Gesegnet bist du 1. Lesung: Jes 58,7-10| 2. Lesung: 1 Kor 2,1-5| Evangelium: Mt 5,13-16
Das Evangelium ist ein Abschnitt aus der ersten großen Rede Jesu bei Matthäus, der sogenannten Bergpredigt. Jesus sah die vielen Menschen, stieg auf einen Berg, setzte sich und seine Jünger traten zu ihm und dann begann er zu reden und zu lehren. Es folgt eine lange Rede, die wir in diesen Sonntagen jeweils abschnittweise hören. Es ist also ein Ausschnitt mit den Bildern vom „Licht der Welt“ und „Salz der Erde“. Ohne dass der Zusammenhang beachtet wird, bleibt das Evangelium unverständlich. In diesem Jahr kommt hinzu, dass am vergangenen Sonntag die Leseordnung auf Grund des Festes Darstellung des Herrn unterbrochen wurde. Anstelle von Matthäus wurde ein Abschnitt aus dem Lukasevangelium gelesen: eben wie die Eltern das Kind Jesu in den Tempel brachten. Normalerweise wären für den vergangenen Sonntag die Seligpreisungen vorgesehen gewesen.
Die vorausgehenden Seligpreisungen sind für das Verständnis des heutigen Evangeliums von großer Bedeutung. Deshalb zunächst einige Gedanken zu den neun Seligpreisungen, die vielen vertraut sind: Selig, die arm sind vor Gott; selig, die keine Gewalt anwenden; selig die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; in der Mitte: selig die barmherzigen; selig die Frieden stiften; und die letzte: selig, die um meines Namens willen verfolgt, beschimpft und auf alle mögliche Weise verleugnet werden ….
Jede der Seligpreisungen beginnt mit dem griechischen Wort: „Markarioi“. Wir haben im Deutschen verschiedene Übersetzungen, wie: Selig sind; freuen sollen sich; gesegnet sei; glücklich sind … So sehr Matthäus an das Sinai-Geschehen des Moses anknüpft, der auf den Berg geht und von Gott die zwei Tafeln mit den zehn Geboten erhält, sind die Seligpreisungen mehr als das Halten von Geboten. Dieses „Markarioi“ gleicht einer Einladung Jesu, aus Freude im Geist der Seligpreisungen zu handeln bzw. schätze dich glücklich oder: wenn du sie lebst, erfährst du Segen bzw. wirst du beschenkt und zum gesegneten Menschen. Ich versuche den Duktus ein wenig zu beschreiben:
Du bist gesegnet oder glücklich zu schätzen, wenn du dich arm vor Gott weißt, welche Situation es immer auch sein mag und sei es noch so schwierig; erwarte jeweils alles von Gott – alle Hilfe, alle Kraft… -, dann gehört dir das Himmelreich.
Freue dich oder gesegnet seist du, wenn du keine Gewalt anwendest – in keiner Form, weder in Gedanken, Worten noch Taten; du wirst das Land erben, du wirst Raum zum Leben haben, bzw. dir wird das in die Hand fallen, was du zum Leben brauchst.
Selig, glücklich, gesegnet dürfen jene Menschen sich schätzen, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, die also dafür sorgen, dass anderen Recht und Gerechtigkeit zukommt; sie werden satt werden.
Glücklich sind auch jene zu schätzen bzw. freuen dürfen sich alle, die um Jesu willen verfolgt werden; ihnen gehört das Himmelreich.
Mit den Seligpreisungen übt Jesus keinen Zwang oder Druck aus, schon gar nicht will er ein Handeln aus Angst, sondern er lädt seine Jüngerinnen und Jünger ein, aus Freude, Dankbarkeit und großer innerer Freiheit das Evangelium zu leben. Er verspricht auch nicht ein konfliktfreies, einfaches Leben – im Gegenteil. Wer sich aber auf den Geist der Seligpreisungen einlässt, wird zum Beschenkten, zur Beschenkten. Es wächst aus dem Inneren Zufriedenheit, oder eben das, was mit „selig“ gemeint ist.
Auf diese Seligpreisungen folgt nun das heutige Evangelium. Jesus lenkt damit die Aufmerksamkeit über die persönlichen Folgen hinaus. Die Seligpreisungen wirken nach außen. Menschen, die sie leben, sind Salz der Erde und Licht für die Welt. Es wirkt in zwei Richtungen:
Salz wirkt nach innen. Salz gibt der Speise den Geschmack, macht viele Speisen erst genießbar. Salz der Erde sein, meint also: der jeweiligen Gemeinschaft oder auch der Gesellschaft, in der ich lebe, Geschmack zu geben und sie genießbar zu machen. Schon kleine Mengen genügen. Es richtet sich an die kleine Gemeinde, die sich fragt, was können wir in der Welt schon ausrichten?
Licht wirkt nach außen. Das Licht leuchtet und ist weithin sichtbar. Licht der Welt sein. Dieses Licht duldet keine dunklen Machenschaften, im Gegenteil, die dunklen Machenschaften werden ans Licht gebracht. Licht der Welt sein, ist auch ein Bild der Hoffnung. Hoffnung für jene Menschen zu sein, die vergessen, unterdrückt und ausgegrenzt werden. Licht zieht an. Menschen, die im Geist der Seligpreisungen agieren, wirken ohne Geschrei und große Worte (Werbung) anziehend und einladend.
Ich versuche einige Berührungspunkte zu unserer Zeit zu ziehen:
Kirche heute als Salz der Erde: Ich erlebe viele Menschen, die oft unbemerkt und ungesehen sich in den Dienst nehmen lassen, um Not zu lindern, Menschlichkeit walten zu lassen, Verständnis für Versagende und Schuldiggewordene aufbringen, die schlicht Barmherzigkeit leben. Es macht vielen das Leben erträglich, genießbar. Es ist Salz der Erde.
Das vergangene Jahrzehnt der Kirche ist überschattet vom Thema Gewalt und Missbrauch. Die Folgen des Glaubwürdigkeitsschwundes sind nicht abzusehen. Wollen wir in der Kirche die Glaubwürdigkeit zurück gewinnen, gilt es die Dinge, wie es dem Geist der Seligpreisungen entspricht (Hunger und Durst nach Gerechtigkeit), ans Licht zu bringen. Erst dann können und werden Wunden zu heilen beginnen. Vielleicht kann in der Folge die Kirche neu Salz sein, in dem diesen Themen insgesamt jene Aufmerksamkeit zukommt, die neue Opfer verhindert.
Das Hungern und Dürsten nach Gerechtigkeit tangiert in meinen Augen auch die Frage des Amtes: Es wäre nur gerecht, dass den Frauen die gleichen Rechte und Pflichten wie den Männern zukommen. Mich wundert, dass so viele Christen laut das Kopftuchverbot fordern. Wie werden wir als Kirche reagieren, wenn die Gesellschaft die gleichen Rechte für Frauen in der Kirche einfordert?
Vielleicht ist manchmal die Gesellschaft für die Kirche selbst Salz der Erde und Licht der Welt?
3 Kommentare zu “Gesegnet bist du 1. Lesung: Jes 58,7-10| 2. Lesung: 1 Kor 2,1-5| Evangelium: Mt 5,13-16”
Salz und Licht sein zu dürfen ist wahrlich ein Geschenk des Himmels. Ganz besonders bewusst wurde mir das gestern in der Messfeier, wo man anstelle des Friedensgrußes, vom Zelebranten aufgefordert wurde, seinem Nachbarn, Nachbarin, die Hand mit den Worten zu reichen: “Du bist das Salz der Erde, oder du bist das Licht der Welt”!
Bei einem Bibelabend ist der Satz gefallen: das Salz entfaltet seine Wirkung erst, wenn es sich auflöst. Salzkristalle alleine bewirken nichts. Was kann das für uns bedeuten? Salz sein hat etwas mit Hingabe, mit persönlichem Einsatz und Engagement mit zu tun. Aber man kann die Suppe auch versalzen. Was meint ihr dazu?
Die Anmerkung mit dem “Versalzen” finde ich spannend. Auch da können uns vielleicht Jesu Worte weiterhelfen. Jesus stellt – bevor er heilend tätig wird – ganz oft die Frage an die betreffende Person: Was willst du, dass ich dir tue. So eine Nachfrage kann vielleicht vor dem “Versalzen” schützen.