Unerwartete Türöffner 1. Lesung: Jes 45,1.4-6| 2. Lesung: 1 These 1,1-5b| Evangelium: Mt 22,15-21
Die babylonische Gefangenschaft war für Israel eine prekäre und herausfordernde Zeit. Zugleich wurde sie zu einer Zeit, in der sich der Glaube weitete und er neue Impulse erhielt. Die Lesung aus dem Propheten Jesaia gibt uns einen Einblick.
Um ca. 587 v. Chr. eroberten die Babylonier Jerusalem. Die Stadt mit dem Tempel wurde zerstört. Viele Bewohner der Stadt, vor allem Leute aus der Oberschicht kamen als Gefangene nach Babylon. Sie wurden Sklaven, Knechte und Mägde. Es muss nicht verwundern, dass sie sich in ihrer Existenz als Volk bedroht sahen und der Glaube an den EINEN (Jahwe) auf dem Spiel stand.
So musste sich das Volk Israel völlig neu organisieren – im Besonderen religiös. Zur Identitätsstiftung trat an die Stelle des Tempels der Sabbat. Das gemeinsame Halten des Sabbats hat sie verbunden und wurde zum Unterscheidungsmerkmal. Sie trafen sich in den Häusern, in den Synagogen zum Gebet und Thorastudium. Anstelle der Hohenpriester und der Priesterschaft wurde der Ältestenrat als neue Leitung eingeführt. Israel lernte in Babylon unter schwierigsten Bedingungen als Volk und Glaubensgemeinschaft neu zu leben. Sie fanden einen Weg zum Durchhalten. Sie machten die Erfahrung, es geht unter widrigsten Umständen weiter.
Nun folgt eine neue Situation, von der die Lesung berichtet. Gott fasst den Perserkönig Kyrus an der rechten Hand, so heißt es. „Um meines Knechtes Jakob willen, um Israels, meines Erwählten, willen habe ich dich beim Namen gerufen; ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne dass du mich kanntest.“
Dieser Perserkönig Kyrus erobert Babylon und erlaubt dem Volk Israel ganz unerwartet die Rückkehr. Mehr noch: Der König gibt den Auftrag, die Stadt Jerusalem wieder aufzubauen. Auch der Tempel soll neu gebaut werden.
Dieser Perserkönig Kyrus, wird zur „Messiasgestalt“, zum Gesalbten Israels. Er, der den Gott Israels nicht kennt, wird zur Heilsgestalt. Die Wunden der Vergangenheit, die Wunden der Verbannung, der Demütigung und Erniedrigung werden geheilt. Er wird zum Türöffner einer neuen, unerwarteten Zukunft. Er wird zum Werkzeug Gottes, obwohl er den Gott Israels nicht kannte.
Es ist eine wichtige Glaubenserfahrung Israels geworden. Gott schreibt seine Heilsgeschichte selbst mit Menschen, die ihn nicht kennen oder noch nicht kennen gelernt haben, seien es manchmal einflussreiche, wie Könige oder seien es auch einfache Menschen. Gott kann jede und jeden zur Hand nehmen, mit seiner Rechten erfassen. Israel erlebt diese Sorge Gottes in einer Phase, in der sie als Volk äußerst schwach und abhängig sind, in der es nach außen hin machtlos wirkt.
Gott sorgt sich um sein Volk. Dieser Glaube darf uns heute als Kirche tragen, die Ansehen, Einfluss und Macht verliert – vielleicht erst noch verlieren wird – in einem Ausmaß, das für uns noch kaum vorstellbar ist. Dieser Glaube besagt nicht, dass wir einfach die Hände in den Schoß legen und abwarten könnten. Es gilt dieser Kirche eine neue Gestalt zu geben, die einige Eckpunkte beachtet:
- Glauben ist angewiesen auf Gemeinschaft, auf das Leben in Gruppen; Gruppen etwa, die sich gemeinsam am Wort Gottes orientieren
- Es gilt den Sonntag als Tag des Herrn hoch – heilig – zu halten;
- es wird neue Formen der Leitung und der Leitungsämter brauchen; Leitung, die dazu dient, die verschiedenen Gruppen zu verbinden, um gemeinsam auf dem Weg zu bleiben;
- Kirche ist nie Selbstzweck; Kirche hat Zukunft, wenn sie Ärmste zu ihren Freundinnen und Freunden zählt;
- das eine oder andere mag noch ergänzt werden.
Israel hatte sich als Volk, als Glaubensvolk neu organisiert, der Perserkönig Kyrus an der Hand Gottes die Rückkehr eingeleitet. Es ist immer schwer zu sagen, was wichtiger war: diese Neuorganisation des Volkes oder das Auftreten des Perserkönigs Kyrus? Beides scheint sich ergänzt zu haben und notwendig gewesen zu sein.
Es ist immer ein Ineinander von dem, was Menschen tun und was Gott wirkt. Vielleicht wird auch erkennbar, dass es Sinn macht für jene Menschen zu beten, die uns regieren, damit Gott sie an der rechten Hand fasst. Zumindest Paulus ermutigt seine Gläubigen öfters dazu.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónichanhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten: