht in andere Dörfer und Städte, um zu lehren und er sendet die Jünger ebenso zu zweit aus, es ihm gleich zu tun: verkündigen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir in den letzten Jahren die Gläubigen zu bemutternd behandelt haben und nicht erwachsen werden ließen. Wir kümmern uns zu sehr um jene, die da sind, die rund 10 – 20 Prozent. Sehen wir in den Christen der Gemeinden Jüngerinnen und Jünger, die zu zweit hinausgehen? Wie hat es Paulus gemacht? Er lebte eine Zeit in und mit den Gemeinden, dann setzte er eine Leitung ein und überließ das Weitere ihrem Engagement. Er selbst kam manchmal auf Besuch oder pflegt brieflichen Kontakt. Die Kirche, will sie Zukunft haben, braucht das Experiment, braucht Wagnis, Vertrauen in die Menschen und in Gott, dass er wachsen lässt.
Mitten in das “Ausgesandt Sein” kommt der Bericht, wie Johannes der Täufer zu Tode kommt. Für mich ein Hinweis wie gefährlich damals die politische Atmosphäre war, wie gefährlich ihr Auftritt und ihre Verkündigung war. Den Ausgesandten könnte es ähnlich ergehen wie Johannes, dem Freund Jesu. Man konnte schnell Opfer einer Intrige, Machenschaft oder Feindschaft werden.
Die Jünger kommen zurück und Jesus will mit ihnen an einen einsamen Ort gehen. Der Grund für dieses Vorhaben ist mehr als nur die Müdigkeit. Es geht auch um das Entkommen aus einer angespannten Situation. Und wenn das Volk nachdrängt und Jesus dieses Nachdrängen duldet, dann hat das Gründe. Markus hält fest: Sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. Die Menschen sind verunsichert, vielleicht sogar voller Angst und haben Fragen: Was ist unsere Antwort auf diese Unterdrückung? Was tun? Was nicht? Man kann sich vorstellen, dass es von Jesus lange Gespräche braucht, damit sie wieder Boden unter die Füße bekommen, lernen mit ihren Ängsten umzugehen, lernen, einen Weg zu gehen, der das Wort Reich Gottes verdient.
Wir sind heute nicht lebensgefährlich bedroht, Dank sei Gott! Aber die Fragen stellen sich dennoch: Wie begegnen wir als Christen unserer politischen und gesellschaftlichen Welt? Was ist unsere Position in der Migrationsfrage, in den sozialen Fragen, in der Umweltproblematik, …? Was tun wir? Was nicht? Es kann unangenehm werden. Von mir her gibt es ein Lob für den Mut der Frohbotinnen sich bei Demonstrationen zu deklarieren und Farbe zu bekennen. Die Jesus-Bewegung stellte sich damals auch einer politischen Situation, in der die Menschlichkeit zu kurz kam.
Es ist Abend geworden und aufmerksame Jünger stellen fest, dass viele der Anwesenden Hunger haben. Der Umgang Jesu mit der Situation ist wieder eine andere als die Jünger sich die Lösung dachten. Sie wollen die Menschen wegschicken, damit sie sich etwas zu essen kaufen können. Jesus sagt zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen.
Vielleicht gilt es ganz neu über diesen Satz nachzudenken: Gebt ihr ihnen zu essen. Ein Aspekt ist: Die Jünger wollen die Lösung des Problems delegieren. Sie denken, uns fehlt das Geld, uns fehlen die Mittel. Jesus trägt ihnen auf, mit dem zu beginnen, was sie haben: 5 Brot, 2 Fische. Sie sollen Mahlgemeinschaften im grünen Gras bilden, heißt es in der neuen Einheitsübersetzung. Nach dem Seesturm wird festgestellt, dass die Jünger nicht zur Einsicht gekommen sind, als das mit den Broten geschah; denn ihr Herz war verstockt (Mk 6,52).
Vielleicht sind wir auch versucht, die Lösung der Probleme gegenwärtig zu sehr zu delegieren. Schaut nach, was bei euch da ist, lobt und dankt Gott dafür und beginnt damit einer Not, entgegen zu wirken. Mag sein, dass wir uns manchmal von der Politik zu viel erwarten. Mag sein, dass wir uns vom Papst, von den Bischöfen, von den Priestern zu viel erwarten. Gebt ihr ihnen zu essen. Mahlgemeinschaften – es könnte Modell einer neuen Gestalt von Kirche – vielleicht auch Eucharistie – sein. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob in den Pfarren der Glaube weiter gegeben wird.
Jesus lässt dann die Jünger nicht ausruhen, sondern es heißt dann: Jesus drängte die Jünger ins Boot zu steigen und ans andere Ufer nach Betsaida vorauszufahren (Mk 6,45). Er lässt sie die Situation der Brotvermehrung gar nicht auskosten. Er drängt sie, weiter zu gehen, an ein anderes Ufer zu fahren. Wilhem Bruners erklärt dazu, dass der See Bild für die Chaosfluten sei und es in der Erzählung um die Frage geht: Was ermöglicht über die Chaosfluten zu gehen? Es ist das Gebet. Jesus holt sich die Kraft im Gebet.
Wer etwas Neues beginnen will, wer das gewohnte Ufer verlässt, erlebt Winde, Gegenwinde, erlebt Wogen und Wellen, die aus der inneren Tiefe kommen, ist mit Ängsten konfrontiert, die das Ende erwarten. Wenn wir beginnen das „Gebt ihr ihnen zu essen“ zu leben – sei es politisch oder kirchlich -, dann wird das dieser Bootsfahrt über den See gleichen.
Gebt ihr ihnen zu essen! Sagt es Jesus heute an Euch Frauen?
Diese Predigt wurde anlässlich der Werkwoche des Werkes der Frohbotschaft gehalten.
Ein Kommentar zu “Gebt ihr ihnen zu essen Lesung: Jes 61,1-3a| Evangelium: Mk 6,35-43”
Heute, das heißt , in der heutigen Welt würde das bedeuten, Rohstoffe nicht auszubeuten, nicht auf Kosten von Drittländern leben, fair gehandelte und ökologisch vertretbare Produkte kaufen! Den Menschen, die bei uns Hilfe suchen, diese auch zu geben, in Not geratenen Mitbürgern zu helfen…..