Neues, heiliges Jerusalem 1. Lesung: Apg 15,1-2.22-29|2. Lesung: Offb 21,10-14.22-23|Evangelium: Joh 14,23-29
Wenn wir einen Text wie aus der Offenbarung des Johannes hören, dann sind da immer mehrere Schichten und Aspekte angesprochen. Der Seher Johannes hat eine Vision von jenem Jerusalem, die als Stadt vom Himmel herabkommt und von Gottes Herrlichkeit erfüllt ist.
Da ist zunächst einmal zu bedenken, dass gleichzeitig das bestehende Jerusalem Städten wie heute Aleppo in Syrien oder Mariupol in der Ukraine gleicht: zerstörte Häuser, viele ausgebrannte Ruinen, der ehemals prachtstrotzende Tempel in Schutt und Asche gelegt, Geisterstadt, weil die Menschen vertrieben, traumatisiert, dann die Erinnerung an Plünderungen und Massaker. Das Ziel der Römer, sie wollten endlich für Frieden sorgen. Welch ein Friede?
Johannes wird auf einen hohen Berg entrückt und es wird ihm die Stadt, das heilige Jerusalem gezeigt. Die Stadt, die von Gott her aus dem Himmel herabkommt, erfüllt mit der Herrlichkeit Gottes.
Er zeichnet ein Bild einer neuen Gottesstadt. Wenn es da heißt, er wird auf einen hohen Berg geführt, dann schwingt mit, dass das nicht schnell gehen wird, sondern Zeit und Geduld wie bei einer langen Bergwanderung braucht, um es sehen zu können und bis es Wirklichkeit werden wird. Die Stadt kommt vom Himmel herab. Sie wird nicht einfach von Menschen gemacht, sondern atmet den Geist des Himmels, des Rechts und der Gerechtigkeit, der Solidarität und Menschlichkeit, der Dankbarkeit und Freude. Die Herrlichkeit Gottes – sie strahlt auf im aufgerichteten, erlösten Menschen.
Die Stadt atmet buntes und vielfältiges Leben. In ihr ist kein Leichengeruch und kein Rauch verbrannter Erde. Das macht sie heilig und ganz.
Weiter sieht der Seher: Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Die Mauer schützt vor wilden Tieren und Plünderungen. Sie ist vor allem ein Schutz für die Schwächsten der Gesellschaft, für die Jungen und Alten und für die Fremden, die in ihr leben.
Auf der Mauer sind Engel und keine Soldaten. Engel bewachen die Tore der heiligen Stadt Jerusalem. Engel, die Hüter der Menschlichkeit; die den Menschen sehen, die keine Ausgrenzung betreiben und nicht einfach den Mächtigen zu Diensten sind, die aufrichtig und unbestechlich sind.
Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme und Söhne Israels. In den letzten Tagen ist mir zu diesen zwölf Stämmen und Söhnen etwas Neues aufgefallen. Sie gehen auf den Stammvater Jakob zurück. Ihm werden diese zwölf Söhne geboren (Gen 36). Allerdings sind es nicht Lea und Rahel allein, die ihm die Söhne gebären, sondern deren Mägde, die aus anderen Völkern stammen, haten ebenso jeweils zwei Söhne. Mit anderen Worten: Die „fremden“ Söhne zählen dazu. Sie, die Fremden tragen dazu bei, dass das Volk Gottes vollkommen ist.
Das neue Jerusalem, das von Gott aus dem Himmel herabkommt, kennt keine Fremden. Sie gehören dazu, tragen zur Vollkommenheit bei, wie es in der Zahl zwölf jeweils zum Ausdruck kommt.
Und die Stadt steht auf den Grundsteinen der zwölf Apostel des Lammes. Wenn wir Apostel hören, dann denken vermutlich viele an brave, fromme Männer. Die Apostel entsprechen nicht diesem Bild. Die Jünger, die Jesus berufen hat, sind ganz unterschiedlich, ja zum Teil völlig gegensätzlich. Es gibt unter ihnen Schriftgelehrte und Pharisäer, daneben Fischer, Zöllner, sogar Zeloten – heute würde man sagen: Fanatiker oder Radikale, beziehungsweise, dass sie zu solchen Kontakt hatten.
Wir haben hier allerdings einen wichtigen Hinweis: Die Apostel des Lammes. Das Lamm als Bild für den Auferstandenen. Der Auferstandene wirkt arglos (auch heute) wie ein Lamm. Mit der (arglosen) Macht eines Lammes versöhnt der Auferstandene die Gegensätze, schafft er Versöhnung und Frieden, zerbricht er die Gewalt.
Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt, hält der Seher Johannes fest. Ja, den Tempel gab es auch nicht mehr. Er lag in Trümmern. Die Frage, die Glaubende beschäftigte: Wo erleben und feiern wir die Gegenwart Gottes? Die Gegenwart Gottes, so lehrt der Seher, ist nicht an den Tempel gebunden. Die Schöpfung selbst zeugt von seiner Gegenwart, ist Tempel Gottes und auch das Lamm, der Auferstandene. Er (es) wohnt in unserer Mitte. Das Lamm, der Auferstandene spendet dieser heiligen Stadt Jerusalem, der Stadt des Friedens Licht. Es leuchtet.
Dieses neue, heilige Jerusalem, so mögen wir erahnen, ist an keinen Ort gebunden, sondern sie kann zu jeder Zeit und an jedem Ort vom Himmel herabkommen. Der Seher Johannes hat Gemeinden vor sich, die zweifeln, ob sie Zukunft haben? Repressalien, Gewalt, Vertreibung und Verfolgung machen ihnen zu schaffen.
Mit Gewalt wollten sie Jesus Christus und seine Botschaft vernichten. Gott hat ihn auferweckt. An der Macht des Lammes zerbricht jede Gewalt und jeder Tod. Die Hoffnung, auf die hin wir leben dürfen: das heilige Jerusalem, das von Himmel herabkommt.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten: