Gott macht die Namen groß 1.Lesung: Offb 7,2-4.9-14| 2.Lesung: 1 Joh 3,1-3| Evangelium: Mt 5,1-12a
Das Fest „Allerheiligen“ lenkt unseren Blick in zwei Richtungen. Es ist einerseits ein Blick zurück zu jenen Menschen, die gelebt haben und von denen wir glauben, dass Gott mit ihnen an ein gutes Ende gekommen ist. Es ist andererseits ein Blick in die Zukunft. Es weist auf das Wirken Gottes hin, der Menschen heilt und heiligt und an ein gutes Ende bringen will.
Allerheiligen ist das Fest jener großen Gestalten, die uns als Heilige bestens bekannt sind: allen voran Maria, die Mutter Jesu, der heilige Nikolaus von Myra, die heilige Katharina von Siena, die heilige Katharina von Alexandria, der heilige Benedikt, der heilige Franz von Assisi, der heilige Ignatius von Loyola. Noch viele andere mit großem Namen ließen sich nennen.
Es ist das Fest aller Heiligen und damit auch das Fest jener, deren Namen heute niemand mehr kennt und die dennoch Großes geleistet haben. Wir feiern heute in besonderer Weise auch jene, die heilig sind, obwohl sie nie offiziell heiliggesprochen wurden. Es gab niemanden der ihre Heiligsprechung betrieben hat oder bei manchen fehlte das nötige Geld. Es sind die vielen Namenlosen, die gegen unmenschliche Systeme und Gewalt kämpften und dabei zu Tode kamen. Es sind die vielen, die sich für Menschenwürde, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung engagierten und als „lästige Störenfriede“ beseitigt wurden. Zu diesen Heiligen sind viele Väter und Mütter zu zählen, die im täglichen Überlebenskampf für ihre Familien ihr Letztes gaben; zu ihnen sind jene Mütter zu zählen, denen als Weg in diesem Kampf allein die Prostitution blieb.
Das Fest Allerheiligen lenkt unseren Blick zugleich auf Menschen, denen das Lebensrecht aus religiösen, rassistischen oder ideologischen Gründen abgesprochen wurde. ER – Gott – macht die Namen jener groß, deren Namen oder Identität ausgelöscht werden sollte.
Das Fest Allerheiligen ist besonders auch das Fest der Alltagsheiligen: jener Menschen, die ohne Aufsehen da sind, wenn ihre Hilfe gefragt ist, die Treue selbst in widrigen Umständen leben, die Mitmenschen tragen und ertragen ohne bitter zu werden, die mit ihrer Verlässlichkeit Geborgenheit und Sicherheit schenken, Menschen, die mit Herz die tägliche Arbeit verrichten ohne einen persönlichen Vorteil daraus zu ziehen.
Heilige des Alltags sind Menschen, die in Geduld Krankheiten tragen und die ihnen gewährte Hilfe dankbar annehmen, aber auch jene, die sich selbstlos in den Dienst solcher Menschen stellen. Zu den Heiligen des Alltags zählen ferner jene, die immer wieder versöhnungsbereit neu anfangen, die jeweils das Beste aus der Situation machen und sich von Schicksalsschlägen nicht erdrücken lassen, die wache und aufmerksame Begleiter: innen ihrer Mitmenschen sind und bleiben.
Wir feiern heute Allerheiligen, die großen und kleinen Heiligen, die von Gott geheiligten und die viel Heilsames hinterlassen (haben).
Das Fest Allerheiligen ist zugleich ein Fest der Zukunft, ein Fest der Hoffnung. Es betont nicht so sehr die außergewöhnlichen Leistungen von Menschen, sondern bringt uns ein zentrales Anliegen Gottes näher, nämlich sein Heil schaffen, sein heiligen. Er ist mit dem Menschen auf dem Weg, um ihn an Geist, Leib und Seele zu heilen, um einen Menschen wirklich heil oder ganz werden zu lassen.
Ja, Allerheiligen ist ein Fest der Hoffnung. Es bedeutet besonders für jene Menschen Hoffnung, in deren Leben noch viel offen oder gar zerbrochen ist, über deren Leben viele Fragen und unerfüllte Sehnsüchte stehen. Das Ganz und Heil sein hat Gott nicht einer Elite, etwa allein den Braven und Frommen zugedacht. Das Fest Allerheiligen zeigt auf, dass das Wesen Gottes weit ist und er dieses Ganz- und Heil sein allen Menschen zudachte. Als Jesus die vielen Menschen sah, geht er mit ihnen auf einen Berg. Er führt sie vom Alltagstrott weg. Er sucht mit ihnen die heilsame Nähe Gottes, die er mit den Worten der Bergpredigt den Zuhörenden umschreibt und beschreibt.
In diesen Tagen gehen viele auf die Gräber ihrer Lieben. Es ist nicht immer nur Dankbarkeit, die uns mit Verstorbenen verbindet. Manchmal bewegen uns Fragen, Wut, Enttäuschung und Ärger, vielleicht gibt es Unversöhntes und Unversöhnliches, offen gebliebene Schuld, Dinge, die sich nicht mehr klären ließen und lassen.
Lasst uns als Glaubende auf die Gräber gehen mit dem Glauben an den Gott, der für jeden Menschen das Heil- und Ganz sein will, der den Verstorbenen das umfassende Geheilt sein schenkt und der mit uns auf dem Weg des Ganz- und Heiligwerdens ist.