Setz auf deine Stärken 1. Lesung: Apg 2,14.22b-33 | 2. Lesung: 1 Petr 1,17-21| Evangelium: Joh 21,1-14
Es ist bei Johannes augenscheinlich, dass die Entdeckung des leeren Grabes noch lange nicht den Auferstehungsglauben ausmacht. In der Folge berichtet Johannes von verschiedenen Erfahrungen, die uns die Dimensionen des Osterglaubens erahnen lassen. Es wird die Welt neu geordnet, Beziehungen werden heil, Versöhnung findet statt, verschiedene Menschen werden aus Schuld und Schuldgefühlen herausgeführt und nicht zuletzt geht es um ein von Angst befreites Dasein.
Die Jünger hielten sich im Abendmahlssaal voller Angst versteckt. Es ist der Auferstandene, der in die Mitte kommt und sagt: Friede sei mit euch. Schalom. Sie empfangen jenen Geist, der sie dann ohne Angst hinausgehen lässt, der ihnen im Weiteren sogar die Angst vor Repressalien und Tod nimmt.
Die Jünger erleben den Auferstandenen, der ihnen seine Wunden zeigt, nicht zum Vorwurf oder zur Schelte, sondern damit sie ihn erkennen und einem Leben trauen lernen, das sich hinter allem menschlichem Versagen und Unvermögen zeigt. Wir dürfen es dem Jünger Thomas danken, der uns in seinen Zweifeln und Unsicherheiten Bruder geworden ist und wir lernen können, dass Wunden nicht trennen müssen, sondern sogar verbinden können.
Die Jünger erleben den Auferstandenen in Galiläa, am See. In Galiläa geschah das erste Zeichen, aus Wasser wurde Wein in Fülle. Mit wenigen Broten und Fischen wurde durch das dankbare Teilen auch eine Menge satt. Es blieb noch übrig. Und jetzt erleben sie von neuem, dass Fülle da gegeben ist, wo sie zunächst Leere erleben. In der Nacht haben sie nichts gefangen. Auf das Wort des Auferstandenen hin: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, haben sie es mit einem Netz voller Fische zu tun.
Jener Jünger, den Jesus liebte, erkennt den Auferstandenen. Es wird sein Name nicht genannt. Man vermutet dahinter schnell den Lieblingsjünger Jesu: Johannes. Diesen Moment gilt es genauer anzusehen. Es heißt nicht, der Jünger, der Jesus liebte, sondern der Jünger, der von Jesus geliebt ist, erkennt den Auferstandenen. Zum Verständnis: Jener Jünger, jene Jüngerin, die sich von Jesus – dem Auferstandenen – lieben lässt, erkennt ihn aus der Distanz, nimmt die Realität tiefer und in anderer Weise wahr. Sich vom Auferstandenen lieben lassen, das ist der Anfang eines Netzes voller Fische.
Als Jesus am Beginn des Evangeliums Petrus als Jünger beruft, sagt er zu ihm, du sollt Kephas heißen, das bedeutet: Fels, Petrus (Joh 1,42). Was ist aus dem „Fels“ geworden? Am Kohlenfeuer im Hofe des Hohepriesters hat er Jesus schlicht verleugnet: ich kenne ihn nicht. Es ist der Auferstandene, der den Petrus nochmals (be)ruft – als Fischer: Werfe das Netz auf der rechte Seite des Bootes aus. Mit „rechter Seite“ ist die starke Seite gemeint. Wir würden heute sagen: Setze auf deine Stärken. Jetzt am See in der Nähe des Auferstandenen mit einem Netz voller Fische kommt er sich nackt vor wie Adam und Eva. Er springt in den See. Vielleicht würde er am liebsten vom Erdboden verschluckt sein. Jesus – der Auferstandene – hat ein Kohlefeuer bereitet, darauf Brot und Fisch. Es ist alles bereitet und dennoch lädt er die Jünger ein: Bringt von den Fischen, die ihr gefangen habt. Der Auferstandene begegnet Petrus in dieser Situation auch ohne Schelte und ohne Vorwürfe. Er – Petrus – kann, darf und soll weiter das Seine einbringen.
Der Osterglaube erzählt hier, dass sich Petrus vom Auferstandenen neu angenommen wissen darf. Petrus entdeckt das Vertrauen des Auferstandenen in sein Geschick beim Handwerk des Fischens. Jesus hatte beim letzten Abendmahl – nach dem Mahl – den Jüngerinnen und Jüngern die Füße gewaschen. Er hält mit ihnen wieder Mahl. Österliches Mahl! D.h. es trägt, was er mit ihnen beim letzten Abendmahl gefeiert hat.
Das Evangelium, das wir heute zu hören bekamen, ist einem Nachtrag entnommen. Ursprünglich endete das Evangelium mit Kapitel zwanzig. Das einundzwanzigste Kapitel ist nachträglich – einige Jahre, Jahrzehnte später – dazu gekommen. Auch das ist beachtenswert und darf beleuchtet werden.
Es hatten sich die Verhältnisse in der Gemeinde bzw. in der jungen Kirche geändert. Es verlangte nach Anpassung, nach Korrekturen, Lösungen und neuen Antworten. Wir erleben es in der Kirche heute ähnlich. Allein durch die Missbrauchskrise ist das Vertrauen in die Organisation Kirche zutiefst erschüttert. Es ist ihre moralische Autorität in Frage gestellt. Dass dieser Missbrauch in diesem Umfang, praktisch weltweit möglich war, bedeutet, dass die Organisation ein systemimmanentes Problem hat, das einer tiefgehenden Reform bedarf. Da gehört die Machtverteilung und Machtkontrolle neu geregelt. Das Amt in der Kirche ist neu zu regeln.
Es wird im Evangelium gesagt, dass sich der Herr zum dritten Mal offenbarte. Er erschien den Jüngern im Abendmahlssaal. Er begegnete Thomas. Er begegnet den Jüngern am See. Die Frage: Warum fehlt die Begegnung mit der Kronzeugin? Mit Maria von Magdala?
Es wird im Nachtrag anders erzählt. Eine mögliche Deutung ist, dass in der Zeit der Abfassung besonders jener Jünger hervorgehoben wird, der Jesus liebte. Er bleibt ohne Namen und zugleich zielt Johannes auf Jüngerinnen und Jünger ab, die sich von Jesus lieben lassen. Ihnen füllen sich heute Netze voller Fische.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostel Paulus anhören möchten:
Wenn Sie den Text des heiligen Evangeliums nach Johannes anhören möchten: