Das große Halleluja Gedanken zu Psalm 150 von Wilfried Blum
1 Halleluja! Lobt Gott in seinem Heiligtum,
lobt ihn in seiner mächtigen Feste!
2 Lobt ihn wegen seiner machtvollen Taten,
lobt ihn nach der Fülle seiner Größe!
3 Lobt ihn mit dem Schall des Widderhorns,
lobt ihn mit Harfe und Leier!
4 Lobt ihn mit Trommel und Reigentanz,
lobt ihn mit Saiten und Flöte!
5 Lobt ihn mit tönenden Zimbeln,
lobt ihn mit schallenden Zimbeln!
6 Alles, was atmet,
lobe den Herrn. Halleluja!
Diesen Psalm liebe ich. Es ist nicht wegen seiner Kürze, sondern wegen seiner Botschaft, die im Halleluja einen fulminanten Höhepunkt findet. Dieses „verfolgt“ mich seit vielen Jahren auf beste Art und Weise. Als ich diese Zeilen geschrieben habe, stand der Aschermittwoch unmittelbar vor der Tür. Ich empfinde es Jahr für Jahr als liturgisch einschneidend, bis zur Osternacht kein Halleluja mehr singen zu dürfen. Umso bewegender stimme ich es dann vor dem Osterevangelium aus tiefem Herzen heraus an – mit der Gewissheit, es wieder bis zum nächsten Aschermittwoch singen zu können. Manchmal frage ich mich: Warum bewegt mich dieses große Halleluja so sehr und was bringt dieser Psalm 150 in mir so beeindruckend zum Sprechen, mehr noch: zum Klingen und Schwingen?
Für mich habe ich drei Zugänge entdeckt.
- Der wunderbare und geheimnisvolle Gott hat in allem unbedingten Vorrang. Ihm gebührt meine erste Liebe. Über das Staunen führt der Weg zu ihm. Mich fasziniert die Schöpfung in ihrer unbegreiflichen Schönheit und in ihrer Vielfalt der Geschöpfe. Und letztlich ist es der Mensch, ein Wunder an sich. Es ist aber einfach das Leben von Beginn bis zur Vollendung, das Werden und Vergehen, das Sichtbare und Unsichtbare, das Vordergründige und Hintergründige. Manchmal mündet aller Lobpreis auch in Sprachlosigkeit und Schweigen. Auch das ermöglicht Staunen. Ich kann die Stimmung des Psalmisten gut nachempfinden. Ich spüre sie auch in mir, wenn ich einen Sonnenauf- oder ‑untergang erlebe, wenn die Natur im Frühling aufbricht und im Herbst wieder zerfällt oder wenn der Nebel eine Landschaft in eine mystische Atmosphäre verwandelt, wenn …
- Das Halleluja soll den ganzen Menschen ergreifen. Lobpreis ist nicht einfach eine Kopfsache, sondern will den ganzen Menschen zum Sprechen und Klingen bringen. Darum wird im Psalm alles aufgezählt, mit dem der Mensch zum Lobpreis Gottes aufgerufen wird („Lobt ihn!“): Blast mit ganzer Inbrunst die Widderhörner und spielt die Flöten! Bringt mit eurer Fingerfertigkeit die Harfe und Leier zum Klingen, schlagt mit Energie die Trommel und lasst im Takt die Zimbeln erschallen! Mehr noch: Tanzen soll der Mensch vor Gott und sich mit Kopf, Füßen und Händen erfreuen. Es gibt nichts, was nicht bewegt werden soll. Großartig, wunderbar! Halleluja!
- Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit für mein Leben. Manchmal weiß ich gar nicht, warum mein Leben von Anbeginn bis heute so verlaufen ist, dass ich nur staunen und danken kann. Natürlich hat es bei allem Sonnenschein auch Schatten gegeben, natürlich ist nicht alles so, wie ich es erträumt habe, natürlich leide ich auch an meinen Schwächen und Kanten und natürlich bewegen mich immer wieder Ängste. Dennoch darf ich auf ein Leben zurückblicken, das am Beginn von der großen Liebe meiner Eltern geprägt und getragen war. Dieses erste große Ja und die daraus gewachsene Treue hat es mir leicht gemacht, mein großes Ja zum Leben und letztlich zu Gott zu sagen. Darin wurzelt bei mir auch das Ja zu meiner Berufung als Priester. Dankbar schöpfte ich die Freude daraus, meine Berufung leben zu dürfen und dies mit ganz vielen guten Menschen zusammen – bis heute. Ich darf aus vollem Herzen sagen: Ich empfinde mein Leben als Gnade. Im Halleluja bringe ich dies zum Klingen.
Abschließend stelle ich fest: Dieser Psalm 150 ist für mich so etwas wie der große Schlussakkord des Psalters, der seine Ouvertüre im Psalm 1 hat und durch alle Psalmen hindurchtönt – wie in einer großen Symphonie, in der sich die Grundmelodie durch alle Sätze hindurchzieht. Oder wie es Erich Zenger benennt: Psalm 150 ist eine kleine Theologie der Psalmen, im großen Halleluja auf den Punkt gebracht. Im Schlusschor des Oratoriums „Das Buch mit den Sieben Siegeln“ von Franz Schmidt schwingt sich dieses fulminante Halleluja in himmlische Höhen hinauf und berührt Menschen in ihrem Herzen – auch mich.
Wilfried M. Blum, Caritas-Seelsorger der Diözese Feldkirch
Dieser Artikel ist erstmals in der Zeitschrift „Dein Wort.Mein Weg“ – Alltägliche Begegnung mit der Bibel in der Ausgabe 3/20 publiziert worden. Bei Interesse können Sie hier die Zeitschrift bestellen.
3 Kommentare zu “Das große Halleluja Gedanken zu Psalm 150 von Wilfried Blum”
Danke für das angestimmte „Halleluja!“
Welch ein Geschenk, wenn man sein Leben als „Gnade“ empfinden kann!
Leonardo Boff sagt sogar einmal: „ALLES ist Gnade!“
Jörg Zink schreibt: „Gnade ist ein altes Wort, aber wer sie erfährt, für den ist sie wie Morgenlicht. Du kannst sie nicht wollen und nicht erzwingen; aber wenn sie dich berührt, dann weißt du: Es ist gut.“
– Fühle mich so hilflos gegenüber Menschen, die in ihrer Wahrnehmung sich permanent im Bereich der „Un-Gnade“ sehen.
Was ist die Entfernung zum Mars, gegenüber den Weiten des Alls…? – und vielmehr noch gegenüber der Auferstehung seines einzigen Sohnes Christus Jesus ? – welches uns ewiges Leben schenkt? – Dank sei Gott !
– mit einem Halleluja, welches alle meine Stimmbänder fordert und DIR GOTT zugeneigt voller Inbrunst erschallen lässt…
Lieber Wilfried,
das hast Du so wunderbar beschrieben:
Manchmal mündet aller Lobpreis auch in Sprachlosigkeit und Schweigen. Auch das ermöglicht Staunen. Ich kann die Stimmung des Psalmisten gut nachempfinden. Ich spüre sie auch in mir, wenn ich einen Sonnenauf- oder ‑untergang erlebe, ….oder, genau so geht es mir, wenn ich einen Berg mit einem tollen Gipfelkreuz bestiegen habe.
Blast mit ganzer Inbrunst die Widderhörner und spielt die Flöten! Bringt mit eurer Fingerfertigkeit die Harfe und Leier zum Klingen, …..oder, genau so geht es mir, wenn wir eine schöne Orchestermesse in der Basilika zum klingen und singen bringen dürfen.
Dennoch darf ich auf ein Leben zurückblicken, das am Beginn von der großen Liebe meiner Eltern geprägt und getragen war. Dieses erste große Ja und die daraus gewachsene Treue hat es mir leicht gemacht, mein großes Ja zum Leben und letztlich zu Gott zu sagen. Ich darf auch aus vollem Herzen sagen: Ich empfinde mein Leben als Gnade. Im Halleluja bringe ich dies zum Klingen. Danke !