Für alle Völker 1. Lesung: Jes 50,4-7| 2. Lesung: Phil 2,6-11| Evangelium: Mt 21,1-11
Wir feiern den Einzug Jesu in Jerusalem und zugleich den Einzug Jesu in unsere Welt mit dem Ausnahmezustand durch den Virus COVID-19. Es besteht Gefahr für Leib und Leben, im Besonderen für die Risikogruppen: ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen.
Als Jesus damals einzog, waren die sozialen und politischen Spannungen enorm. Niemand wusste, ob nicht bei nächster Gelegenheit ein Aufstand ausbrechen würde. Die Anwesenheit von Pilatus in Jerusalem zeugt davon, der normalerweise in Cäsaräa am Meer residierte. Er wollte seine Truppen selbst befehligen können, sollte es Unruhen geben.
Die Jünger warnen Jesus und doch geht er an den Ort, der für ihn Gefahr für Leib und Leben bedeutet. Er reitet auf einem Esel in die Stadt, nicht gewaltbereit, hoch zu Ross. Er versteht es als Völkerwallfahrt. Wie er sie versteht, wird in den darauf folgenden Tagen durch seine Rede und sein Tun deutlich.
Er hält eine Rede. Es ist die fünfte Rede, die uns Matthäus von Jesus überliefert, auch Endzeitrede genannt. Einen besonderen Aspekt hebe ich hervor, der uns vermutlich in der nächsten Zeit beschäftigen wird und der mit den Fragen verbunden ist: Wie kommen wir aus der Corona Krise heraus? Wie werden wir sie meistern? Es wird größere Veränderungen geben: gesellschaftlich, wirtschaftlich, politisch, vermutlich auch kirchliche Veränderungen. Sparten der Wirtschaft erleben kleinere und größere Einbrüche, Menschen verlieren den Arbeitsplatz. Die Regierung hat Hilfspakete geschnürt. Sie müssen finanziert werden. Die Frage: Bei wem und wo wird gespart?
Und was im Moment in der Berichterstattung mehr oder weniger außen vorgelassen wird, sind die Krisenherde dieser Welt. Sie bleiben bestehen, manche verschärfen sich.
Ja, es gibt bei uns das politische Bemühen, möglichst vielen ihre Existenzängste zu nehmen und Unterstützung zukommen zu lassen. Die Regierung hat das Motto ausgegeben: Wir wollen niemanden zurück lassen. Wir ahnen, dass ein solches Motto sehr fragil ist und in der konkreten Umsetzung zur Herausforderung werden kann.
In der Rede, die Jesus an die Menschen nach dem Einzug hält, sagt er – es ist wohl Programm für uns Christen: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist: Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen, ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht,; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“ … Und dann wichtig der Satz: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder Schwester getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,31-46).
Die Solidarität mit den Geringsten und das dankbare Teilen (Eucharistie), damit alle satt werden, beim letzten Abendmahl sind Jesu Vermächtnis, sind seine letzten Worte und Taten. Dann folgt sein Weg in die Passion und schließlich in die Auferstehung.
Wir dürfen stolz auf jene Menschen sein, die es leben: Kranke besuchen, pflegen und für sie sorgen. Wir dürfen dankbar sein für jene, die die Nackten und Obdachlosen unserer Zeit im Auge haben, die ihnen Schutz, Kleidung und ein Obdach bieten. Diesen Geist der Endzeitrede gilt es als Christ und Kirche zu leben, wohl auch in den kommenden Wochen und Monaten. Vielleicht ist es notwendig, dass wir es politisch einfordern. Ich wünsche Christen, dass sie vom Glauben getragen sind. Was sie geben, bringt reiche Früchte. Es geht nichts vom Gegebenen verloren, es kommt immer wieder zurück, oft auf unbekannten und unerwarteten Wegen. Das Leben ist und bleibt ein Geben und Nehmen.
Nach dem Einzug in Jerusalem setzt Jesus ein markantes und einschneidendes Zeichen. Wir kennen es unter dem Stichwort: Tempelreinigung (Mt 21,12-17). Jesus vertreibt auf dem Tempelplatz die Händler. Er stellt damit das ganze, bisherige Opferwesen und die Gottesdienstfeiern der Priesterschaft in Frage und sagt dazu: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Markus hat die ergänzende Formulierung: Ein Haus des Gebetes für alle Völker (Mk 11,17). Der Tempel soll nicht nur für die Juden die Stätte des Gebetes sein, sondern für alle Völker. Diese Tempelreinigung war der letzte Grund für die religiöse Führungsschichte, den Tötungsplan umzusetzen.
Das Corona Virus hält sich nicht an Grenzen, auch nicht an staatliche oder religiöse. Es verursacht Leid hier und dort, in allen Ländern, in allen Religionen. Es braucht Solidarität hier und dort. Es wäre gut, wenn wir einen Ort hätten, an dem wir gemeinsam beten und uns gegenseitig aufrichten könnten. Ein Ort des Gebetes für alle Völker und für alle Religionen. Die Integration von Menschen wird eine neue Tiefe und Kraft erhalten, wenn Menschen über Unterschiede hinweg sich spirituell und geistig begegnen können, bzw. einen gemeinsamen Ort der Anbetung hätten. Ein Gebetshaus oder Gebetsort – eine Art Klagemauer – für alle Völker, damit niemand zurückgelassen wird.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Philippe anhören möchten:
Anstatt des heutigen Evangeliums – der Leidensgeschichte nach dem Evangelisten Matthäus – möchten wir Ihnen den Psalm 118 zum Anhören zur Verfügung stellen.
Dazu ein paar begründende und erklärende Informationen:
Als Jesus auf dem Esel reitend, das Tor zur Stadt passierte, legten die Menschen den Weg mit ihren Kleidern aus und jubelten ihm mit einem Feststrauß zu. Der Zuruf stammt aus dem Psalm 118, der traditionell zum Laubhüttenfest (Sukkot) gebetet wird und der die Überschrift: „Danklied auf den Herrn und Dankfest im Tempel“ trägt. Überhaupt beinhaltet das jüdische Sukkot-Fest einige Elemente, die wir ChristInnen für unsere Palmsonntagsfeier übernommen haben. Es ist eines der drei Wallfahrtsfeste zum Tempel nach Jerusalem und ist nach der eingefahrenen Ernte im ganzen Land ein Freudenfest. Psalm 118 mit seinem Hosanna-Ruf – „Herr, hilf doch“ – und dem anschließenden Satz: „Gesegnet, der da kommt im Namen des Herrn“ gehört zu den Hallel-Psalmen, die im Judentum an allen drei Wallfahrtsfesten gebetet wurden und werden. Die Begrüßungsformel: „Gesegnet, der da kommt im Namen des Herrn“ wurde auf Jesus angewendet, war aber schlechthin die Begrüßungsformel für die in Jerusalem ankommenden Pilger. Es folgt der Aufruf: „Tanzt den Festreigen mit Zweigen bis zu den Hörnern des Altars!“ Jedes jüdische Erntedankfest ist auch ein Bittfest. Am Ende des Tempelgottesdienstes hielt man mit einem Feststrauß aus Dattelpalmzweigen in der Hand einen Umgang um die Thorarolle und sang dabei nochmals ein Bittgebet mit dem Ruf „Hoschá ná“ „Hilf bitte!“ um reichlichen Regen.