Im Hören wächst Pfingsten 1. Lesung: Apg 2,1-11| 2. Lesung: Gal 5,16-25| Evangelium: Joh 20,19-23
In den Nachrichten, vor allem in kirchliche Nachrichten war in den letzten Jahren vom „Synodalen Weg“ die Rede. Es gibt ein solchen in der Katholischen Kirche Deutschlands in Folge des Missbrauchsskandals. Die Diözesen mit den Bischöfen und Laienorganisationen versuchen Vertrauen zurück zu gewinnen, heikle Themen der Kirche abzuarbeiten und ein neues Miteinander zu finden, d.h. Entscheidungsprozesse transparenter zu gestalten und dabei den sogenannten Laien, insbesondere den Frauen mehr Mitbestimmungsrechte zu geben. Ohne näher darauf einzugehen sei festgehalten, dass es Spannungen unter den deutschen Bischöfen und auch Spannungen zwischen den Protagonisten des synodalen Weges in Deutschland und manchen Vatikanischen Behörden, beziehungsweise ihren Vertretern gibt.
Es verwundert ein wenig, da Papst Franziskus die gesamte Kirche 2021 zu einem synodalen Weg eingeladen hat, der bis 2024 andauern soll und vermutlich noch länger dauern wird. Es gibt dazu Arbeitsgruppen in Diözesen, Treffen in den Kontinentalkirchen und Versammlungen von Bischöfen und Laien im Vatikan, in der die verschiedenen Themen diskutiert und behandelt werden. Neu dabei ist, dass die Laien stimmberechtigt sind. Für uns mag es überholt klingen. Papst Franziskus ist es ein Anliegen, dass wir in der Kirche auf neue Weise miteinander auf dem Weg sind. Wie der Begriff „synodal“ meint: gemeinsam als Kirche, als Volk Gottes. Der Klerikalismus sowohl bei den Klerikern als auch im Volk soll der Vergangenheit angehören, dagegen sei die Würde jedes Menschen, jedes Gläubigen und jeder Gläubigen zu achten, aber auch in jedem Nächsten die Schwester und den Bruder zu erkennen und dies über kulturelle, gesellschaftliche und religiöse Grenzen hinweg. Als eine solche Kirche können wir heute der Gesellschaft in der Welt dienen.
Wir dürfen das Anliegen der „synodalen Kirche“ auf dem Hintergrund unserer Zeit sehen, in der bei manchen die Überzeugung wächst, Konflikte seien nur mit Krieg und Gewalt zu lösen. Andere führen den politischen Wettstreit nicht so sehr mit sachlichen Argumenten, sondern mit Anwürfen, Herabwürdigung von Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus. Durch die sozialen Medien und die Digitalisierung nehmen die persönlichen Begegnungen mit Gesprächen ab. Die künstliche Intelligenz eröffnet viele ungeahnte Möglichkeiten, zugleich aber erhebt sich auf neue Art die Frage, was ist noch wahr und echt? Es gäbe noch weitere, aufzählbare Themen, die uns als Gesellschaft, als Menschen mit Würde fordern.
Es gibt ein Schreiben des Papstes in Folge der ersten Versammlung im Vatikan, genannt: „Instrumentum laboris“ (Okt. 2023). Das Schreiben fasst Erfahrungen dieser Versammlung zusammen. Einige der Kernaussagen seien hier kurz wiedergegeben:
„Der Protagonist der Synode ist der Heilige Geist“ (IL 17). Mit anderen Worten: Der Hauptdarsteller dieses gemeinsamen Weges ist der Heilige Geist. Dieser Satz veranlasst mich heute am Pfingstfest den „Synodalen Weg“ vorzustellen.
Eine synodale Kirche baut auf der Anerkennung der gemeinsamen, in der Taufe begründeten Würde auf, die diejenigen, die sie empfangen, zu Söhnen und Töchtern Gottes, zu Mitgliedern seiner Familie und damit zu Schwestern und Brüdern in Christus macht, die von dem einen Geist erfüllt und zu einer gemeinsamen Mission ausgesandt sind (IL 20). Diese Anerkennung der Würde jedes Menschen, der mir im täglichen Leben begegnet, ist der Weg der Kirche. Es schließt ein die Menschen, die sich in Blasen befinden, die Nörgler, die Quertreiber u.a.
Ein anderes Merkmal: In diesem Bewusstsein der Würde aller wurzelt der Wunsch nach einer auch in ihren Institutionen, Strukturen und Verfahren immer synodaler werdenden Kirche. Die Mitverantwortung in der Sendung, Verkündigung und Durchführung von Aufgaben der Kirche sollen nicht nur bekräftigt, sondern auch gemeinsam ausgeübt und praktiziert werden. In diesem Raum wird die Ausübung von Autorität in der Kirche als Gabe geschätzt und soll nach dem Vorbild Jesu, der sich niederkniete, um seinen Jüngern die Füße zu waschen (vgl. Joh 13,1–11), immer stärker als „ein wahres Dienen“, als Dienst (LG 24), gestaltet werden (Vgl. IL 21).
Eine synodale Kirche ist eine Kirche des Zuhörens: Es ist ein auf allen Ebenen Hinhören auf den Geist durch das Hören des Wortes, das Hören der Ereignisse aus der Geschichte und das gegenseitige Zuhören unter Menschen und kirchlichen Gemeinschaften. Das Hören, Zuhören und Gehört werden ist Grundlage der Würde von Menschen. Diese Art des Zuhörens dient dazu, alle Beziehungen zu prägen und zu verwandeln, die die christliche Gemeinschaft unter ihren Mitgliedern, zu anderen Glaubensgemeinschaften und zur Gesellschaft in ihrer Gesamtheit sowie insbesondere zu denen knüpft, deren Stimme am häufigsten überhört wird.
Als Kirche des Zuhörens möchte eine synodale Kirche demütig sein, und sie weiß, dass sie um Vergebung bitten und viel dazulernen muss. (Vgl. IL 23)
Eine synodale Kirche ist gerufen, eine Kultur der Begegnung und des Dialogs mit den Gläubigen anderer Religionen und den Kulturen und Gesellschaften, in die sie eingebettet ist, zu pflegen und vor allem aber auch inmitten der vielen Unterschiedlichkeiten, die die Kirche selbst erlebt. Diese Kirche hat keine Angst vor der Vielfalt, die sie in sich birgt, sondern bringt sie zur Geltung, ohne sie zur Gleichförmigkeit zu zwingen. (Vgl. IL 25)
Charakteristisch für eine synodale Kirche ist ihre Fähigkeit, mit Spannungen umzugehen, ohne von ihnen erdrückt zu werden, und sie als Ansporn zu erleben, ihr Verständnis von Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe zu vertiefen und zu leben. Synodalität ist ein privilegierter Weg der Umkehr, weil sie die Kirche in ihrer Einheit neugestaltet: Sie heilt ihre Wunden und versöhnt ihr Gedächtnis, sie nimmt Unterschiede, die sie in sich trägt, an und befreit sie von fruchtlosen Spaltungen. (Vgl. IL 28)
Das Neue Testament enthält zahlreiche Beispiele für diese Art des Gesprächs. Paradigmatisch ist die Geschichte von der Begegnung des auferstandenen Herrn mit den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus (vgl. Lk 24,13–35). Ihre Erfahrung veranschaulicht schön, wie das Gespräch im Geist Gemeinschaft und missionarische Dynamik schafft: Denn beide kehren in die Gemeinschaft zurück, die sie verlassen haben, um die österliche Verkündigung zu überbringen, dass der Herr auferstanden ist.
Es ist Heiliger Geist, der uns zu Hörenden werden lässt. Hörende Menschen empfangen und erfahren den Heiligen Geist. Sie wandeln die Welt. Im Hören wächst Glaube und Kirche. Pfingsten.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galátien anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.